Heimat ist da, wo ich mich frei entfalten kann!

Portrait Kathrin Rindfleisch
von Kathrin Rindfleisch – 01.12.2017

„Den Heidekönig hab ich kennenglernt bei einer Beerdigung. Das war die beste Party!“ Chris Altengarten schultert Kamera, schmeißt 'ne Runde Feigen und stapft vorbei am "Heidekönig", dem Ausgangspunkt einer herbstlichen Hunderunde, auf ein Waldstück zu. Da das Wetter heute am späten Vormittag noch Regen in petto hat, sind wir schon früh unterwegs in der Wahner Heide, weshalb uns köstlicher Flammkuchen und grandiose Forelle blau entgehen - die urige Waldwirtschaft öffnet nämlich erst um 11.30 Uhr. Das wird zwangsläufig also nicht unsere letzte Runde durch die Heide, die sich als Bestandteil der Bergischen Heideterrasse östlich von Köln über etwa 28 Kilometer in nordwestliche Richtung erstreckt. Von den rund 177 Quadratkilometern durchstreifen wir heute zwei, und man erahnt schon, dass es da noch Potential für viele weitere Hunderunden gibt.

Mischlingsrüde Mały hat ganz bestimmt nix dagegen, und so pest er auch schon mal vor in die leuchtende Heidelandschaft, bis ein „do nogi“ ihn zärtlich aber bestimmt bei Fuß ruft. Annie Jaromin, die Partnerin von Chris, erzieht den pfiffigen Mały zweisprachig - deutsch und polnisch - und lässt dabei die Verbundenheit zu ihrer gemeinsamen Heimat erkennen. Die Bekleidungstechnikerin und Modedesignerin kam mit sieben Jahren nach Deutschland. Mały war 2 ½ Monate, als er Chris und Annie bei einem Besuch in Polen zulief. Das war in der Nähe eines berüchtigten Marktes, auf dem man neben Autoteilen auch Hunde für wenig Geld bekommt. Das Kerlchen schien ausgebüxt und wich nach einem Pfiff von einigen Hundert Metern Entfernung nicht wieder von Chris und Annies Seite. Annies Mutter, die sich weniger über den kleinen freundlichen Familienzuwachs freute, stellte in der ersten Nacht noch ein Ultimatum: vielleicht gehört er ja jemandem, wenn er also morgen früh nicht mehr da ist, ist er bei den rechtmäßigen Besitzern.

szybko, szybko, szybko!

Doch Mały hatte seine wahren Besitzer bereits gefunden und weicht seit nunmehr neun Jahren nicht mehr von deren Seite. Daran änderte auch Chris' angebliche Hundeallergie nichts - Małys Haare machen ihm nichts aus. Das Trio ist eingespielt, und bei jedem „szybko, szybko, szybko!“ kommt Mały, der auf polnisch „der Kleine“ heißt, „schnell, schnell, schnell“ angeflitzt. Und setzt sich brav in Position, sobald Chris „na miejsce“ befielt („Auf den Platz!“). Auf seine Polnischkenntnisse angesprochen, winkt der gebürtige Kölner ab: „Ich kann nur Hundepolnisch.“ Immerhin, die drei können sich verständigen, und Mały weiß, wer das Sagen hat und, da sind sich Chris und Annie einig, sie lieben ihren Mały, aber er ist nicht ihr Kind, sondern ein Hund und, da sind sie ganz pragmatisch, der muss tun, was sie wollen.

Extrawürste gibt`s also nicht für Mały. Die würden ihm aber auch gar nicht bekommen, denn der kleine Spitz-Border Collie-Dalmatiner wird schnell ungesund rund. Neben geregelten Mahlzeiten ohne Zwischendurch-Leckerli, legen Chris und Annie darum sehr viel Wert auf Auslauf. Die Wahner Heide hat es den beiden dabei besonders angetan: die abwechslungsreiche Wald- und Heidelandschaft mit ihrer wundervollen Farbpalette von Flieder im Frühjahr über die schönsten Grünschattierungen im Sommer, bis hin zu den goldenen Herbsttönen und der zauberhaften Winterlandschaft, hat jede Jahreszeit hier ihren ganz eigenen Reiz. Und so kommen die drei öfter aus Frechen auf die Heideterrasse zwischen Rösrath und Troisdorf. Denn sie lieben wie weiten Flächen und den Platz, den ihnen de Natur bietet.

Zu Hause ist es ja ganz schön, doch am liebsten bin ich mit Annie und Chris unterwegs.

Mały

Spitz-Border-Collie-Dalmatiner-Mix, 9 Jahre

"Heimat ist für mich da, wo ich mich frei entfalten kann."

Unter ihrem Rarehouse-Dach in Frechen, in dem Leben und Arbeiten nicht durch ein „Feierabend“ voneinander getrennt existieren, haben sie den Platz gefunden, der ihnen den Freiraum bietet, so zu leben, wie es zu ihnen passt. Auch, wenn der viele Platz seine unbequemen Seiten hat - im Winter gibt`s gegen das Frieren in den weitläufigen Hallen Zwiebellook, Mütze und Boots - im Sommer wird`s dafür sehr heiß – sie möchten es nie mehr anders.

„Jemals wieder in einer 3-ZKDB-Mietswohnung zu leben, ist für mich absolut unvorstellbar“, da ist Annie ganz klar. Und so fällt dann auch ihre Antwort nach der Frage auf Ihre Heimat aus. Annie, die mit sieben Jahren mit ihrer Familie aus Polen nach Porz kam, wo sie zu sechst in einem Hochhaus aufwuchs: „Heimat ist für mich da, wo ich mich frei entfalten kann. Dieser Ort ist zur Zeit das Rarehouse, in ein paar Jahren sehe ich uns aber irgendwo anders. In einem Zirkuswagen mit viel Platz drum herum zum Beispiel.“

Mały wird`s freuen ...