Diese Hunderunde hat ein so ernstes wie trauriges Thema und beginnt im Kölner Süden gelegenem Tierheim im Stadtteil Zollstock. Dort treffe ich Tierarzt Dr. Ralf Unna, der vor Ort in seiner Praxis die Tiere des Heims betreut. Mit ihm möchte ich über das Thema "Illegaler Welpenhandel" sprechen. Hierbei handelt es sich um den Handel mit Rassewelpen, die unter schlimmsten Bedingungen gezüchtet und dann illegal ohne Impfung und oft sehr krank verkauft werden. Eine Problematik, die sich in den letzten Jahren in Europa immer mehr ausbreitet und zu einer ernsten Bedrohung wird - für Tiere und für Menschen.
Welpenhandel geht in Richtung organisierte Kriminalität
Als Vizepräsident des Landestierschutzverbandes NRW hat Ralf Unna natürlich einen besonderen Blick auf dieses Thema. Seit Jahren schon kämpft er gegen diese Entwicklung. „Es kommen tausende Tiere ins Land, in der Regel in der Ost-West Richtung“, sagt der Tierarzt. Hunde liegen im Trend. Rund neun Millionen Hundebesitzer gibt es in Deutschland - und die Zahl steigt. Jährlich kommen ungefähr 500.000 Welpen dazu, immer mehr illegal und aus dem Ausland. Als Produktionsstätten für die Welpen gelten zum Beispiel die Nachbarländer Polen und Tschechien. Von dort werden die Tiere dann in Transportern in die Niederlande und nach Belgien gebracht, wo deutsche Kunden die Tiere für einen Bruchteil des Preises erstehen können, den ein ordentlich gezüchteter Rassehund in Deutschland kostet. Zwischen 300 und 400 Euro bezahlen die Kunden in Belgien oder in den Niederlanden im Gegensatz zu rund 2000 Euro hierzulande. Ein Preis, der zuerst mal natürlich überzeugt, denn „Geiz ist unter Hundebesitzern genauso geil, wie unter allen anderen Verbrauchern“, sagt Unna. Dieser Preis zahlt sich aber in den meisten Fällen nicht aus. In den meisten Fällen kommen die neuen Hundebesitzer in die Praxis, wo die Hunde erst einmal entwurmt, entfloht und geimpft werden wüssen. Nicht selten werden bei dieser Untersuchung auch schwerwiegendere Krankheiten, wie beispielsweise Herzfehler diagnostiziert. „Das kostet 1000 Euro direkt an der Kasse, und dann werden ein Hundeleben lang monatlich noch 50 Euro für die Herztabletten fällig.“
Die Tiere waren in einem schrecklichen Zustand
Das Problembewusstsein ist aber auch nicht nur auf Kundenseite wenig bis gar nicht vorhanden, berichtet der Tierarzt. Auch die ein oder andere Behörde scheint sich dem Ausmaß der Umstände nicht wirklich bewusst zu sein. In einem Fall, so berichtet Unna, hatte die Kölner Autobahnpolizei in einem wachen und glücklichen Moment einen Transporter mit neun Welpen gestoppt. Die Tiere sind dadurch im Zollstocker Tierheim gelandet. Danach brauchten wir und die Beamten eine erhebliche Frustrationstoleranz, weil die Bezirksregierung Köln in dem Fall tierschutzwidrig gehandelt hatte, so der Tierarzt weiter. „Die Tiere waren in einem schrecklichen Zustand und kamen komplett verwurmt, verfloht und mit Durchfall hier an. Nachdem wir die Welpen hier aufgepäppelt hatten, hat sich dann ein Rechtsanwalt des vermeintlichen Eigentümers an die Bezirksregierung gewandt, die die Tiere umgehend zurückgegeben haben. „Ich habe vor Wut geschäumt, die Sachbearbeiterin im Regierungspräsidium angerufen und dort die Auskunft erhalten, ich solle mich doch freuen, die Tiere los zu sein.“ Von Verantwortungsbewusstsein kann da keine rede sein, und so eine Auffassung seines Jobs kann der Tierarzt natürlich nicht teilen. „Das kann man vielleicht als Beamter so sehen, aber nicht als praktizierender Tierarzt.“ So ein Verhalten macht das Problem nicht besser. Auf der anderen Seite gibt es aber auch Behörden, die sich sehr gut kümmern, wie die Autobahnpolizei in Köln oder Leverkusen, bzw. auch das ein oder andere Veterinäramt.
Hochproblematisches Massenphänomen
Der Welpenhandel ist zu einem Massenphänomen geworden und ist auch aus anderen Gründen hochproblematisch. Wenn man die Straftatbestände wie Steuerhinterziehung oder ähnliches außer Acht lässt, dann gibt es immer noch die Seuchengefahr. Ein Thema war noch nicht im Bewusstsein der Gesellschaft und Politik angelangt, ist jedoch hoch brisant. Bei einem Beispiel von Unna wird das besonders deutlich. In seinem Tierarztstudium zwischen 1987 und 1993 wurden noch sämtliche Auslands- und Mittelmeererkrankungen aller Tierarten, wie Ehrlichose, Babesiose und Leishmaniose in 45 Minuten abgehandelt, weil sie in Deutschland nicht vorkamen. Man ging damals davon aus, dass deutsche Tierärztemit diesen Krankheiten nicht in Kontakt kämen, es sei denn sie würden sich für den Entwicklungsdienst in Afrika entscheiden.“ Nach Afrika muss nun kein Tierarzt mehr reisen, um diese sich schnell ausbreitende, hochansteckende, potentiell tödlich verlaufende Hundekrankheiten zu sehen „Jetzt haben wir mittlerweile wieder Fälle von Leishmaniose bei Hunden, und was noch viel schlimmer ist, auch bei Kindern. Es gibt sogar in Deutschland Zeckenarten, die Leishmaniose übertragen.“ Eine Entwicklung, die der Tierarzt seit Jahren schon erwartet hat, gegen die aber kaum jemand etwas unternommen hat. Jetzt muss sie mit hohem finanziellen Aufwand bekämpft werden müssen.
Deckmantel: Tierschutz!
Wie passiert es aber, dass so viele Deutsche sich diese Hunde kaufen? Eigentlich sind wir doch als sehr tierliebe und aufgeklärte Nation bekannt, und Tierschutz wird bei uns großgeschrieben. Das ist genau das Problem, denn das Ganze läuft unter dem Deckmantel des Tierschutzes. Die Händler leben von Mitleidsfaktor. Die Masche ist nicht selten die, dass von einer Tötungsstation berichtet wird, aus denen die Tiere dann gerettet werden sollen. So sollen tierliebe Menschen geködert werden, damit sie die Hunde kaufen. Tiere verkaufen sich dann viel leichter. Bekommen die Menschen dann erst einen Welpen in die Hand gedrückt, setzt der Verstand des Käufers aus, die Gefühle treten in den Vordergrund und der Verkauf wird zu 100 Prozent zu einer emotionalen Sache. „Wenn die Schlagwörter Internet, Tötungsstation und Rettung in einem Satz genannt werden, kann man wetten, das es sich um eine kriminelle Aktion handelt. Ich habe noch nie jemanden gesehen, der einen achtjährigen Rottweiler aus einer Tötungsstation gerettet hat", sagt Unna. Der Tierarzt schätzt, dass mindestens fünfstellige Zahlen an Hunden pro Jahr in diese qualvolle Tortur verwickelt sind. Allerdings ist die Dunkelziffer sehr viel höher. Die so produzierten Rassen sind modeabhängig, aber generell kann man sagen, dass alles, was süß und kurznasig ist und dem Kindchen-Schema entspricht, angesagt und besonders nachgefragt ist. Zurzeit sind das Möpse, Chihuahuas, Bulldoggen, doch auch auch "Klassiker" wie Labradore oder Dalmatiner gehen immer weg.
Seriöse Züchter verkaufen keine Hunde übers Internet
Doch was können angehende Hundebesitzer tun, um sich vor einem Fehlkauf zu schützen? Im Prinzip gibt es dabei drei wichtige Regeln. Erstens, nicht ungesehen etwas im Internet kaufen. Hier lauern besondere Gefahren, denn seriöse Züchter verkaufen keine Hunde über das Internet. Zweitens immer in Tierheimen nach geeigneten Hunden suchen und auch aktiv nachfragen: viele Tierheime listen Welpen nicht auf ihrer Homepage, um nicht Händler und Schnellentschlossene anzulocken. Drittens sollte man vor dem Kauf eine Untersuchung machen, wie es zum Beispiel bei Pferden normal ist. Jeder Tierarzt macht diese Untersuchungen, und so ist es auch möglich vom Kauf zurückzutreten, sollte etwas nicht in Ordnung sein. Wenn man das beachtet, sollte nichts schiefgehen, so dass Besitzer und Hund gemeinsam glücklich werden.