„Ich bin Winzer, immer schon gewesen. Für mich gibt es nichts anderes“, sagt Bernhard Kirsten, der gemeinsam mit seiner Frau, Inge von Geldern, seit 30 Jahren im kleinen Dörfchen Klüsserath an der Mosel ganz wunderbare, nachhaltig angebaute und produzierte Weine macht. Kirsten hat von Kindesbeinen an auf dem elterlichen Weingut, das damals auf gerade mal drei Hektar konventionelle Moselweine produzierte, gearbeitet. Er kennt also seine Rebstöcke sowie diese besondere Region wie seine Westentasche. Nach dem Studium der Weinbautechnik ging er nach Kalifornien, um renommierten Weinmachern über die Schulter zu gucken. Von dieser Wanderschaft brachte er nicht nur viel Weinwissen mit in die Heimat, sondern auch seine heutige Frau Inge von Geldern, die er auf einem Zwischenstopp auf dem Airport von New York kennen und lieben lernte. Vater Kirsten übergab das Weingut 1987 an die beiden, und fortan setzen sie mit viel Enthusiasmus ihr Ziel um, herausragende Weine zu produzieren und ein bekanntes Weingut an der Mosel zu etablieren. So wurde das ehemals beschauliche Weingut zu einem der innovativsten Betriebe an der Mittelmosel – man sagt, das Weingut Kirsten sei quasi die Keimzelle der Moselwein-Revolution.
Herzstück, Heldenstück & Wolkentanz
Die Einstiegsdroge haben die beiden „Wolkentanz“ genannt, ein leichter und erfrischender Riesling mit wenig Säure und wenig Alkohol. Ideal für den Sommer, ein passender Begleiter, wenn man mit Freunden zusammensitzt. Aber Achtung! An dieser Stelle muss eine Warnung ausgesprochen werden: wer nach diesem ersten "Tanz" auch die anderen in Flaschen abgefüllten Schätze, die auf die Namen „Herzstück“, „von Geldern“ oder „Heldensekt“ hören, probiert hat, kommt davon nie wieder los. Die großen Rieslinge, die schmelzigen Weißburgunder, der knackig-fruchtig-frische Sauvignon Blanc, der aromatische Blanc de Noir, der französisch anmutende Pinot Noir und natürlich auch die cremig-spritzigen Sekte werden mittlerweile von Weinliebhabern auf der ganzen Welt getrunken.
Nachhaltige Arbeit
Herausragende Weinqualitäten in einem ökologisch und sozial höchst verantwortungsvollen Umfang zu erzeugen, ist das Ziel von Bernhard Kirsten und Inge von Geldern. Nachdem die beiden eine jahrelange Erfahrung im Bio-Weinbau vorweisen können, haben sie sich vor einigen Jahren zu einer Mitgliedschaft bei FAIR'N GREEN entschieden - so wie andere etablierte Winzer in Deutschland, Österreich, Italien Frankreich und der Schweiz. Der Standard des Systems für nachhaltigen Weinbau schreibt vor, dass jedes Weingut Prozesse etabliert, um seine gesamte Betriebsführung, die Arbeit im Weinberg, in der Kellerwirtschaft und die Vermarktung im Rahmen einer ganzheitlichen Nachhaltigkeitsbetrachtung stetig zu verbessern. Inge von Geldern erklärt: "Wir dürfen das Siegel führen und werden regelmäßig durch unabhängige Institute nach wissenschaftlichen Ansprüchen geprüft."
Frieda, eine "spanische Winzerhündin", fühlt sich bei uns im Weingut sehr, sehr wohl. Wir alle lieben Frieda und sind glücklich, dass sie bei uns ist."
Lieblingsrunde: der Klüsserather Sagenweg
Die Lieblingsrunde der Moselwinzer startet an der „Klüsserather Wetterstation“ und führt oberhalb der Mosel auf dem „Klüsserather Sagenweg“ entlang. Nur wenige Meter vom Startplatz entfernt, nachdem der Startplatz der Paraglider passiert ist, stoppt Bernhard Kirsten. Von hier aus hat man einen wunderschönen Blick auf den über 1300 Jahre alten Moselort Klüsserath. In einem natürlichen Amphitheater des Flusstales gelegen, gilt die Weinwand der weltbekannten "Klüsserather Bruderschaft" als längster Südhang der Mittelmosel – auch die Kirstens bewirtschaften hier eine Parzelle und kreieren aus den Trauben einen ausgezeichneten Riesling. In einem solchen Moment wird jedem Besucher erst klar, wie steil die Weinhänge tatsächlich sind und wieviel Arbeit und Liebe in jedem einzelnen Stock und jeder Traube stecken muss - vor allem, da hier alles zu Fuß erledigt wird. Der „Klüsserather Sagenweg“, ein Seitensprung des Moselsteigs, führt auf knapp zwölf Kilometern abwechslungsreich durch Wälder, Wiesen und Weinberge und bietet traumhafte Ausblicke auf die Mosel und das Moseltal. Auf dem Rundwanderweg werden einige Sagen und Geschichten aus der Vergangenheit wieder lebendig, wie z.B. die Sage vom „Rudemsmännchen“, das heute noch Spuk und Schrecken verbreiten soll, die Geschichte einer Jungfrau auf der Flucht vor ihren Verfolgern und die Schilderung eines blutigen Massakers aus der Römerzeit. Die Runde kann natürlich entsprechend der Lust, Zeit und Verfassung beliebig verkürzt oder verlängert werden.
Weinprobe bei den Kirstens - mit und ohne Hund
Wer die Möglichkeit hat, sollte den Weg nach Klüsserath suchen, um direkt auf dem Weingut die vergorenen Traubensäfte zu probieren und sich vom Winzerehepaar die Kirsten’sche Weinwelt erklären zu lassen. Natürlich geht das nicht, ohne im Vorfeld einen Termin für eine Weinprobe vereinbart zu haben. Dann lernt man jedoch nicht nur die Weine kennen, sondern auch die drei Hunde, die auf dem Gut leben. „Frieda“, die „spanische Winzerhündin“, „Paul“, der sechsjährige Jack-Russell-Rüde und „Hannes“, der 16 Jahre alte Mischlingsrüde, sind ein wichtiger Bestandteil der Winzerfamilie. Die Hunde schauen auf dem Gut nach dem Rechten, unterstützen die Crew im Weinberg, begleiten Inge von Geldern auf den Reithof und starten jeden Tag pünktlich um halb drei mit Oma Maria Kirsten (87 Jahre) ihre Gassirunde zur „Dicken Eiche“ in Altrich, dem über 300 Jahre alten Naturdenkmal im Südosten des Ortes.
Ich liebe es, mit im Weinberg zu arbeiten. Vor allem, wenn die Jungs mir den ganzen Tag über das Stöckchen werfen!“
Fliegender Wechsel
"Mit unserem Partner Andreas Kreuter an der Seite erreichen wir für unser Weingut eine neue Stufe für die Zukunft", erklärt Inge von Geldern. Im Jahre 2017 bereits wurde der Betrieb durch eine Partnerschaft mit dem Schlossgut Liebieg umfassend erweitert und durch innovative Ansätze für die Zukunft ausgerichtet. Seit März 2019 firmiert das Weingut Kirsten unter dem Namen Schlossgut Liebieg und hat sich erstmals öffentlich auf der PROWEIN, der Weltmesse für Wein, präsentiert - und dabei die ersten 18er Weine im Schlossgut-Liebieg-Outfit vorgestellt. Schon bald wird in Kobern-Gondorf eine neue Produktionsstätte bezogen werden können - Beratung und Verkauf finden aber auch weiterhin in Klüsserath "An der alten Salmbrücke" statt. Das Schloss in Kobern-Gondorf wird zukünftig mit einem angeschlossenen Restaurant und einem Hotel eine neue Bühne für die Weine sein. 2020 soll das Gesamtensemble eingeweiht werden – die neuen Weinkeller werden ein Jahr später in Betrieb genommen. "Wichtig ist, dass unsere Handschrift auch in Zukunft deutlich zu erkennen ist", sagt Bernhard Kirsten auf die Frage, wie viel Kirsten auch in Zukunft in den Weinen wiederzufinden, bzw. zu schmecken ist.
Suchtpotential
Wer bisher noch nicht die charaktervollen Moselweine vom Weingut Kirsten/Schlossgut Liebieg probiert hat, sollte dies dringend nachholen. Der Autor dieses Beitrages ist durch Zufall mit dem "Wolkentanz" in einem tollen Restaurant im Kölner Süden ("Capricorn i Aries") in Kontakt gekommen, hat mit Freunden eine Weinprobe bei den Kirstens gemacht, hat die Weinmacher auf der PROWEIN besucht und sie später auf der Hunderunde auf dem Klüsserather Sagenweg begleitet - und ist den Weinen verfallen.