Bianca Wille - "Simbas Reise von Sardinien nach Dänemark"

Portrait Bianca Wille
von Bianca Wille – 28.01.2018

Weihnachten 2016 war die Golden Retriever Hündin "Muffin" zehn Tage lang zu Besuch. Ich selber habe eine 3-jährige Jack-Russell-Terrier Hündin, die an Pankreazinsuffizienz (Funktionsverlust der Bauchspeicheldrüse) leidet. In den ersten zwei Jahren musste ich mit Amy 4-5mal wegen Durchfallbeschwerden raus. Doch während wir Muffin zu Besuch hatten, merkte ich, dass es Amy deutlich besser ging und sie viel weniger unter Durchfall litt. Die Idee, einen Zweithund zu uns zu holen, war geboren.

Ich wollte keinen Welpen. Es sollte ein Hund in Amys Alter sein, und somit begann die Suche im Internet. Auf der Seite "ProTier e.V." fiel mir schnell das Gesicht eines Hundes auf. Ich war sofort verliebt und konnte gar nicht schnell genug mehr über diesen kleinen Hund erfahren. Doch leider war Simba, der Hund in den ich mich so verliebt hatte, gelähmt und fuhr mit einem Rollstuhl durch sein Leben. Das war nicht das, was ich mir vorgestellt hatte. Darüber hinaus war ich mir auch überhaupt nicht sicher, ob meine 20-jährige Hundeerfahrung für so einen Fall ausreichen würde.

Dieser kleine Hund ließ mich nicht mehr los, und ich begann Kontakt zu der Organisation aufzunehmen. Es folgten lange Telefonate mit Simbas Pflegemutter in Deutschland, seiner Pysiotherapeutin und der Tierklinik meines Vertrauens (Dr. Thomas Grammel in Osterode am Harz). Ich hatte tausend Fragen und wollte mir ein wirklich umfangreiches Bild machen.

Unfall auf Sardinien. Rettung. Flug nach Deutschland. Reise nach Dänemark. 

Simba wurde höchstwahrscheinlich auf Sardinien angefahren und dann am Straßenrand einfach liegen gelassen. In Sassari hat man sich seiner angenommen. Dank Sonja Fingerhut und ihrer grenzenlosen Liebe zu Hunden, die sonst niemand möchte, konnte Simba nach Deutschland geflogen werden. Die Tierschützerin, die mit "TOP-DOGS" eine Hundeschule Im Westerwald führt, hat sich liebevoll um ihn gekümmert und erklärte sich bereit, den Hund 1000 km vom Westerwald bis ganz in den Norden nach Dänemark zu fahren. Wir verabredeten ein Probewochenende, denn ich wollte mir sicher sein, dass Simba einerseits zu uns passt, und ich mir darüber hiaus sicher bin, mit Simbas Behinderung klarzukommen. Ich werde nie den ersten Augenblick vergessen, als ich Simba auf seinen zwei Beinchen gesehen habe, die Hinterläufe hinter sich herschleifend. Dieser Anblick hat mir fast das Herz gebrochen, aber Simbas Leuchten in den Augen machte es mir leichter, diesen Anblick zu ertragen. Simba verstand sich mit Amy auf Anhieb. Nach dem ersten Zusammenstoß mit Simbas Wagen, wusste Amy mit diesem umzugehen - die beiden spielten sofort im Garten miteinander. Nach dem gemeinsamen Wochenende war klar, dass Simba in Dänemark bleibt - und bis heute habe ich diese Entscheidung nicht eine Sekunde bereut.

Schnell bauten wir eine Hunderampe vom Wohnzimmer auf die Terrasse, damit er sich ungehindert bewegen konnte. Die ersten Wochen verbrachten wir mit Besuchen in der Uniklinik Kopenhagen. Es war wichtig, die Physioübungen weiter zu machen, und diese wollte ich mir zeigen lassen. Viele Ärzte und Studenten kümmerten sich um uns. Es wurde schnell festgestellt, dass Simba unheimlich viele Reflexe hat. Weil er auch stehen konnte, hatten wir die Hoffnung, dass er vielleicht zu einem "Spinal Walking" kommen könnte. Wir beschlossen, über ein Vierteljahr zweimal die Woche Training auf dem Wasserlaufband und hartes Training zu Hause zu machen. Simbas Muskeln wurden kräftiger, aber das Signal vom Kopf zu den Beinen kam einfach nicht. Nicht ein einziges kleines Zeichen, dass er seine Beinchen bewegen möchte. Keiner von uns war enttäuscht. Wir waren uns von Anfang an einig, dass es toll wäre, aber wir die Erwartungen nicht zu hoch schrauben wollten. Seine Übungen machen wir weiter fleißig zu Hause. Alle drei Monate fahren wir nach Kopenhagen zur Kontrolle. Bis heute zeigt er keine Zeichen von Verspannungen.

Ich habe eine gute Zeit in Dänemark mit Bianca und Amy. Wir sind ein eingespieltes Team."

Simba

Mischlingsrüde, 2 Jahre alt

Simba ist ein fantastischer Hund.

Er liebt Clickertraining. Spazieren gehen bedeutet ihm mehr als alles andere. Man hatte mir erklärt, dass diese Art der Behinderung zu Blasenentzündungen führen kann. Aus diesem Grund habe ich mir zeigen lassen, wie man die Blase ausmassiert. So kann ich sicher sein, dass diese immer richtig geleert ist. Darüber hinaus werden die Inkontinenz-Einlagen nicht so nass. Ich habe viele Wochen gebraucht, um die geeignete Bauchbinde zu finden. Die handelsüblichen rutschen bei jeder Bewegung, und die Haut wird vom Gummizug wund. Also habe ich mir eine Nähmaschine gekauft und nähe die Bauchbinden aus Molton-Stoff nun selbst - zum besseren Halt benutze ich Hosenträger.

Ein eingespieltes Team.

Darüber hinaus gibt es gute Lösungen in den USA, die nicht teuer und einfach zu bestellen sind. Anfangs hatte Simba einen OP-Body, der die Binde am Platz gehalten hat. Das war sehr umständlich, und ich wollte, dass er so wenig wie möglich eingeschränkt ist. Seitdem wir unsere Bauchbinden benutzen, hat Simba keine wunde Haut mehr, es rutscht nichts, und man kann kaum noch erkennen, dass er überhaupt eine Bauchbinde trägt. Den Kot führt Simba selbstständig ab, und er zeigt es auch, indem er die Rute hebt und diese wackelt dann von rechts nach links. Am Anfang ist es oft passiert, dass er ins Haus gemacht hat. Inzwischen kenne ich seinen Rythmus. Seitdem passiert das im Haus nicht mehr. Zugegeben, es hat alles seine Zeit gedauert, aber heute sind wir ein eingespieltes Team. Simba hat z.B. eine Minipalette bekommen und gelernt im Garten darauf seine Pausen zu machen. So liegt er waagerecht und nimmt keine Fehlhaltung ein. Sobald ich eine neue Windel in die Hand nehme, kommt Simba von selbst und weiß, dass ein Windelwechsel angesagt ist. Simba ist ein fröhlicher Hund, macht alles mit und hat Spaß am Leben. Einschränkungen kennt er nicht. Er schmust sehr gerne und mit meiner Amy ist er ein Herz und eine Seele. Seitdem Simba bei uns wohnt, bekommt Amy nur noch eine halbe Tablette Enzyme am Tag, hatte keinen Durchfall mehr - und ich muss nachts nicht mehr aufstehen.

Ja, es ist anders. Aber wenn man erst einmal weiß, wie es funktioniert, dann ist das Leben mit einem behinderten Hund genauso schön und liebenswert wie mit einem nicht behinderten. Der Extra-Zeitaufwand ist minimal.

Wir möchten ohne unseren Simba nicht mehr sein !