Sonntagsrunde im Rudel

Portrait Andreas Moll
von Andreas Moll – 17.09.2015

Heike Melbert wohnt, arbeitet und lebt in Erftstadt, einem überschaubaren Städtchen mit 50.000 Einwohnern und 3.800 Hunden, das 20 Kilometer südwestlich von Köln und 25 Kilometer nordwestlich von Bonn in der Jülich-Zülpicher Börde liegt. Als engagierte Hundebesitzerin musste sie unbedingt etwas tun, nachdem vor einigen Monaten ihre Bretonen-Hündin "Nena" gebissen wurde und danach ein gestörtes Verhältnis zu ihren Artgenossen hatte. Sie gründete kurzerhand im April 2015 die Gruppe "Hundefreunde in Erfstadt" und lud über Facebook Gleichgesinnte zu gemeinsamen Hunderunden ein. "Hier geht es allerdings nicht nur um den reinen Austausch am PC", erklärt die Erftstädterin, und so findet neben den gemeinsamen Spaziergängen regelmäßig ein Stammtisch statt, bei dem sich über Hundeerziehung, Ernährung und lustige Themen unterhalten wird. Im Mittelpunkt jedoch stehen natürlich die "Gassirunden".

Sonntagsrunde

Die Lieblingsrunde der Gruppe führt um den Donatussee. Hier wurde früher Braunkohle abgebaut, und durch die Flutung der Grube entstand dann dieser herrliche, von Wald umgebende See und gleichzeitig ein Naherholungsgebiet für Fahrradfahrer, Angler, sowie Wanderer mit und ohne Hunde. Die Vierbeiner dürfen auf den Waldwegen ohne Leine laufen und sogar ein Bad im See nehmen. Die Vorfreude bei den Hunden auf den Ausflug ist riesig, und dementsprechend wird am Treffpunkt auch ordentlich Lärm gemacht. Vorbeigehende Fußgänger gehen auf Abstand und machen einen Bogen um das Menschen-Hunde-Rudel. Thomas geht mit seiner Schäferhündin "Buca", die in Ungarn als Wachhund ausgemustert wurde, vorneweg. Als Beschützer und Anführer der Gruppe steht ihr der aus Spanien stammende Mischling "Nando" zur Seite. Mit ein wenig Abstand folgen noch weitere 15 Hunde und gut 20 Zweibeiner jeden Alters. Alle achten darauf, den Abstand nicht zu groß werden zu lassen, schließlich geht man zusammen in der Gruppe. Plötzlich hallt es durch den Wald: "Radfahrer!" Innerhalb kürzester Zeit werden die Hunde vom kleinen Waldweg an den Rand gerufen, um den beiden Radlern Platz zu machen. "Manche Radfahrer rasen einfach ohne Rücksicht in die Gruppe und provozieren auf Teufel komm raus", meint Katrin Heyl. Nach dieser positiven Begegnung geht der Marsch weiter, bis zum ersten Mal der Donatussee in Sichtweite kommt. Die Wasserfreunde unter den Hunden nutzen die Gelegenheit und schwimmen eine erste kurze Runde. Das ausgiebige Bad jedoch soll erst später folgen. Spätestens nach zehn Minuten tritt Gelassenheit in die Runde, da sowohl die Menschen ihre ersten News ausgetauscht und die Hunde die interne Rangordnung geklärt haben. Vorbildlich wird von der Spitze her gewarnt, wenn Vorsicht geboten ist. Schließlich sollen Jogger ohne Tierkontakt ihre Kilometer abreißen können, andere Hunde ohne Kampf ihren Ausflug fortsetzen und Spaziergänger mit Canophobie stressfrei ihrer Wege gehen können.

Die Pause wird direkt an einer begehbaren Uferstelle des Sees gemacht, und fast alle Hunde nutzen diese, um das Element zu wechseln und eine Runde im Nass zu drehen. Laura Sophie, die selbst drei kleine Hunde hat, ist mit ihrer Kamera "bewaffnet" und fängt diese Momente auf eine ganz besondere Art ein. Ob Golden Retriever, Schäferhund, Chihuahua, Pekinese, Bretone oder Mischling - jeder Hund will zeigen, was er im Wasser drauf hat. "Der Donatussee ist übrigens der einzige See in der Umgebung, in dem es für Hunde erlaubt ist, zu schwimmen", erklärt Heike Melbert, die mit den anderen Hundehaltern sehr darauf achtet, die geltenden Regeln einzuhalten. Damit die Vierbeiner auch im Stadtgebiet frei und ohne Leine laufen können, kämpft sie übrigens gemeinsam mit Katrin Heyl für einen Hundeplatz in Erftstadt.

Online-Petition für einen Hundeplatz

Die beiden Hundefreundinnen verfassten die Online-Petition "Hundeplatz für Erftstadt", die schon von über 500 Menschen unterschrieben wurde, und die demnächst, gemeinsam mit den weiteren rund 200 Unterschriften, an Bürgermeister Volker Erner übergeben werden sollen. "Ziel ist es, allen Hunden auch im Stadtgebiet Freilauf zu verschaffen", meint Katrin Heyl und denkt dabei vor allem auch an ältere Menschen mit Hunden, die nicht mehr ganz so mobil sind. "Es ist wissenschaftlich belegt, dass Freilauf bei Hunden zu weniger Aggressionsverhalten und einer besseren Sozialisierung beiträgt", so die Mitinitiatorin der Petition. Aufgrund der zahlreichen Einschränkungen sehen die Erftstädter Hundefreunde kaum die Möglichkeit, den Bedürfnissen ihrer Hunde gerecht zu werden und fordern nun die Stadt auf, in absehbarer Zeit eine große eingezäunte, zentral liegende Auslauffläche zu schaffen. Schließlich will man Gesetz, Hund, Mensch und Naturschutz gerecht werden.

Der Sonntagsausflug endet an diesem Tag, noch bevor der große Regen kommt. Für "Neueinsteiger" ist eine solche Großveranstaltung nur in den ersten Minuten aufregend, da man ohne Erfahrung mit so vielen Hunden auf engem Terrain zwangsläufig unsicher wird. Und wenn sich diese Unsicherheit auf den Hund überträgt, ist man doppelt überfordert. Die Besitzer eines jungen Labradors haben diese erste Hürde nicht überschritten und den Erstversuch vorzeitig abgebrochen. Wer jedoch seinen Hund selbst den Platz im Rudel suchen und finden lässt, wird an einer Gruppenwanderung wie dieser sehr großen Gefallen finden. Auch wenn der eigene Hund das Wasser scheut, wie der Teufel das Weihwasser.

Wer neugierig geworden ist und sich der Gruppe anschließen möchte, nimmt Kontakt über die geschlossene Facebook-Gruppe auf und erfährt dann mehr über die nächsten Ausflüge in Erftstadt, um Erfstadt und um Erfstadt herum.