Geräuschangst beim Hund - "Alle Jahre wieder ...!"

Geräuschangst ist weit verbreitet und kommt bei ca. 50 % aller Hunde in unterschiedlich starker Ausprägung vor. Typische angstauslösende Geräusche sind Gewitter, Silvester und Schüsse. Die Angstreaktion eines Hundes ist sehr individuell in der Ausprägung der Symptome (Abb. 1, 2), in der Stärke und der Dauer der Reaktion, sowie der Erholungsphase, d.h. der Zeit vom Ende des Geräusches bis zu dem Zeitpunkt, an dem sich der Hund wieder entspannt verhält. Die Rekonvaleszenzzeit variiert von Stunden bis zu Tagen.

Symptome der Geräuschangst

  • hecheln
  • sich verstecken
  • unruhig umherlaufen
  • sich zusammenkauern
  • zittern
  • bellen
  • urinieren
  • Zerstörung von Gegenständen
  • Fluchtversuche
  • aggressives Verhalten gegenüber Menschen und Hunden
  • Selbstverletzungen

Nicht jede Angstreaktion ist als abnormal einzustufen.

Eine kurzfristige Angstreaktion, gerade auf unbekannte Geräusche, ist normal und hatte evolutionär auch einen klaren Überlebensvorteil. Sollte die Reaktion allerdings sehr intensiv ausfallen und dauert es lange (Stunden bis Tage) bis sich der Hund davon erholt - dann kann von einer pathologischen Angstreaktion ausgegangen werden. Bei einer übersteigerten Angstreaktion auf ein oder häufig auch mehrere Geräusche ist die Lebensqualität des betroffenen Hundes und der Besitzer:innen deutlich eingeschränkt, und es kann auch zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Hundes kommen. Wird eine bestehende Geräuschangst nicht adäquat therapiert, so kann es zu einer Intensivierung der Angstausprägung kommen. Außerdem können Ängste vor neuen Geräuschen hinzukommen.

Rolle von Serotonin bei Angst

Der biochemisch als 5-Hydroxytryptamin (5-HT) bezeichnete Neurotransmitter Serotonin ist in den letzten Jahren in den Fokus der Forschung zu Angstverhalten bei Hunden gerückt. Serotonin reguliert wichtige Prozesse wie z.B. Blutdruck, Verdauung und die Blutgerinnung. Zusätzlich spielt es eine entscheidende Rolle beim Lernen, der Verarbeitung von Emotionen, dem Schlafrhythmus und bei der Stressreaktion. Serotonin hat einen aktivierenden Einfluss auf die HPA-Achse, wobei der zugrundeliegende Mechanismus noch nicht genau bekannt ist. Bei Hunden mit erhöhter Angstbereitschaft und Schreckhaftigkeit wurde eine niedrige Blutkonzentration von Serotonin nachgewiesen. Es ist weiterhin bekannt, dass eine Erschöpfung von Serotonin in der Amygdala das Erschrecken fördert. Ein systemischer Abbau von Serotonin erhöht ebenfalls das Angstverhalten.

Angst erhöht Cortisol

Ein individuelles Geräusch, das zu einer Angstauslösung führt, nennt man auch Stressor. Stressoren aktivieren das Stresszentrum in der Amygdala, dies führt dann mittels Botenstoffen zur Aktivierung der Hypophysen-Hypothalamus-Nebennierenrinden-Achse (Abb. 3) und zu einer Ausschüttung von Cortisol aus der Nebennierenrinde. Bei Hunden mit Geräuschangst konnte eine Erhöhung des Cortisolspiegels um ca. 200 % nachgewiesen werden. Cortisol wiederum führt zu einer Erhöhung von Gastrin und somit sekundär zu übermäßiger Produktion von Magensäure. Mögliche Folgeerkrankungen sind Gastritis und Magenulzerationen mit Symptomen wie Inappetenz und häufigem Erbrechen. Zusätzlich führt ein, über längere Zeit, erhöhter Cortisolspiegel zu einer Immunsuppression, die sich durch erhöhte Infektanfälligkeit äußert.

Tierärzt:innen sollten Angststörungen bei Hunden aktiv erfragen. Es ist jedoch von großer Bedeutung, dass eine Angststörung frühzeitig diagnostiziert und therapiert wird, um eine Chronizität und eine Verschlimmerung der Symptome zu verhindern." Häufig sprechen Besitzer:innen nicht proaktiv über die Verhaltensprobleme ihrer Hunde.

Sarah Storz, Hamburg

Negative Effekte von Stress beim Tier durch Studie belegt

Auch eine körperliche Höchstleistung von Hunden löst das Stresssignal in der Amygdala mit einer Aktivierung der Stressachse aus. Die Effekte auf den Organismus sind vergleichbar mit denen bei psychischem Stress. Eine aktuelle, randomisierte und Placebo-kontrollierte Doppelblindstudie an 45 Huskies untersuchte die Effekte von physischem Stress genauer¹. Es konnte gezeigt werden, dass die wiederkehrende Stressbelastung im Laufe der Trainingssaison zu einer signifikanten Erhöhung des basalen Plasma Cortisols und des basalen Plasma Gastrins sowie zu einer signifikanten Reduktion der Leukozyten führte. Folglich erhöht sich das Risiko, an einer Gastritis, an Magenulzerationen oder einer Immunsuppression zu erkranken. Untersucht wurde dies, indem die basalen Cortisol- und Gastrinwerte sowie die Leukozytenzahl bei einer Gruppe Schlittenhunde zu Beginn und in der Mitte einer Trainingssaison gemessen und verglichen wurden.

Therapeutisches Ziel: Reduktion der Stressantwort

In dieser Studie¹ konnte auch gezeigt werden, dass Nurexan ad us. vet. die Stressantwort des Körpers reduziert, indem es die Plasmaspiegel der Stress-Indikatoren Cortisol und Gastrin signifikant herunterreguliert. Die Verträglichkeit war dabei sehr gut. In weiteren Studien konnte außerdem gezeigt werden, dass das Arzneimittel die Stresswahrnehmung reduziert und die Reaktion des Gehirns auf negative emotionale Reize in der Amygdala, einer Hirnregion, die für Stress und Unruhe bedeutsam ist, ebenfalls signifikant reduziert wird. Nurexan ad us. vet. hilft somit dabei stressige Situationen besser zu bewältigen und ist zudem sehr schnell wirksam.

Einsatz in der tierärztlichen Praxis

Tierärzt:innen sollten Angststörungen bei Hunden aktiv erfragen. Häufig sprechen Besitzer:innen nicht proaktiv über die Verhaltensprobleme ihrer Hunde. Es ist jedoch von großer Bedeutung, dass eine Angststörung frühzeitig diagnostiziert und therapiert wird, um eine Chronizität und eine Verschlimmerung der Symptome zu verhindern. Kurz vor Silvester ist häufig die einzige Zeit, in der Besitzer:innen die Angst ihres Hundes direkt ansprechen. Hier sollten die Symptome genau erfragt werden, um die Schwere der Angststörung zu bestimmen. Dies hilft bei der individuellen Therapieempfehlung.

Bei der Therapie unterscheidet man die prophylaktische Therapie, die auch immer ein qualitativ hochwertiges Training umfassen sollte, sowie die akute Therapie direkt vor Silvester oder einem andern zu erwartenden Geräuschereignis. Bei der akuten Therapie muss entschieden werden, ob Maßnahmen, wie z.B. Musik und Verdunklung des Raumes in Kombination mit zum Beispiel Nurexan ad us. vet. ausreichen, oder ob eine Medikation mit einem Anxiolytikum notwendig ist. Aufgrund des schnellen Wirkeintritts von Nurexan ad us. vet. innerhalb einer Stunde ist dieses Arzneimittel auch sehr gut für die akute Therapie geeignet.

Studie über Geräuschangst bei Hunden in Leipzig

Um den Einfluss von Geräuschangst auf die Stressachse besser zu verstehen, wird eine Studie über Geräuschangst bei Hunden an der Tiermedizinischen Fakultät der Universität Leipzig unter der Leitung von Prof. Dr. Romy Heilmann und Dr. Barbara Schöning durchgeführt. Gesucht werden Hunde mit deutlich ausgeprägter Geräuschangst im Alter von 1-10 Jahren. Interessenten dürfen sich gerne direkt bei Sarah Storz melden. Mailadresse: sarah.storz@arcor.de

1 Keller A, Conradi J, Weber C, Flailing K, Wergin M (2021): Efficacy of Nx4 to Reduce Plasma Cortisol and Gastrin Levels in Norwegian Sled Dogs During an Exercise Induced Stress Response: A Prospective, Randomized, Double Blinded, Placebo-Controlled Cohort Study. Front Vet Sci 8:741459.