Sterile pyogranulomatöse Pannikulitis

Tamara Weitzer, Prof. Ralf S. Mueller.

Ziva ist eine neunjährige Shetland Sheepdog Hündin, die im April zu uns überwiesen wurde. Eine Woche zuvor war sie wegen eines Abszesses an der linken Wange bei ihrem Haustierarzt. Der Abszess wurde routinemäßig gespalten und mit einer Drainage versorgt, um dem Wundsekret Ablauf zu verschaffen. Zusätzlich wurde die kleine Hündin mit antibiotischen und schmerzstillenden Medikamenten behandelt. Es wurde vermutet, dass der Partnerhund wohl in einer rudelinternen Rangelei der kleinen Hündin eine Wunde zugefügt hatte, die sich im weiteren Verlauf infiziert und zu einem Abszess entwickelt hatte. Ziva war zu diesem Zeitpunkt ein ansonsten gesunder, aktiver Hund mit normaler Futter- und Wasseraufnahme.

Nach sechs Tagen kam Ziva zur Kontrolle erneut zu ihrem Haustierarzt. Ihr Zustand hatte sich drastisch verschlechtert. Der gespaltene Abszess am Kopf wollte nicht verheilen, sie hatte nun deutliches Fieber über 40° entwickelt, war müde und schlapp, fraß sehr wenig und wirkte sehr deprimiert. Bei näherer Untersuchung wurde eine Vielzahl von Abszessen verteilt über Zivas ganzen Körper gefunden - der offenbar unschuldig verurteilte Partnerhund war damit aus dem Schneider - er konnte nicht der Übeltäter sein. Im dichten Fell der Shetland Sheepdog Hündin waren die Abszesse der Besitzerin gar nicht aufgefallen.

Ziva erreichte uns nahezu kahlgeschoren und übersäht von knotig-knubbeligen Zubildungen über den gesamten Körper (Bilder 1 und 2). Ihre Temperatur lag über 40°. Der Haustierarzt hatte bereits eine Tupferprobe des ursprünglichen Abszesses an der linken Wange genommen und zur bakteriellen Kultivierung eingeschickt. Das Ergebnis war jedoch noch ausstehend.

In der Klinik wurden zusätzlich zur erhöhten inneren Körpertemperatur generalisiert leicht vergrößerte Lymphknoten festgestellt. Von den Knoten wurden Proben zur zytologischen und bakteriologischen Untersuchung entnommen. Für die Zytologie wurden die Proben in der Praxis gefärbt und untersucht. Die zytologische Untersuchung solcher Proben erfolgt unter dem Mikroskop und der Tierarzt hält dabei unter anderem Ausschau nach Entzündungszellen und eventuellen Krankheitserregern. Wenn Bakterien innerhalb von Entzündungszellen zu finden sind, bedeutet dies, dass der Körper die Eindringlinge bereits erkannt und damit begonnen hat, sie zu beseitigen. In den zytologischen Präparaten von Ziva waren keine Bakterien zu erkennen, jedoch viele Entzündungszellen. Für die bakteriologische Untersuchung wurden Proben ins Labor eingeschickt, um eine bakterielle Infektion definitiv ausschließen zu können.

Entnahme von Hautbiopsien

Da die bereits begonnene Therapie bei Ziva zu einer weiteren Verschlechterung geführt hatte, die zytologische Untersuchung keine Hinweise auf eine Infektion mit Bakterien ergeben hatten und der Zustand der kleinen Hündin sich stetig verschlechterte, wurde noch am selben Tag der Entschluss zur Entnahme von Hautbiopsien getroffen. Als Biopsie bezeichnet man die Entnahme einer Gewebeprobe der Haut mittels einer scharfrandigen, schneidenden Stanze. Diese Gewebeproben ergeben einen Querschnitt durch alle Schichten der Haut und können dadurch genaueren Aufschluss darüber geben, wie tief und auf welche Art die Hautschichten geschädigt sind. Dadurch kann der Pathologe zusammen mit dem Dermatologen oder Tierarzt eine genaue Diagnose stellen und somit dem Patienten die bestmögliche Behandlung zukommen lassen. Diese Hautgewebeproben kann man oft sehr risikoarm nur mit Lokalanästhesie, also ohne Vollnarkose am ansonsten wachen Hund entnehmen. Die entstandenen Löcher durch das „Ausstanzen“ werden vom Tierarzt unkompliziert zugenäht. Um bestmögliche Ergebnisse zu erzielen, werden meistens 4-6 Proben entnommen und zur Untersuchung in ein Speziallabor eingeschickt. Dort werden von den Proben dünne Schnitte angefertigt, die unter dem Mikroskop untersucht werden. Aufgebrochene Abszesse können sich sekundär, also als Folge der offenen Hautwunden, zusätzlich bakteriell infizieren. Aus diesem Grund wurde bei Ziva zunächst für eine kurze Periode die Behandlung mit Antibiotika fortgesetzt. Nachdem in der bakteriellen Kultur kein Wachstum von festgestellt wurde, wurden die Antibiotika dann abgesetzt.

Speziell bei Hunden wie Ziva, die ein langes und sehr dichtes Fell aufweisen, kann es sehr oft schwierig sein, Hautveränderungen frühzeitig zu erkennen. Die tägliche Pflege des Hundes mit Kämmen und Bürsten des Felles, sowie Abtasten der Haut mit den Fingern, können dabei hilfreich sein und dem Besitzer etwaige Veränderungen schnell zu erkennen geben."

Tamara Weitzer, Tierärztin

Durch die bisherige Geschichte, die negative bakterielle Kultur und die Biopsien wurde bei Ziva die bereits vermutetet Diagnose einer so genannten „sterilen pyogranulomatösen Pannikulitis“ gestellt, eine vom eigenen Immunsystem ausgelöste (= autoimmune) Erkrankung, bei der es zur Ausbildung von Abszessen in den tiefen Schichten der Haut und Unterhaut (= Pannikulus) kommt.

Behandlung mit Kortison und Zyklosporin

Da es sich bei Zivas Erkrankung um eine überschießende Reaktion ihres eigenen Immunsystems handelte, wurde sie mit Kortison und Zyklosporin behandelt, Medikamente, die diese überschießende Reaktion hemmen können. Zu Behandlungsbeginn sind verhältnismäßig hohe Kortisondosen notwendig, um dem Patienten rasche Besserung zu ermöglichen und die Entstehung weiterer Abszesse zu verhindern. Der Einsatz von Zyklosporin hilft dabei, die Dosis von Kortison, das vergleichsweise stärkere Nebenwirkungen zeigt, rasch zu reduzieren. Zyklosporin wird auch über mehrere Monate in der Regel gut vertragen. Zu den häufigsten Nebenwirkungen von Kortison zählen häufiger Harnabsatz und damit eine notwendige erhöhte Wasseraufnahme, eine erhöhte Futteraufnahme mit Gewichtszunahme, Muskelschwund und Muskelschwäche.

Die Behandlungsdauer beträgt üblicherweise mehrere Monate und die Patienten müssen in dieser Zeit regelmäßig beim Tierarzt zur Verlaufskontrolle vorgestellt werden. Nach Absprache mit dem Tierarzt können die Medikamente äußerst vorsichtig reduziert werden, da es ansonsten zu einem raschen Rückfall der Krankheit kommen kann.

Nach vier Monaten geht es Ziva bereits wieder sehr gut (Bilder 3 & 4) und sie hat ihre Lebensfreude wieder vollständig zurück erlangt. Die Medikamente werden bereits reduziert und in ein paar Wochen hoffentlich vollständig abgesetzt.

FAZIT

Speziell bei Hunden wie Ziva, die ein langes und sehr dichtes Fell aufweisen, kann es sehr oft schwierig sein, Hautveränderungen frühzeitig zu erkennen. Die tägliche Pflege des Hundes mit Kämmen und Bürsten des Felles, sowie Abtasten der Haut mit den Fingern, können dabei hilfreich sein und dem Besitzer etwaige Veränderungen schnell zu erkennen geben.