Ellen Friedrich: "Zeitgemäße Hundeerziehung"
Plisch und Plum, weil ohne Sitte, kommen in die Hundehütte. Wilhelm Busch
Willkommen, liebe Hundehalter, im Dschungel der Hundetrainer, Hundeverhaltensberater, Hundepsychologen und mit Hunde-Kommunikatoren. Den dringlichen Fragen, wer am kompetentesten, ehrlichsten, grundlegendsten, angemessensten und schnellsten hilft, stehen unterschiedlichste Methoden, Konzepte und Coachingansätze gegenüber. Man liest, denkt, versucht zu verstehen und bleibt am Ende doch oft alleine mit der Frage:
Wer hat Recht, wer ist kompetent, wer ein Scharlatan?
Unterm Strich werden auf Homepages und Flyern unterschiedlichste Begriffe verwendet, um über etwas ziemlich Einfaches, dabei aber schwer Greifbares zu sprechen: Unterschiedlichste Erziehungstrails (es Wege zu nennen wäre sicher zu altmodisch) zum erzogenen Hund. Nicht alle enden in Rom. Aber so ist das Leben. Es beschleicht das Gefühl, die Erziehung eines Hundes ist ähnlich schwer wie die Alpenüberquerung mit einem Elefanten. Viele Hürden, viele Herausforderungen, mit denen man nicht gerechnet hat. Und überall besserwissende Stimmen, die verwirren, verunsichern und den klaren Blick trüben. Wo ist bitte die passende Verbrauchzentrale, die auf der Suche nach der besten Hundeerziehungshilfe zur Seite steht? Fehlanzeige. Eine solche Beratungsstelle gibt es (noch) nicht. Woran sich also orientieren?
Wohlstandsprobleme?!
Es sind auch das Leben und unsere Zeit, die für dieses Durcheinander, diese Vielfalt, diese unterschiedlichen Ideen verantwortlich sind. Früher war alles weniger kompliziert, es fehlten die unzähligen Wahlmöglichkeiten. Heute kann man sich wunderbar im Markt der 1000 Angebote verlaufen. Ziel ist nicht mehr nur der gut erzogene Hund, sondern auch der glückliche Hund. Neu ist auch der Streit um Schlagworte wie „gewaltfrei“, „Belohnung: positiv und negativ“. Individuell ist modern und steht ebenso für Qualität, wie wissenschaftlich auf dem neuesten Stand und im Einklang mit Gefühlen von Hund und Haltern. All das klingt gut und besser! Wer kehrt schon mit altem Besen den edlen Parkettboden?
Im Gegenzug werden alte Erziehungsmethoden verachtet und deshalb neu verpackt. Jetzt scheinen sie zum Zeitgeist unserer westlichen Industrienation zu passen. Das schafft auch Platz für komische Zeit-Geister mit irrsinnigen Ideen, die leicht einen wohlwollend überzeugend argumentierenden Berater finden. Die Welt ist bunt genug. Ob das immer zum Wohl der Hunde führt – ich würde es verneinen.
Arzt, Friseur, Versicherungsmakler, psychologischer Coach und Hundetrainer – wer mein Vertrauen und mein Geld verdient, bestimme ich, der mündige Hundehalter. Die Kriterien bei der Auswahl sind vielfältig und werden oftmals nicht nur aufgrund von Kompetenz getroffen. Eine große Rolle spielen Sympathie, Vertrauenswürdigkeit und nicht selten die aufgewendete Zeit, in der meine Aussagen angehört und ernst genommen werden.
Hundehalter sollten ihre eigenen Fähigkeiten nicht unterschätzen!"
Und wie finde ich doch das beste Erziehungskonzept?
Altbacken, wissenschaftlich fundiert, schnell und auf den Punkt, lange Prozesszeiträume, Spiel und Ernst, belohnen, bestrafen usw. usw. Zu all diesen Aussagen sollten Hundetrainer fundiertes Wissen präsentieren - und das abgestimmt auf die Hunde und ihre Menschen, die vor ihnen stehen. Welche Möglichkeiten gibt es, um die optimale Anpassung der Hunde zu gewährleisten? Rein damit in einen Topf und anschließend mit dem Profi alles Notwendige heraussuchen, damit Hunde lernen, sich in der Welt ihrer Menschen zurechtzufinden und der Umwelt nicht auf die Nerven zu gehen. Das muss weder ein komplizierter Trainingsplan werden noch ein halbes Hundeleben andauern. In Verruf kommen sollten alle Ferndiagnosen und 100%igen Erfolgsgarantien! Ebenso unseriös ist der reißerische Einsatz von Schlagworten, die nicht im gleichen Atemzug erklärt werden. Was verbirgt sich hinter gewaltloser Erziehung? Was heißt es, nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen zu arbeiten? Welche Nachteile birgt das Bestrafen von unerwünschtem Verhalten für den Betroffenen? Gibt es DAS Bestrafen und DAS Belohnen? Wo sind Facetten und die Möglichkeiten geblieben, sich zwischen schwarz und weiß sicher zu bewegen? Ist der Strafende ein Diktator und der Belohnende ein Erleuchteter? Ist der Einsatz von einladenden Gesten wichtiger als ein wohlwollender Blick? Und ist ohne ausgiebige Persönlichkeitsanalyse des Menschen und des Hundes ein Zusammenleben überhaupt noch unbedenklich möglich?
Hundeerziehung birgt keine Geheimnisse
Wer nach Terminen beim Hundetrainer auf all diese Fragen keine plausiblen Antworten nach Hause trägt, sollte nochmals nachfragen. Hundeerziehung birgt keine Geheimnisse, die nur vom magischen Zirkel verstanden werden können. Ebenso wenig sollte die Stunde mit dem Hundetrainer einer psychologischen Sitzung gleichen.
Hundehalter sollten ihre eigenen Fähigkeiten nicht unterschätzen. Wir alle lernen mit der Hilfe von Eltern, Lehrern und Freunden mit unserem Leben zurecht zu kommen. All das bildet den Grundstock bei der Erziehung unserer Hunde. Lebenserfahrung, eigener Selbstwert und das Wissen um gesellschaftliche Strukturen liegen in der Waagschale und geben eine Richtung vor. Mal funktioniert es besser, mal weniger gut. Einfach mal machen. Nicht hadern. Hunde ab in die zweite Reihe. Menschen dürfen sich wichtig nehmen, sich von ihren Hunden anhimmeln, bedienen und umkreisen lassen. Ebenfalls ist ein respektvoller Umgang des Hundes mit seinem Menschen wünschenswert.
Ach so, wie denn jetzt?
Schnörkelos mit Herz und Verstand
Das beste Konzept in der Hundeerziehung ist: Schnörkelos mit Herz und Verstand drangehen. Zu einfach? Tja … bei Fragen zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie zuerst Ihr Bauchgefühl und dann den Hundetrainer, der ernst und erwachsen mit dem Thema Erziehung umgehen kann!