Vorsorgeuntersuchungen beim alternden Hund - "Vorbeugen ist besser als Heilen!"

Vorsorgeuntersuchungen leisten einen wichtigen Beitrag zur
Gesunderhaltung unserer Hunde. Sie liefern ein gutes, individuelles Fundament für spätere Vergleiche mit pathologischen Werten. Beginnt man frühzeitig mit dem Screening, können viele im Verborgenen entstehende Erkrankungen rechtzeitig erkannt und behandelt werden. Eine frühe Diagnose kann das Fortschreiten vieler Erkrankungen verlangsamen.

Vorbeugen ist besser als Heilen!

In der Humanmedizin leisten Vorsorgeuntersuchungen schon seit langem einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der Gesundheit. Die regelmäßige Vorstellung beim Hausarzt inklusive Labor- und weiterführenden Untersuchungen gilt insbesondere beim älter werdenden Patienten als selbstverständlich. Unter anderem durch den Fortschritt der Tiermedizin, durch bessere Ernährung und verbesserte Haltungsbedingungen ist auch die Lebenserwartung unserer Haustiere in den letzten Jahrzehnten gestiegen. Ca. 30% aller Hundepatienten in der Praxis zählen mittlerweile zu den Senioren! Mit dem Alter verbundene gesundheitliche Probleme treten somit häufiger auf, Tierhalter und Tierarzt sind deshalb immer öfter mit den körperlichen und mentalen Folgen des Alterns konfrontiert. Das gleichzeitige Auftreten mehrerer Erkrankungen (Multimorbidität) stellt oft ein Problem dar und erfordert eine interdisziplinäre Betrachtungsweise des Patienten.

Doch das Altern an sich ist kein pathologischer Prozess! Altern ist ein fortschreitender, irreversibler Vorgang, der mit einer verminderten Organfunktion und Organreservekapazität einhergeht. Die Leistung des Immunsystems ist vermindert, das macht den Körper anfälliger für Infektions- und Tumorerkrankungen. Auch Herzerkrankungen, Erkrankungen des Bewegungsapparates, Hormon- und Zahnerkrankungen kommen im Alter häufiger vor. Zum Teil ist es schwer, „normale“ Prozesse des Alterns von behandlungsbedürftigen Vorgängen zu unterscheiden. Im Anfangsstadium zeigen viele Erkrankungen keine besondere Symptomatik und können daher ohne spezielle Untersuchungen erst spät diagnostiziert werden. Dabei lässt Früherkennung oft einfacheres Krankheitsmanagement zu und geht somit einer Verbesserung der Lebensqualität einher.

Ab wann ist ein Hund alt?

Das biologische Alter lässt sich nicht einfach in der Tabelle ablesen. Wie schnell ein Hund altert, ist von vielen individuellen Faktoren abhängig. Daher entsteht beim Übergang vom Senior zum geriatrischen Patienten eine „Grauzone“. Generell kann man sagen, dass der Alterungsprozess bei Hunden großer Hunderassen schneller voranschreitet als bei Hunden kleiner Hunderassen. Der Grundsatz sollte lauten: Alt und gesund!

Wie schnell ein Hund altert, ist von vielen individuellen Faktoren abhängig. Daher entsteht beim Übergang vom Senior zum geriatrischen Patienten eine „Grauzone“.

Dr. Aleksandra Chirek, Tierärztin

Was sollte wann untersucht werden?

Vielen Hundehaltern ist oftmals gar nicht bewusst, welche Anzeichen bei ihren Hunden auf Erkrankungen oder Schmerzen hindeuten können. Deswegen sind gezielte Fragen und Informationen vom Fachmann notwendig. Ist der Hund lustlos? Schneller erschöpft? Geht er lahm? Ist er desorientiert? Sind die ersten Anzeichen erkannt, folgen spezielle Untersuchungen.

Welche jeweils sinnvoll sind, hängt vom Alter und den Vorerkrankungen des Einzelnen ab.

Für den gesunden Senior gilt:

jährlicher Check
• Gewichtskontrolle
• klinische Allgemeinuntersuchung
• Blutdruckmessung
• Blut- und Harnuntersuchung
• ggf. Ultraschall des Abdomens


Je nach erhobenen Befunden sollten spezielle Untersuchungen, wie z.B. Herzultraschall, EKG oder Röntgen angeschlossen und Kontrollintervalle individuell festgelegt werden. Eine Augenuntersuchung ist im Alter ebenfalls sinnvoll.

Für den gesunden geriatrischen Patienten gilt:

halbjährlicher Check
• Gewichtskontrolle
• klinische Untersuchung
• Blutdruckmessung
• Blutuntersuchung und Ultraschall alle sechs, bzw. 12 Monate

Auch hier sollten je nach erhobenen Befunden zusätzliche Untersuchungen wie Röntgen, Herzultraschall oder EKG angeschlossen und die Häufigkeit der Kontrolluntersuchungen individuell festgelegt werden.

Welche Parameter sollten im Blut untersucht werden?

Es gibt international veröffentlichte Empfehlungen, welche Parameter in die minimale Datenbasis beim alternden Patienten gehören. Neben einem großen Blutbild inkl. Differenzialblutbild, sowie einer Blutchemie inkl. Elektrolyten sollte auch eine Harnuntersuchung erfolgen. Ein Blutbild allein liefert selten eine spezifische Diagnose, aber erste Hinweise auf Erkrankungen vieler Organsysteme. Ist der Patient blutarm? Gibt es Anzeichen für ein Entzündungsgeschehen? Auch für Verlaufsuntersuchungen kann das Blutbild gut genutzt werden.

Die Ergebnisse der blutchemischen Untersuchung liefern Hinweise auf mögliche Erkrankungen verschiedener Organsysteme, wie z.B. beginnende Nieren- und Leberinsuffizienzen oder Endokrinopathien (z.B. Hypothyreose, Morbus Cushing, Diabetes mellitus). Eine Harnuntersuchung ergänzt die Befunde der Blutuntersuchungen und hilft bei deren Interpretation. Nicht nur Erkrankungen des Urogenitaltraktes können so erkannt und eingestuft werden - sie liefert auch Hinweise auf systemische Erkrankungen und/oder endokrinologische Störungen. Braucht ein Hund dauerhaft Medikamente, sollte die Organfunktion regelmäßig mit Hilfe einer Blutuntersuchung kontrolliert werden.

Vorsorgeuntersuchungen, auch in jüngeren Jahren, sind zur Früherkennung von Problemen wichtig. Viele der eher beim alten Tier zu erwartenden Veränderungen treten auch schon bei Hunden unter zehn Jahren auf. Dazu gehören vor allem die Erhöhung der Nieren- oder Leberwerte und die Erniedrigung des Schilddrüsenhormons T4.

Geld sparen durch regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen

Besitzer, die mit ihren Tieren regelmäßig zu Vorsorgeuntersuchungen gehen, helfen nicht nur durch die Früherkennung von Krankheiten, Leiden zu mindern, sondern sparen langfristig Geld. Die meisten altersbedingten Erkrankungen profitieren von einer frühen Diagnose und einem rechtzeitigen Therapiebeginn. Die Behandlungen sind dann in der Regel kostengünstiger und erfolgsversprechender. Auch wenn keine komplette Heilung möglich ist sorgt eine rechtzeitige Therapie für eine deutlich bessere Lebensqualität. Außerdem können durch Vorsorgeuntersuchungen individuelle Daten erhoben werden, die später zu einer besseren Beurteilung pathologischer Werte vergleichend genutzt werden können (individuelle Referenzwerte).

Tierarzt und Hundebesitzer als Team – für mehr Lebensqualität!

PS: Mehr zu diesem Thema wird die Autorin auf der Labogen-Züchtertagung 2019 in Bad Bocklet vortragen.