Praxisreportage - "Katzen sind keine kleinen Hunde!"

Portrait Andreas Moll
von Andreas Moll – 22.08.2020

Elmshorn mit seinen 52.000 Einwohnern liegt etwa 30 Kilometer nordwestlich von Hamburg. Mit den rund 120.000 Einwohnern im Einzugsgebiet der Mittelstadt an der Krückau, einem Nebenfluss de Elbe, ist Elmshorn die sechstgrößte Stadt in Schleswig-Holstein und gleichzeitig die am dichtesten besiedelte Gemeinde im Bundesland. Das norddeutsche Städtchen hat eine eigene Marke entwickelt und wirbt mit dem Slogan „Elmshorn – supernormal“ für Bodenhaftung, Normalität und Heimat. Ein wichtiger Baustein der „supernormalen“ Mittelstadt ist die Kleintierpraxis von Dr. Angelika Drensler.

Seit Anfang 2018 hat Dr. Angelika Drensler mit ihrem Team die Kleintierpraxis in den modernen Räumen an der Hamburger Straße bezogen. „Diese Praxis, die sich komplett im Erdgeschoss befindet, habe ich nach meinen Träumen geplant und ausgestattet“, erklärt die Fachtierärztin, die schon etliche Erfahrungen an anderen Standorten machen konnte. Die Rheinländerin wurde in der NRW-Landeshauptstadt Düsseldorf geboren, studierte und promovierte an der Tiermedizinischen Hochschule Hannover. Danach übernahm sie mit ihrem damaligen Mann eine Gemischtpraxis in der Nähe von Bremen, in der die Tierärztin die Kleintierpraxis zur Klinik ausbaute. Danach zog es sie weiter gen Norden nach Elmshorn, wo sie 2001 zunächst mit einer mobilen Praxis startete, bevor sie mit einer kleinen Praxis am Flamweg ansässig wurde. Dann folgte der Umzug innerhalb Elmshorns in größere Räume in der Gerberstraße, danach übernahm sie die Patienten und die Räumlichkeiten des verstorbenen Kollegen Dr. Peter Kock am Mühlendamm und erfüllte sich im Jahr 2018 endlich ihren lang gehegten Traum von einer für sie perfekten Kleintierpraxis.

50% Katzenpatienten

„Die Hälfte aller Praxisfälle sind Katzen“, erklärt Praxismanagerin Cindy Drensler, die seit 2013 die organisatorischen Aufgaben in der Praxis, z.B. Bestellwesen, Rechnungsmanagement, Buchführung, Urlaubsplanung, übernommen hat und zudem häufig am Telefon oder an der Anmeldung zu finden ist. Sie selbst bezeichnet sich als „Frau für alle Fälle“, die sich zudem als Vermittler zwischen Team und Chefin sieht. Neben der Managerin arbeiten in der Elmshorner Praxis noch fünf TierärztInnen, drei Tierärztliche Fachangestellte, ein Lehrling, eine MTR an der Anmeldung und eine Praxishilfe. Es herrscht eine gute Stimmung – man duzt sich. Jeder Einzelne weiß, was er zu tun hat, bzw. wo sein Platz ist. Im OP hat Dr. Angelika Drensler das Sagen - die Abläufe kennen hier alle wie im Schlaf und wissen, worauf die Chefin Wert legt. „Ein perfekter Praxistag ist der, der ohne große Katastrophen zu Ende geht“, erklärt Drensler. Und auch wenn dieser OP-Tag scheinbar perfekt durchgetaktet ist, kommen immer wieder Notfälle dazwischen, die behandelt werden müssen. Dann muss die Mittagspause verschoben werden, beziehungsweise ab und zu ersatzlos gestrichen werden.

Stress bedeute natürlich auch die neuen Verhaltensregeln in diesen Zeiten. Wie in allen Tierarztpraxen fordert Corona dem Team einiges ab. In drei Schichten wird der Praxisbetrieb aufrecht gehalten. „Zu Anfang hatten wir einige Probleme, die Tierhalter an die gebotenen Sicherheits- und Hygienemaßnahmen zu gewöhnen“, erklärt Praxismanagerin Cindy Drensler. Auch mussten sich die Patientenbesitzer daran gewöhnen, Termine nur noch nach telefonischer Vereinbarung wahrzunehmen und nur allein mit dem kranken Tier die Praxis zu betreten. Doch nach knapp drei Wochen haben alle die neuen Regeln akzeptiert, so dass ein geordneter Betrieb gewährleistet werden kann.

Patienten im Umkreis von 150 Kilometern

Dass das Team um Dr. Drensler gut arbeitet, hat sich im Laufe der Jahre über die Stadtgrenzen hinweg herumgesprochen. Die Tierbesitzer nehmen teilweise einen Anfahrtsweg von über 150 Kilometer auf sich, um hier ihre Tiere behandeln zu lassen. Das hat sicherlich auch damit zu tun, dass Dr. Angelika Drensler niemals stillsteht und „immer neue Felder erschließen möchte“. Nach dem Studium hat sie sich stets fort- und weitergebildet, hat sich verschiedenste veterinärmedizinische Gebiete erarbeitet, wie die Heimtiere, Chirurgie, Kardiologie, Dentalmedizin und Ophthalmologie. „Alle im Team bilden sich regelmäßig fort und davon profitiert die gesamte Praxis.“

Nur derjenige, der Katzen versteht, kann ihnen stressige Situationen ersparen!"

Dr. Angelika Drensler, Elmshorn

Cat Friendly Clinic

Und da ist dann noch der Patient Katze. Die Kleintierpraxis ist eine von zwölf, die in Deutschland als „Cat Friendly Clinic“ zertifiziert worden ist. Diese Tierarztpraxen und –kliniken sind auf die Bedürfnisse von Katzen ausgelegt, um einen nahezu stress- und angstfreien Tierarztbesuch oder eine solche Behandlung mit einem längeren Aufenthalt zu ermöglichen. „Es darf keinen Grund geben, dass sich Katzenbesitzer nicht mehr trauen mit ihren erkrankten Katzen zum Tierarzt gehen, nur weil der Stress für Tier und Halter zu groß sind“, so Drensler. Ihre Praxis hat mit Erreichen des Gold-Status die bestmögliche Zertifizierung der Initiative der International Society for Feline Medicine (ISFM) erhalten, die nur dann verliehen wird, wenn besonders hohe Standards eingehalten werden. Neben eigenen Praxisräumen für Katzen sowie der optimalen Unterbringung bei stationären Aufenthalten gibt es in der Elmshorner Praxis hundefreie Wartezonen, behagliche Boxen in der Katzen-Station und stressarme Versorgung. „Alle meine Mitarbeiter und -innen sind im Umgang mit Katzen geschult und belegen regelmäßig Fortbildungen, damit sie ihr Wissen auffrischen und neue Erkenntnisse aus der Katzenmedizin gewinnen können“, erklärt Drensler.

Cattitude

Ihre Erfahrungen mit der Katze als Patienten und deren BesitzerInnen hat die Tierärztin in einem Buch zusammengefasst, das sich an Tierärztliche Fachangestellte, sowie TierärztInnen wendet, die sich als Cat-Enthusiasts verstehen. Sie weiß, dass der Unterschied zwischen Hund und Katze sehr viel größer ist als angenommen. „Nur derjenige, der Katzen versteht, kann ihnen stressige Situationen ersparen“, sagt die Autorin. „Katzen-Wohlbefinden ist das Schlagwort, wofür das Konzept der katzenfreundlichen Praxis unendliche Möglichkeiten bietet.“ Darüber hinaus ist die Fachtierärztin für Kleintiere auf allen Fortbildungskanälen „unterwegs“. Für den bpt hat sie mit „MyVetlearn“ das Onlineseminar „Blutdruckmessung bei der Katze“ umgesetzt, mit den Berliner Fortbildungsexpertinnen von „Akademie.vet“ ein Webinar zum Thema „Der Weg zur katzenfreundlichen Tierarztpraxis“ und auf „Petcampus“ gibt sie Onlinetipps für die Gestaltung und Führung einer erfolgreichen, katzenfreundlichen Praxis“. Seit Jahren ist die gebürtige Rheinländerin als Referentin bei den führenden Tierarztveranstaltungen gefragt und organisiert einmal im Jahr den Katzenmedizin-Kongress.

AG Katzenmedizin

Derzeit steht Angelika Drensler als Vorsitzende der AG Katzenmedizin der Deutschen Gesellschaft für Kleintiermedizin (DGK-DVG) vor, die am 11. Juni 2016 in Köln gegründet wurde. Ziel der Arbeitsgemeinschaft ist es, diesem wichtigen Bereich der Tiermedizin eine Basis zu geben, die an der Katzenmedizin interessierten Kolleginnen und Kollegen zu vernetzen und den fachlichen Austausch anzuregen. Einmal im Jahr wurde in Köln ein großer, viel beachteter Fachkongress organisiert. Wie der Zuspruch im Coronajahr 2020 sein wird, in dem der Kongress digital veranstaltet wird, bleibt noch abzuwarten, doch ist die Tierärztin optimistisch. „Selbstverständlich war Anfang des Jahres noch, dass wir im September wieder 300 katzenbegeisterte TierärztInnen und TFA in Köln begrüßen würden, um mit ihnen Neues und Wichtiges aus der Katzenmedizin zu lernen“, erklärt die Vorsitzende. Die Hygienebestimmungen ließen letztlich nur eine Onlineveranstaltung zu, und Drensler freut sich, dass die ReferentInnen auch das neue Konzept hundertprozentig unterstützen. „Wir freuen uns darauf, 2021 wieder eine Katzenfortbildung live mit allem, was dazu gehört, zu erleben. Networking, interessante Kontakte, nette Gespräche und ein fröhliches Wiedersehen.“