Susanne Gruber - "Dein Hund zieht ein - Tipps und Tricks für die ersten Tage"
Nicht jeder Hund passt in jedes Lebensmodell, daher hoffe ich, dass du dir vorher gute Gedanken zu diesem Thema gemacht hast. Ein Haustier sollte niemals ohne gründliche Überlegung angeschafft werden, denn leider sind unsere Tierheime voll mit süßen Hunden, die irgendjemand irgendwann einmal angeschafft hat.
Wenn wir uns die Welpenerziehung anschauen, gibt es ein paar hilfreiche Ansätze, die ich dir gerne mitgeben möchte. Klare Regeln sind hier das Zauberwort. Eine der goldenen Regeln ist, dass auch ein acht bis zwölf Wochen alter Welpe bereits als Hund agiert. Was im Umkehrschluss bedeutet, auch wenn der kleine Zwack noch total niedlich und tollpatschig wirkt, hat er innerhalb nur weniger Tage verstanden, wie der "Hase Zuhause läuft". Es ist also unglaublich wichtig, vom ersten Tag an mit einem Training zu beginnen und klare Regeln aufzustellen, die von allen Personen im Haushalt gleichermaßen eingehalten werden. Natürlich sollte das Training einem Welpen entsprechen und den kleinen Hund nicht überfordern.
Das „Gassi gehen“ wird sich die erste Zeit meist in kleineren Runden bewegen, da gerade am Anfang erstmal wirklich alles ganz besonders interessant ist. Jeder Grashalm, der sich bewegt, muss erst einmal inspiziert werden. Wenn ein Welpe schon einmal bei dir eingezogen ist, wirst du verstehen, was ich meine. Aus „Gassi gehen“ wird am Anfang eher „Gassi stehen“.
Kleinere Macken können sich zeigen, wenn der Welpe frisch eingezogen ist. Gerade an den ersten Tagen sind die Besitzer besonders besorgt. Vielleicht frisst ihr kleiner Schatz vor lauter neuen Eindrücken nicht – und schon sind Sorgen vorprogrammiert. Stell’ dir einfach vor, wie unfassbar aufregend dein erster Urlaub als Kind war - da hast du vielleicht auch vor lauter Staunen keinen Bissen runterbekommen. Ähnlich ist es bei unseren Welpen, die plötzlich von ihrer Mutter, den Geschwistern und ihrer gewohnten Umgebung getrennt sind. Es kann auch passieren, dass dein Welpe durch den ganzen Stress Durchfall bekommt. Hier würde ich immer empfehlen, einen Tierarzt aufzusuchen, um abzuklären, ob eine organische Ursache oder Stress vorliegt.
„Spielzeug“ und Hundezubehör sind natürlich eine tolle Erfindung der Industrie, sind aber nicht zwingend förderlich für deinen Hund. Weniger ist mehr! Eine Kiste, in der die „Spielsachen“ und das Zubehör verstaut sind, ist dabei eine gute Ressourcen-Kontrolle. Gerade in den ersten Tagen möchte deine ganze Familie und alle deine Freunde natürlich sofort den neuen Familienzugang kennenlernen. Hier solltest du aber auch auf ein gesundes Maß achten, um deinen Welpen in den ersten Tagen nicht zu überfordern.
Lasst den Hund Hund sein!“
Aus meiner langjährigen Erfahrung als Hundetrainerin kann ich dir als erste „Goldene Regel“ empfehlen, einige Einzelstunden bei einem guten Trainer zu buchen und nicht erst Monate später, wenn sich ein Fehl- und Problemverhalten entwickelt hat. Du möchtest sicherlich nicht, dass dein Hund seine Ressourcen durch Beißen oder Schnappen verteidigt. Grundsätzlich ist aber auch dieses Verhalten artgerecht. Eine Hundeschule ist auch eine gute Möglichkeit. Eine Einzelstunde hat immer den Vorteil, dass der Trainer seiner Aufmerksamkeit zu 100% ausschließlich bei dir und deinem Hund ist. Bei der Suche nach einem guten Hundetrainer kannst Du auf die Empfehlungen deines Freundeskreises zurückgreifen, allerdings solltest du dir auch immer deren Hunde und ihr Verhalten anschauen. Ist deren Hund so, wie du deinen Hund einmal haben möchtest? Oder besteht dort noch Fehl- und Problemverhalten, welches du bei deinem Hund nicht vorfinden möchtest?
Grenzen und Regeln von Anfang an!
Von Methoden, die über Druck und Zwang arbeiten, möchte ich dir unbedingt abraten. Die Kynologie (Lehre von Rassen, Zucht, Pflege, Erziehung und Krankheiten der Haushunde) ist viel weiter, und jeder weiß aus seinem eigenen Leben, dass man über Belohnung und positive Bestärkung viel schneller lernt und auch ganz anders motiviert bleibt. Es geht in der Welpenerziehung nicht darum, Fehl- und Problemverhalten des Hundes umzukehren, sondern von Anfang an durch Grenzen und Regeln deinem Welpen aufzuzeigen, wo und wie sein Platz in eurem „Rudel“ ist. Meiner Meinung nach sollte gerade bei Welpen immer positiv über den Antrieb gearbeitet werden. Letztlich ist das eine Entscheidung, die du für dich und deinen Hund treffen musst. Im Zweifel, wenn du kein gutes Gefühl hast oder sich innerhalb von kurzer Zeit kein Erfolg einstellt, solltest du dir das Recht herausnehmen, den Trainer, bzw. die Hundeschule zu wechseln. Es ist schließlich dein Hund, mit dem du 10 bis 15 Jahre verbringen wirst und nicht der Trainer.
Regeln gelten überall und zu jeder Zeit!
Die zweite „Goldene Regel“ lautet, dass dein Hund nicht zwischen Arbeit und Freizeit unterscheidet. Deine Regeln sollten immer und überall und zu jeder Zeit gelten. Je eindeutiger du mit deinem Welpen bist, desto schneller wird er gewünschtes Verhalten zeigen. Wenn du nur in der Trainingsstunde in der Hundeschule konsequent bist und das tust, was dir der Trainer dort erzählt, ansonsten keine klaren Regeln einforderst, können sich langfristig Probleme einstellen.
Die dritte „Goldene Regel“: Nicht, wer am lautesten brüllt oder am stärksten ist, kontrolliert das „Rudel“, sondern derjenige, der die Ressourcen verwaltet. Wenn „Spielzeuge“ oder auch Futter zur stetigen Verfügung stehen, hat der Welpe nur wenig Anreiz, sich freiwillig und von sich aus an dir zu orientieren. Es stehen ja alle mehr oder weniger lebenswichtigen Ressourcen zur freien Verfügung. Gerade die ersten Wochen, in denen man sowieso sehr viel übt, kannst du problemlos sein, normales Futter als Leckerli benutzen und deinem Welpen über den Tag verteilt aus der Hand füttern. Dabei kannst du auch einmal täglich einen Teil der Ration aus dem Napf füttern.
Tipps und Tricks von anderen Hundehaltern
Ja, andere Hundehalter werden dir begegnen und dir nicht gefragte Kommentare zum Thema Erziehung und Ernährung deines Welpen unaufgefordert mitteilen. Beim Spaziergang solltest du einen selbstbewussten Eindruck vermitteln. Dies kann natürlich nicht davor schützen, dass dir fremde Menschen einen vermeintlich guten Rat mit auf deinen Weg geben müssen. Einige Tipps und Tricks, die dir von anderen Hundebesitzern um die Ohren fliegen, sind sicherlich gut, andere totaler Schwachsinn! Ich möchte dich darauf vorbereiten und dir Mut zusprechen, dass du dich von der Meinung der anderen nicht von deinem Weg abbringen oder verunsichern lässt. Wichtig ist, dich auf dich und deinen Hund zu konzentrieren. Falls du Kinder hast, wirst du viel leichter verstehen, wovon ich gerade schreibe.
In der Hundeszene weiß natürlich jeder Hundebesitzer alles am besten und hat die beste Methode an der Hand. Ob du nun in eine Hundeschule gehst oder ob du dir einen Hundetrainer nach Hause holst, bleibt deine Entscheidung. Wenn ihr ein Konzept gefunden habt, welches für dich und deinen Hund gut funktioniert, dann lass’ dich nicht von anderen verunsichern.
Hundetrainer oder Hunde-Halter-Trainer?
Eine mögliche Ursache für späteres Fehl- und Problemverhalten deines Hundes kann auch fehlendes Verständnis für das natürliche Verhalten von Hunden sein. Ich selbst habe in meiner Laufbahn als Hundetrainerin schon die kuriosesten Beispiele erlebt. Menschen, die ihr Leben komplett hinten angestellt haben, weil sie einen sogenannten Problemhund zu Hause hatten. Ich spreche in diesem Fall nicht davon, dass diese Hunde etwas mehr Aufmerksamkeit benötigen, sondern von solchen extremen Fällen, in denen Menschen ihr persönliches Leben den Bedürfnissen des Hundes komplett untergeordnet haben. Auch das andere Extrem, wenn Menschen ihre Hunde total vermenschlichen, ist auch nicht gut. Das Wort Hundetrainer finde ich nicht gut. Es hat einfach, in der Realität nicht viel mit den Aufgaben zu tun. Viel genauer würde das Wort Hunde-Halter-Trainer die tatsächliche Tätigkeit beschreiben. Denn wenn sich Menschen ihrem Hund gegenüber „richtig“ verhalten, dann passt der Hund in der Regel innerhalb von wenigen Minuten seinem Verhalten an. Er wird sich dann freiwillig, ohne Druck und von sich aus an seinen Menschen orientieren. Du fragst dich jetzt vielleicht warum? Ganz einfach, sobald du deinem Hund Führung und Sicherheit gibst, wird er sich gerne an dir orientieren und Kontrolle abgeben. Das Gute an unseren Haushunden ist, dass ihre Art der Kommunikation um ein Vielfaches einfacher ist als unsere. Bei Hunden funktioniert es fast überwiegend über eine eindeutige Körpersprache. Wenn man Hunde untereinander beobachtet, ist es jedes Mal faszinierend, wie geklärt alles untereinander ist.
FAZIT: Eine vernünftige Welpenerziehung ist das „A & O“ für deinen Hund und euer Zusammenleben. Sie schafft ein wichtiges Fundament und wird langfristig Fehl- und Problemverhalten verhindern. Ich wünsche dir und deinem Hund alles Gute und bei all den Regeln und all dem Training, vergesst aber den Spaß an der ganzen Sache nicht.
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