Der Einfachheit halber wird im normalen Erzählen durchnummeriert: Kind Nr. 1 bis 4. Und Hund Nr. 1 bis 4. Till, Lea, Amelie, Lisanne, Balou, Rufus, Oskar & Jacky sehen das gelassen. Denn sie sind unverwechselbar und wohnen im Paradies.
Ganz genau: in einem bunten Haus in französischer Wildnis in einem Naturpark, in dem die berühmte Wolfschlucht „Gorges du Loup“ liegt. Bis nach Nizza ist es eine halbe Stunde voller Serpentinen - und man weiß sich kaum zu entscheiden zwischen den schroffen Bergen, den malerischen Dörfchen dazwischen oder dem Mittelmeer, das mit seiner azurblauen Färbung der Küste ihren Namen gab: Côte d'Azur.
Secondhand-Hunde im Paradies
Wer hierher kommt, wird von einem wilden Durcheinander an Hundefreundlichkeit begrüßt. Balou ist mit fast zwölf Jahren der Älteste, ein Mischling mit viel Pyrenäen-Schäferhund und froh, dass es Menschen zum Kuscheln gibt. Viel distanzierter ist Oskar (3), ein hübscher Frauenschwarm mit viel Berger de Picardie in der Ahnenreihe. Der lauteste ist Pudel Rufus (3). Und dann gibt es den Jack Russel Terrier Jacky (4,5), die bei diesem Rudel zwar die Kleinste ist, aber mit Abstand den Ton angibt. Sie springt aus dem Stand Oscar an den Hals, um zu zwicken und herumzudirigieren. Alle vier sind übrigens „Second-hand-Hunde“ aus dem Tierheim. Jedes Mal war es Liebe auf den ersten und natürlich auch auf den zweiten Blick.
Der eigentliche Chef hier ist Anja Strassburger.
Wer Anja begegnet, nimmt erstmal die Geschäftsfrau wahr: sie wirkt neugierig, bestimmt und mit einem wachen Geist. Sie hat Chemie studiert - sogar mit Doktortitel - und ist seit Jahren als freiberufliche und erfolgreiche Texterin für Solopreneure, also Freiberufler und Selbstständige, unterwegs. „Man muss nicht immer ewig dasselbe machen, das Leben hält so viel für uns bereit“. Sie lebt vor, dass man zwischen Kindern, Mann und Hunden, zwischen eigener Selbstständigkeit und Familienleben, zwischen Bergen und Meer mit Schlagfertigkeit und Mutterwitz gut leben kann – so wie Gott in Frankreich.
Zwischen Wildnis und Luxus
Weil Menschen zwar die wilde Natur lieben, aber doch lieber gemütlich wohnen, steht auf dem Hang das Haus der Familie, im Garten ein Swimmingpool, ein Baumhaus und Skulpturen. Das Haus ist zweigeteilt: Oben wohnt der Strassburger-Németh-Clan, unten liegt eine vollständig abgetrennte Ferienwohnung, die fast immer an sonnenhungrige Touristen vermietet ist. Die Côte d´Azur ist ein Touristengebiet. Hier funkelt das Mittelmeer auch im Oktober noch warm genug für einen beherzten Sprung ins Nass, hier liegen Luxusjachten aus den Kaiman Inseln, hier werden auf den Schiffen Deals über seltene Erden und andere begehrte Güter geschlossen und hier sprechen die Kellner sogar englisch. Und manchmal deutsch.
Offensichtlich fühlt sich die Deutsche aus dem Ruhrpott wohl in dem ganzen Wirbel: die Ferienwohnung ist Heimat für unterschiedlichste Menschen und damit immer neue Begegnungen. Besonders an Herbert, der als Pyrotechniker halb Hollywood sprengte und unter anderem bei „Mad Max“ verantwortlich zeichnete, erinnert sich Anja. „Mit den netten Mietern trinken wir gerne auch mal ein Glas Wein.“
Apropos Wein: der gehört in Frankreich natürlich zu fast allem. Selbst in der Entbindungsstation wird den Frauen zum Mittagessen das obligatorische Gläschen angeboten.
"Wir finden es echt klasse, dass Anja morgens immer ihren Tee im Bett trinkt, da dürfen wir nämlich alle dabei sein. Tagsüber hockt sie meist am Schreibtisch, da ist dann immer einer von uns im Büro dabei, damit sie nicht so alleine ist. Wir anderen passen derweil auf das Haus auf."
Schulen in Frankreich
Kinder zu haben, ist in Frankreich leichter - der Staat macht es den Eltern sehr viel leichter, denn tagsüber ist der Nachwuchs versorgt. Es gibt beispielsweise Krippenplätze für alle, und die Schulkinder sind in Ganztagsschulen untergebracht, um zu lernen. „Das ist sehr elternfreundlich. Ich weiß nicht, ob ich in Deutschland noch ein viertes Kind bekommen hätte“, so die Familienmutter. Durch die Anschläge herrscht derzeit noch offiziell Ausnahmezustand – Parkplätze direkt vor Schulen sind beispielsweise gesperrt. Die auf der anderen Straßenseite aber nicht: Im Alltag merkt man ansonsten nichts von Terrorangst.
„Hah!“ Wenn ein typischer Laut für Anja gefunden werden soll, dann ist es dieses Lachen. Ausrufezeichen, ein bisschen Staunen über die Absurditäten des Lebens und viel Humor in einen Laut gegossen. Hah! Schon im Studium hat sie Zoltán kennengelernt und geheiratet, „weil lange keine Party war. Wir hatten Bock darauf“. Nach erfolgreichem Karrierestart für beide und den ersten beiden Kindern kam die große Entscheidung: in Deutschland bleiben oder den Schnitt wagen und an die Cote d`Azur ziehen, wo Zoltáns Eltern ein Haus gebaut hatten. Anja, selbst ein Einzelkind mit toller Beziehung zu ihren Eltern, kam ins Grübeln. „Aber was wäre, wenn ich es *nicht* getan hätte?“
Reifer Käse, nicht erst nach dem Verfallsdatum
„Das Wetter: Sonne, Berge und Meer in genau dieser Kombination,“ schwärmt Anja.“ Reifer Käse, nicht erst nach dem Verfallsdatum. Die paradiesische Kinderbetreuung … zumindest für Eltern. In Frankreich empfinde ich es mit vier Kids einfacher als in Deutschland mit zweien. Die Lebensqualität ist einfach eine andere, obwohl der Lebensstandard eher niedriger ist. Und natürlich: Das ESSEN! In Deutschland fand ich alles grau: Himmel, Straßen, Häuser und manchmal auch die Menschen, wobei ich die Ruhrpottler von der Art her sehr gerne mag.“
Anja ist ganz gelassene Freundlichkeit. Wie versorgt man vier Kinder, vier Hunde, viele Leute im Ferienhaus, ist erfolgreiche Texterin und wird dabei nicht vollkommen verrückt? „Die Hunde erziehen sich selbst, die Kinder gegenseitig. Nein Scherz beiseite, hier ist selten langweilig, doch wir haben eben auch jede Menge Spaß, vor allem als Familien-Team.“
Es lohnt sich, selbst ein paar Tage im Mensch-Hunde-Paradies zu verbringen: Gute Laune und Entspannung sind hier garantiert.