Spezialsprechstunde in München: Darmgesundheit für Hunde und Katzen

Portrait Medizinische Kleintierklinik der LMU
von Medizinische Kleintierklinik der LMU – 10.01.2021

Die Fachrichtung Gastroenterologie unter der Leitung von Privatdozent Dr. Stefan Unterer der Medizinischen Kleintierklinik an der LMU München wird um die deutschlandweit einzigartige Spezialsprechstunde „Darmgesundheit für Hunde und Katzen“ in Kooperation mit der Hill’s Pet Nutrition erweitert. Ziel dieser Spezialsprechstunde ist es, auch schwer behandelbaren Tieren durch einen ganzheitlichen und multifaktoriellen Therapieansatz zu helfen. Neben der maßgebenden Ernährungsberatung hat sich der Einsatz von Kottransplantationen bei schweren Darmerkrankungen als wichtige Begleittherapie erwiesen.

„Die junge europäische Kurzhaarkatze Luminita bestand nur noch aus Fell und Knochen, als sie bei uns in der Spezialsprechstunde ‚Darmgesundheit für Hunde und Katzen’ vor ein paar Monaten wegen Durchfalls vorstellig wurde“, erinnert sich Privatdozent Dr. Stefan Unterer, leitender Oberarzt der Inneren Medizin mit Spezialgebiet Gastroenterologie, der auch in diesem Gebiet habilitierte. Obwohl die Katze fraß wie ein Scheunendrescher, war sie abgemagert und matt. In diesem Zustand wurde sie mit ihrer verzweifelten Besitzerin an die Medizinische Kleintierklinik überwiesen. Nach einer ausführlichen Anamnese, klinischen Untersuchung und Auswertung von Laborveränderungen diagnostizierten Dr. Stefan Unterer und Dr. Kathrin Busch gemeinsam mit ihrem Gastroenterologen-Team bei Luminita mittels Endoskopie und histologischer Untersuchung von Darmbiopsien eine hochgradige Darmentzündung, die zu Gewichtsverlust und chronischem Durchfall führte.

Multifaktorielle Ursachen schwerer Darmerkrankungen

Die Gründe für diese massive Entzündung sind vielfältig. So sind etwa die Ernährung, die Gene, Umwelteinflüsse und die den Darm besiedelnden Mikroorganismen, insbesondere Bakterien, von großer Bedeutung. In der Spezialsprechstunde „Darmgesundheit für Hunde und Katzen“, in Zusammenarbeit mit Hill’s Pet Nutrition, sind Ernährungsumstellungen ein elementarer Baustein in der Therapie chronischer Darmerkrankungen. Häufig sprechen Hunde und Katzen mit chronischen Darmentzündungen auf eine Futterumstellung an. Diäten, welche die „intestinale Mikrobiota oder das Mikrobiom“, früher bekannt unter „Darmflora“, verbessern, spielen eine entscheidende Rolle, da nützliche Bakterien einen positiven Effekt auf die Darmgesundheit haben. Die Futterumstellung, zum Beispiel selbst gekochte Eliminationsdiäten mit Futterzusatzstoffen, hypoallergene oder hydrolysierte Diäten, wird individuell jeweils auf die Bedürfnisse des Tieres abgestimmt. Bei der hydrolysierten Diät werden Proteine auf ein Minimum verkleinert, so dass der Körper des Tieres sie nicht mehr als „fremd“ erkennt und somit nicht mehr entzündlich darauf reagiert. In der Sprechstunde erwies sich Luminitas Gesundheitszustand derart kritisch, dass zusätzlich zur Futterumstellung weitere Therapiemaßnahmen notwendig waren.

Auch Antibiotika hemmen die Darmfunktion

Wie wichtig auch die Darmbakterien für die Darmgesundheit sind, wurde erst in den letzten Jahren erforscht. Die Vorbehandlung von Luminita mit Antibiotika hat sich vermutlich zusätzlich negativ ausgewirkt und führte zu einer weiteren Störung ihrer intestinalen Mikrobiota. Dr. Stefan Unterer klärt auf: „Ist die Darmflora durch Antibiotika gestört, reicht eine antientzündliche Therapie, also zum Beispiel die Gabe von Cortison, häufig nicht aus, um die Entzündung im Darm zu heilen. Was überdies vielen Tierbesitzern gar nicht bewusst ist: Durch die Störung der intestinalen Mikrobiota können, wie aus der Humanmedizin bekannt, ernste Folgeerkrankungen entstehen, zum Beispiel chronische Darmentzündungen, chronische Arthritis oder Asthma.

Unsere Forschung und Praxiserfahrung haben bewiesen, dass sich die gesunden Darmbakterien des Spender-Tieres im Darm des kranken Tieres ausbreiten und die Darmflora schon in kurzer Zeit wieder aufbauen."

Dr. Stefan Unterer, Oberarzt Medizinische Kleintierklinik der LMU

Bahnbrechende Therapie per Kottransplantation

Um das Mikrobiom von Luminita wieder in Balance zu bringen, wurde für sie ein ganzheitliches Therapieprogramm konzipiert. Neben einer grundlegenden Futterumstellung mit ergänzenden Aminosäuren und Vitaminen plus intensiver antientzündlicher Therapie und der Gabe von Probiotika, wurde die Katze per Kottransplantation mit gesunden Darmbakterien versorgt. „Das Verfahren der Kottransplantation etablierten wir bereits vor einigen Jahren. Es kommt bei der Behandlung von Katzen und Hunden mit akuten Magen-Darm-Erkrankungen und Dysbiose (Störung der Darmflora) zum Einsatz. Unsere bahnbrechende Erkenntnis: Kottransplantationen beeinflussen die intestinale Mikrobiota äußerst positiv. Vor allem bei jungen Tieren, die noch kein ausgereiftes Immunsystem besitzen und eine instabile Darmflora aufweisen, erscheint uns diese Behandlungsmethode essenziell, um potentielle Langzeitprobleme zu vermeiden. In der Humanmedizin wird eine Kottransplantation übrigens primär zur Behandlung einer Clostridium-difficile-Infektion, durchgeführt – mit einer sagenhaften Heilungsrate von 90 Prozent“, erklärt Dr. Stefan Unterer.

So funktioniert die Kottransplantation

Die Medizinische Kleintierklinik der LMU München verfügt über eine „Kot-Spende-Bank“, die ähnlich wie eine Blutbank funktioniert. Ausgesuchte gesunde Hunde spenden ihre Hinterlassenschaften, die dann im gefrorenen Zustand auf ihren Einsatz warten. Die Transplantation erfolgt über eine Sonde, die vorsichtig in den Darm des erkrankten Tieres eingeführt wird. Dieser Vorgang ist schmerzfrei für das Tier und kann unkompliziert ohne Narkose durchgeführt werden. Kot als Wundermittel für schlimme Darmerkrankungen? „Ja, es klingt ungewohnt“, sagt Dr. Stefan Unterer, „doch unsere Forschung und Praxiserfahrung haben bewiesen, dass sich die gesunden Darmbakterien des Spender-Tieres im Darm des kranken Tieres ausbreiten und die Darmflora schon in kurzer Zeit wieder aufbauen.“

Erfolgreiche Behandlung – gesunde Vierbeiner

Heute geht es Luminita wieder gut. Ihr Darm wurde aufgrund der Kottransplantation, individueller Ernährungsumstellung und antientzündlicher Therapie stabilisiert. Sie hat ihr Gewicht fast verdoppelt und strotzt vor Energie und Lebensfreude. In den letzten Monaten wurde schon bei mehreren Hunden und Katzen als begleitende Therapie eine Kottransplantation an der Medizinischen Kleintierklinik durchgeführt. Eine unserer freundlichen Spenderinnen ist die darmkerngesunde Labradorhündin Nala. Sie ist weiter unten auf unseren Fotos zu sehen, die die Untersuchungen in der Spezialsprechstunde „Darmgesundheit für Hunde und Katzen“ verdeutlichen.

Über die Spezialsprechstunde „Darmgesundheit für Hunde und Katzen“

Das Team um den leitenden Oberarzt Privatdozent Dr. Stefan Unterer mit der diplomierten Oberärztin Dr. Kathrin Busch und den Doktorandinnen Andrea Reisinger und Helene Stübing, das die Spezialsprechstunde „Darmgesundheit für Hunde und Katzen“ durchführt, ist spezialisiert auf chronische und akute Magen-Darm-Erkrankungen. Darüber hinaus kümmert sich das Spezialistenteam um Erkrankungen der Speiseröhre sowie Leber- und Bauchspeicheldrüsenerkrankungen, führt Beratungen von Privattierärzten in ganz Deutschland und Österreich durch und ist in der Forschung sehr aktiv. Wissenschaftlich ist die Forschungsgruppe der Gastroenterologie auf die Langzeitkonsequenzen einer akuten Darmschädigung ausgerichtet. Dabei spielen die Störung der Darmbarrierefunktion und das intestinale Mikrobiom eine sehr wichtige Rolle.

Terminvereinbarung Spezialsprechstunde „Darmgesundheit für Hunde und Katzen“ per Telefon unter T: 089 2180-2650 oder per E-Mail info@medizinische-kleintierklinik.de.