Buma's bösartiger Oberkiefer-Tumor
Buma, ein Neufundländer-Irish Wolfshund-Mischling, war bereits zwölfeinhalb Jahre alt, als er bei mir in der Zahnsprechstunde erstmalig vorstellig wurde. Der Besitzer berichtete, dass bei Buma sechs Monate zuvor erstmals eine Schwellung am Zahnfleisch des linken Oberkiefers aufgefallen war. Diese Umfangsvermehrung wurde dann in einer ersten Operation oberflächlich entfernt und der daneben liegende Eckzahn gezogen.
Jedoch zeigte sich bereits kurze Zeit später wieder eine Schwellung an der gleichen Stelle. Der Verdacht eines Tumors erhärtete sich und wurde dann durch eine Probenentnahme bestätigt: Buma hatte einen bösartigen Tumor, ein Fibrosarkom, am linken Oberkiefer. Die behandelnde Tierärztin überwies den Rüden daraufhin zur Therapie- und Operationsplanung.
Fibrosarkome sind bösartige Tumore, die lokal, d.h. an der Stelle der Entstehung sehr aggressiv und auch knochenzerstörend wachsen können, jedoch glücklicherweise nur sehr selten in andere Organe wie Lunge oder Leber streuen (metastasieren). Allerdings neigt diese Tumorart dazu, nach einer zu vorsichtigen Entfernung mit geringem Sicherheitsabstand, wiederzukommen, so dass eine radikale operative Entfernung notwendig ist. Bei Buma war der Tumor zum Zeitpunkt der Vorstellung bereits zwei bis drei Zentimeter groß, ulzeriert (Entwicklung zum Geschwür) und blutete häufig. Ansonsten war Buma für sein Alter topfit, und auch eine Blutuntersuchung ergab keine Hinweise auf unerkannte Organerkrankungen.
Um die Operation sinnvoll planen zu können war es wichtig zu wissen, wie der darunterliegende Knochen aussah - ob der Tumor bereits begonnen hatte, diesen zu zerstören und wie weit der Tumor sich auch im umliegenden Weichteilgewebe ausgebreitet hatte. Daher wurde bei Buma zunächst eine Computertomographie (CT) durchgeführt. Der CT-Befund zeigte eine Knochenbeteiligung im Bereich des zweiten Backenzahnes, jedoch weder einen Einbruch in die Nasenhöhle noch eine Veränderung der zuständigen Lymphknoten.
Anhand der 3D-Rekonstruktionen der Computertomographie wurde ein Operationsplan erstellt. Aufgrund der Tumorart war klar, dass es nicht ausreichen würde den Tumor nur oberflächlich bzw. mit geringem Abstand zu entfernen. Daher wurde die Entfernung des linken Oberkieferknochens inklusive der Zahnreihe beginnend vom dritten Schneidezahn bis zum großen Reisszahn (P4) geplant.
Die Frage: "Soll ich meinem Hund das noch zumuten?"
Eine wichtige Frage, die sicherlich jeden Hundefreund bei so einem großen Eingriff bewegt, ist: „Lohnt sich das noch, bzw. soll ich meinem Hund das noch zumuten?“ Nicht bezogen auf den finanziellen Aufwand, sondern eher in Bezug auf die Schmerzen und die Zeit, die der Patient benötigt um nach so einem Eingriff wieder fit zu sein – insbesondere wenn man die potentielle Restlebenszeit bei einem älteren Hund bedenkt. Erstaunlicherweise stecken Hunde diese Art Eingriffe am Kopf jedoch sehr gut weg – vorausgesetzt sie bekommen ein adäquates Schmerzmanagement.
In einer tschechischen Studie von 2015 wurde untersucht, wie lange Hunde benötigen, um nach einer radikalen Operation am Kiefer wieder ein normales Fress- und Spielverhalten zu zeigen. Keiner der 123 untersuchten Hunde benötigte länger als zwölf Tage! Nach Eingriffen am Oberkiefer waren es sogar nur maximal sieben Tage - die meisten Heunde waren jedoch wesentlich schneller, nämlich innerhalb von 2-3 Tagen, wieder zu ihrem normalen Aktivitätslevel zurück gekehrt. Diese Tatsache überzeugte den Halter von Buma nur noch mehr, den Eingriff vornehmen zu lassen.
Buma wurde einige Tage später operiert. Wie geplant wurde in der Operation der Tumor zusammen mit dem gesamten linken Oberkieferknochen vom dritten Schneidezahn bis zum Reisszahn entfernt. Das innere der Lefze wurde dann zur Deckung des Defektes an den Gaumen genäht. Kosmetisch war von außen nur eine geringe Einziehung an der Schnauze zu sehen. Nach dem Eingriff blieb Buma stationär bei uns in der Klinik und bekam zur Schmerzbekämpfung eine intravenöse Dauertropfschmerzinfusion.
Bei der Visite am nächsten Morgen erfreute uns Buma damit, dass er seine vor nicht einmal 24 Stunden operierte Schnauze gegen die Boxentür drückte und uns unmissverständlich zu verstehen gab, dass er nach Hause wollte. Bei einem anschließenden kleinen Spaziergang war Buma vor Spiel- und Lauffreude kaum zu halten. Er zeigte keinerlei Schmerzen und fraß mit gutem Appetit.
So konnte Buma bereits 30 Stunden nach der Operation nach Hause entlassen werden. Seine Familie freute sich sehr und war ob der schnellen Erholung überrascht. Drei Monate nach der Operation strotzt Buma immer noch vor Energie, und von dem großen Eingriff zeugt nur eine leicht veränderte Fellfarbe im Bereich der Rasur, sowie eine kleine Delle an der Schnauze. Mit Teilentfernungen des Kiefers werden häufig große Schmerzen, Lebenseinschränkungen und kosmetische Veränderungen verbunden. Buma jedoch zeigt uns, dass das in der Regel nicht so ist, sondern diese radikale Chirurgie eine tolle Möglichkeit ist, dem vierbeinigen Partner noch viel Lebenszeit zu schenken!