Impfungen beim Hund: flexibel impfen – individuell schützen

Hunde sind in ihrem Leben vielen Krankheiten ausgesetzt, die oft harmlos verlaufen, aber auch nicht selten gefährlich sind und zum Tode führen können. Vorbeugende Impfstoffe gibt es gegen viele dieser Krankheiten. Um den Lebensumständen einzelner Tiere möglichst gerecht zu werden, ist es wichtig, nicht pauschal für alle Hunde ein festes Impfschema festzulegen, sondern durch flexibles Impfen das Einzeltier in Hinblick auf Rasse, Lebensumstände und Region individuell zu schützen.

Zur Umsetzung eines an das Einzeltier angepassten Impfschemas gibt es die Herstellerangaben in der Packungsbeilage und darüber hinaus die Impfleitlinien der Ständigen Impfkommission Veterinär (StIKo VET). Diese Kommission besteht aus unabhängigen Fachleuten und ist seit Ende 2015 an das Friedrich-Löffler-Institut (FLI) angeschlossen. Die StIKo VET unterscheidet bei Impfungen gegen Infektionskrankheiten zwischen Pflicht- und Wahlimpfstoffen, den sogenannten Core- und Non-Core-Impfstoffen.

Core- und Non-Core-Impfstoffe

Core-Impfstoffe (Pflichtimpfstoffe) richten sich gegen Erreger, gegen die jedes Tier zu jeder Zeit geschützt sein muss. Non-Core-Impfstoffe (Wahlimpfstoffe) richten sich gegen Erreger, gegen die Tiere nur unter besonderen Umständen geschützt werden müssen. Zu den Core-Komponenten gehören demnach in Deutschland Parvovirose, Staupe, Hepatitis contagiosa canis, Leptospirose und Tollwut. Zu den Non-Core-Komponenten gehören z.B. die Canine infektiöse Tracheobronchitis (Bordetella bronchiseptica, Parainfluenza), die Herpesvirusinfektion und andere.

Die grundsätzliche Empfehlung der StIKo VET basiert auf dem Motto: „Mehr Tiere impfen, das einzelne Tier so häufig wie nötig!“ Die Impfung ist und bleibt die wichtigste Maßnahme zur Verhinderung von Infektionskrankheiten. Eine jährliche Gesundheitsberatung mit Impfgespräch dient der Ermittlung eines individuellen Impfprogramms. Hierbei ist eine vollständige Grundimmunisierung die Voraussetzung für einen optimalen Schutz des Einzeltieres. Weiterhin sollte ein höchstmöglicher Durchimpfungsgrad (> 70 %) in einer Tierpopulation angestrebt werden, um Epidemien zu verhindern.

So häufig wie nötig, aber so wenig wie möglich impfen.“

Impfleitlinie der Ständigen Impfkommission Veterinär (StIKo VET)

Welpenimpfung

Die schwierigste, weil für Erreger empfänglichste Zeit eines Hundes ist das Welpenalter. Welpen von geimpften Hündinnen erhalten innerhalb der ersten 24 Stunden über das Trinken an den Zitzen die Biestmilch. Die Biestmilch enthält die wichtigen mütterlichen Antikörper, über die der Welpe nach Aufnahme für die ersten Lebenswochen geschützt wird. Dies ist deswegen von essentieller Bedeutung, da Welpen in den ersten Wochen bis Monaten keinen eigenen Schutz aufbauen können und somit ohne diese Antikörper des Muttertieres den Krankheitserregern schutzlos ausgeliefert wären. Die übertragenen mütterlichen Antikörper werden jedoch über die Zeit abgebaut und fallen irgendwann nach Wochen unter die Grenze, an denen sie den Welpen noch schützen könnten. Nach Verlieren des passiven Schutzes durch die mütterlichen Antikörper sollte der Welpe geimpft werden, um einen eigenen aktiven Schutz aufbauen zu können. Hierbei setzt sich das Tier entweder mit abgetöteten oder sehr abgeschwächten, lebenden Erregern aus dem Impfstoff auseinander und baut damit seinen eigenen Schutz auf, der je nach Impfstoff und Krankheit später bis zu drei Jahren anhalten kann.

Die Grundimmunisierung

Die Grundimmunisierung sollte gemäß der StIKo VET aus 3 Impfungen im Abstand von jeweils vier Wochen sowie einer vierten Impfung im Alter von 15 Monaten durchgeführt werden. Das Schema für die Grundimmunisierung nach den Impfleitlinien der StIKo VET: Die Impfung im Alter von 16 Lebenswochen weicht hierbei meist von Angaben auf den Beipackzetteln der verschiedenen Impfstoffhersteller ab. Als Grund hierfür gibt die StIKo VET an, dass Welpen häufig erst ab 16 Wochen keine maternalen (mütterlichen) Antikörper mehr haben und deswegen diese dritte Impfung für die Welpen essentiell ist.

Maßgeschneitert impfen

Maßgeschneidert impfen bedeutet so zu impfen, dass die Impfung auf das jeweilige Einzeltier zugeschnitten ist. Es geht nicht mehr darum alle Hunde jedes Jahr mit allen verfügbaren Komponenten zu versorgen. Natürlich bleibt es bei den jährlich zu gebenden Komponenten, aber diese Komponenten wären z.B. nur noch der Vierfach-Leptospirose-Impfstoff und der Intranasal-Impfstoff, während die anderen Komponenten, wie z.B. Parvovirose, Staupe, Hepatitis und Tollwut nur noch alle drei Jahre gegeben werden müssten.

Impfen in Problembeständen

In bestimmten Beständen kann es nötig werden über die normalen Empfehlungen hinaus früher zu immunisieren. Dies ist dann angezeigt, wenn Welpen keine oder kaum Biestmilch aufgenommen haben, die Mutterhündin nicht geimpft war oder die Tiere einem hohen Infektionsdruck ausgesetzt sind. Bei der Frühimmunisierung werden die Welpen teilweise schon im Alter ab 4 Wochen alle 2 Wochen geimpft. Ab einem Alter von 8 Wochen folgt dann das normale Impfschema nach den Empfehlungen der StIKo VET. Die hier sehr gefährlichen Krankheiten sind vor allem Parvovirose und Staupe. Für die Frühimmunisierung kann man entweder einen speziellen Parvovirose-Impfstoff oder eine Kombination aus Parvovirose und Staupe hernehmen. In einigen Beständen kann zusätzlich die Gabe eines Intranasal-Impfstoffs angezeigt sein.

Sonderfall Tollwutimpfung

Eine Tollwutimpfung vor einem Alter von zwölf Wochen ist nicht zugelassen und wird auch behördlich nicht anerkannt. Ist bekannt, dass Welpen irgendwann ins Ausland gehen werden, sollte laut StIKo VET ein besonderes, von der Packungsbeilage abweichendes Impfschema verwendet werden. Denn obwohl die Antikörpertiter nicht eins zu eins mit dem Tollwutschutz Hand in Hand gehen, werden diese Titer zur Messung an bestimmten Ländergrenzen zur Einreise herangezogen. So kann es passieren, dass korrekt geimpfte und damit auch gegen Tollwut geschützte Hunde keinen genügend hohen Titer erreichen, um über die Grenze zu kommen.

Praktische Durchführung

Für das Wohl des Tieres sollte die Vorgehensweise mit dem Tierarzt abgesprochen werden. Denn nur der betreuende Tierarzt kann einen individuellen Impfplan, also ein Schema, das an das Einzeltier angepasst ist, erstellen und überwachen. Eine komplette und korrekte Grundimmunisierung ist absolut essentiell, gerade für die Hundezucht. Dies gilt insbesondere für die Core-Komponenten. Die Umsetzung eines speziellen zugeschnittenen, individuellen Impfplans setzt neben der Absprache mit dem Tierarzt auch eine Impfstoffpalette voraus, die aus einem Baukastenprinzip besteht. In so einem Fall können die Impfstoffe einzeln miteinander kombiniert oder selektiv eingesetzt werden.

Dies ergibt äußerste Flexibilität im Einsatz der Impfstoffe nach dem Motto der StIKo VET: „So häufig, wie nötig, aber so wenig wie möglich impfen“.

PS: Dr. Frederik Mager wird einen Workshop zum Thema "Impfung beim Hund" im Rahmen der 5. LABOGEN-Züchtertagung vorstehen, die am 28./29. September 2019 in Bad Bocklet stattfindet.