Genetische Veränderungen an Knochen, Haut und Haar des Hundes

Genetische Veränderungen an Knochen, Haut und Haar – Nur ein äußeres Merkmal, echtes Gesundheitsrisiko oder Liebe auf den ersten Blick?

350 verschiedene Hunderassen

Die moderne Rassenaufspaltung beim Hund bietet eine große Bandbreite an unterschiedlichsten Ausprägungsformen. Die FCI listet im Moment über 350 verschiedene Hunderassen, welche anhand ihres spezifischen Standards genau definiert sind. Dabei enthält der jeweilige Standard auch präzise und meist ausführliche Angaben zum gewünschten Aussehen der Rasse und definiert auch, welche Abweichungen zu diesen Angaben einen Hund für diese Rasse „disqualifizieren“.  Diese exakte Definition der Rassen (auch nach äußeren Merkmalen) beim Hund ist tatsächliche eine recht junge Erfindung des Menschen, die erst seit ca. 200 Jahren in dieser Form existiert. Zuvor wurden Rassen beim Hund zwar auch bereits differenziert, jedoch meist anhand der Eignung für eine bestimmte Aufgabe (Jagd, Hirtenhund, Hofhund, Schoßhund, …) selektiert. Nicht umsonst wird auch heute noch zur Einordnung der Rassen in Gruppen oft noch deren ursprüngliche Verwendung herangezogen (z.B. Hütehunde, Begleithunde, Apportierhunde, …).

Interessant ist dabei die Tatsache, dass auch unterschiedlichste Rassen sich nur in wenigen genetischen Merkmalen unterscheiden und alle Hunde innerhalb der Art zumindest theoretisch in der Lage sind, sich miteinander zu vermehren. In Evolutions-Maßstäben gemessen, hat die extreme Selektion des Menschen auf ganz spezifische äußere Merkmale dabei in kürzester Zeit so unterschiedliche Rassen wie den Zwergdackel und den Irischen Wolfshund hervorgebracht. Abläufe, welche in der Natur zehn- oder hunderttausende Jahre dauern oder auf Grund der natürlichen Selektion nicht stattfinden würden, sind für uns beim Hund eine Selbstverständlichkeit, die auch von Experten selten hinterfragt wird.

Genetisch gesehen ist diese Situation bei den modernen Rassehunden höchst interessant. Es gibt wohl keine andere Art, deren Vermehrung quasi ausschließlich (mit Ausklammerung von Straßenhundpopulationen) durch den Menschen gesteuert wird. Auch deshalb ist eine breite Kenntnis der Genetik heute schon das grundlegende Handwerkszeug eines gewissenhaften Züchters. Gerade das Aussehen eines Hundes ist es, welches unsere Einschätzung zu dem Tier im ersten Moment maßgeblich beeinflusst. Dabei spielen die Merkmale der Fellfarbe, Größe und Körperbau eine entscheidende Rolle. Für diese Merkmale existieren verschiedenste genetische Varianten, von denen einige bereits als Test zur Verfügung stehen. Gerade die Fellfarbenvererbung ist für Hunde eingehend erforscht worden, und moderne Testverfahren ermöglichen präzise Vorhersagen der zu erwartenden Ausprägung der Fellfarbe für Welpen bei geplanten Verpaarungen.

Zusätzlich existieren leider auch einige genetische Veränderungen, welche mit Krankheiten, oder zumindest erhöhten Risiken für Krankheitssymptome einhergehen. Durch die kleine Gründerpopulation, welche die Grundlage fast jeder bekannten Hunderasse ausmacht, sind diese „schadhaften Gene“ meist nur in einer spezifischen Rasse, oder wenigen nahe verwandten Rassen zu finden. Dafür ist der sogenannt „Bottleneck Effekt“ verantwortlich, der immer dann entsteht, wenn wenige Gründertiere eine große Menge Nachkommen erhalten. Die wenigen Merkmale der Gründerpopulation werden dann immer wieder innerhalb der Rasse aufeinandertreffen und somit rezessive Anlagen mit höherer Wahrscheinlichkeit zu Tage treten. Das betrifft gewünschte Merkmale wie bestimmte rezessive Farben genauso wie unerwünschte Merkmale wie Hautkrankheiten oder Knochenfehlbildungen.

Die krankhafte Veränderung der Haut kann sich zum Beispiel in Form einer Ichthyose (Fischschuppenkrankheit) zeigen. Bei dieser Erkrankung kommt es zu einer Störung der normalen Erneuerung der oberen Hautschichten. Die Folge ist das Auftreten von Schuppen. Je nach Schweregrad der Erkrankung sind Symptome von Schuppenbildung bis hin zu großflächigen, teilweise auch pigmentierten Schuppen (daher der Name der Krankheit) denkbar. Ebenso kann ein vermehrtes oder verlängertes Auftreten von Milchschorf beim Welpen ein Symptom der Erkrankung sein. Auch wenn in vielen Fällen die Symptome rein kosmetisch sind, so leiden manche der betroffenen Tiere unter starkem Juckreiz oder Sekundärinfektionen der Haut und somit unter gesundheitlich relevanten Symptomen einer Ichthyose. Genetische Test sind für Rassen wie den Golden Retriever, den American Bulldog oder auch die Deutsche Dogge verfügbar. Bei allen Rassen wird eine zusätzliche Beteiligung von Umweltfaktoren (Haltung, Stress, Futter, …) für die Ausprägung und Schwere der Symptome als wahrscheinlich angesehen. Laboklin konnte dies im Rahmen einer Studie und ausführlichen Berichten betroffener Hundehalter und Tierärzte bestätigen.

Weitere Beispiele genetischer Veränderungen die mit dem Aussehen des Tieres und  zusätzlichen gesundheitlichen Folgen für den Hund verknüpft sind und für die man bereits eine genetische Grundlage analysieren kann sind die hereditäre nasale Parakeratose (HNPK) beim Labrador, Zwergenwuchs bei verschiedenen Rassen wie dem Schäferhund und Chondrodystrophie beim Dackel und anderen „kurzbeinigen“ Rassen.

Für die Zukunft ist zu erwarten, dass vor allem auf dem Gebiet der äußeren Merkmale, welche ohne weiterführende Diagnostik am Tier direkt sichtbar sind, eine Reihe von genetischen Tests verfügbar sein wird, die sowohl die gezielte Ausprägung gewünschter Charakteristika, als auch die Verhinderung krankhafter Veränderungen ermöglichen. Für Tierarzt und Züchter bietet die Genetik somit ein kraftvolles Werkzeug der Diagnose und vor allem der geplanten Zucht gesunder Tiere. Und das sollte doch bei allen Vorgaben des Standards oder Wünschen der Welpenkäufer zum Aussehen das vorrangige Ziel sein: Die Zucht gesunder Hunde.

Mehr zu diesem Thema ist auch im Herbst auf der Züchtertagung der Firma LABOKLIN in Bad Bocklet zu hören.