Gemeinsam zum Wohle der Katze! Wie ticken Katzenhalter:innen?

Portrait Sabine Ruthenfranz
von Sabine Ruthenfranz – 26.10.2022

Als Katzenhalter:in hat man die Verantwortung für ein faszinierendes Lebewesen übernommen. Der Umgang mit dieser Verantwortung ist jedoch von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich. Auch wenn, leider unabhängig von der Zahlungsbereitschaft, sicherlich alle Katzenbesitzer:innen nur das Beste für ihre Katze wollen.

Wie genau mit dieser Verantwortung umgegangen wird, zeigt sich spätestens dann, wenn die Katze krank wird und zur Tierärzt:in gebracht werden muss. Während einige überbesorgt und eher vorsorglich die Tierarztpraxis aufsuchen, bekommen andere eine lange Zeit gar nicht mit, dass der Katze etwas fehlt. Das typische Dilemma der „tapferen“ Katze eben. Es wäre also wünschenswert, dass sich Katzenbesitzer:innen ausreichend mit ihren Tieren beschäftigen, sie gut genug kennenlernen und sich informieren würden, um frühzeitig in der Tierarztpraxis vorstellig zu werden. Und natürlich, um die Katze im Krankheitsfall bestmöglich versorgen zu können. Doch rund um den Wissensaufbau lauert gleich das nächste Dilemma.

Umgang mit Medien, Umgang mit Wissen – gar nicht so einfach

Während sich die weniger informierten Katzenhalter:innen einfach unvorbereitet auf den Tierarztbesuch einlassen und damit beim Patient Katze oft keine große Hilfe sind, stehen ambitionierte Besitzer:innen vor der Frage: Wie weit darf, kann und sollte ich mich in der Praxis mit einbringen, ohne gleich als "Schlaumeier" aufzutreten? Eine Frage, auf die ich selbst viele Jahre keine Antwort hatte. Denn im Umgang mit Katzenhalter:innen in meinem nicht-tiermedizinischen Umfeld, kenne ich durchaus auch die unangenehmen Google-Expert:innen. Also diejenigen, die nicht im Entferntesten am Gehalt ihrer Google Fundstücke zweifeln und diese Informationen sehr selbstbewusst kundtun. Entweder, weil sie das Informationsmedium Internet als solches nicht verstehen und darin lesen, wie in einem Fachbuch. Weil sie sich selbst bereits als Experte fühlen, da sie an einem Wochenendseminar zum Thema XY teilgenommen haben. Oder, weil sie ja schon immer Katzen hatten. Trotzdem gibt es unter dem Strich eine erfreulicherweise wachsende Anzahl ambitionierter Katzenhalter:innen, die alles Erdenkliche lernen, um für ihre Katzen die beste Versorgung zu ermöglichen.

Gut informiert und trotzdem verwirrt

Neben den harmlosen Unwissenden, den wirklich unangenehmen Schlaumeiern und den sehr ambitionierten Katzenhalter:innen, gibt es allerdings auch noch eine gefährliche Zwischenstufe: Diejenigen, die sich wirklich sehr engagiert zum Wohle ihrer Katze informieren, aber nicht erkennen, dass sie damit trotzdem noch längst nicht alles wissen. Das angeeignete Wissen reicht jedoch bei diesen Katzenbesitzer:innen dazu aus, um sich in der „Nicht-Katzen-Praxis“ überlegen, oder zumindest nicht gut beraten zu fühlen. Und wenn man aus deren Perspektive schaut, ist das sogar nachvollziehbar, da sich mit dem Lernprozess natürlich auch die Erwartung an die behandelnden Tierärzt:innen verändert. Ein weiteres Problem: Viele denken nicht darüber nach, ob ihre Tierärzt:innen bereits zig Erkrankungen und Möglichkeiten im Hintergrund bedacht und ausgeschlossen haben, bevor es zur Diagnose kommt, die ihnen dann als Ergebnis mitgeteilt wird.

Es ist also eine kommunikative Herausforderung, die Tierbesitzer:innen zum Wohle seiner Katze in die richtige Richtung zu lenken. Denn der Blick auf die Katze verändert sich mit dem wachsenden (Halb-)wissen und bemerkt wird dann oft nur das, was man „kennt“. Im Laufe der Zeit kommt zwar immer mehr Wissensfakten dazu, doch die Informationen zum Umgang mit diesen „Wissensteilen“ fehlen den Tierbesitzer:innen weiterhin.

Wenn man in der Tierarztpraxis aufeinandertrifft, dann ist es sehr hilfreich, wenn man sich kennt. Und dafür braucht es Zeit."

Sabine Ruthenfranz, Cat Competence & Katzen-Podcast

Mein Tierarzt und ich

Im Umgang mit Katzenbesitzer:innen habe ich viel beobachtet und mich oft gefragt: „Was für eine Katzenhalter:in bist du eigentlich selbst? Wie trittst du nach außen auf? Bist du etwa auch so ein Schlaubi-Schlumpf?“ Herrje, ich hoffe nicht! Fakt ist: Wenn man in der Tierarztpraxis aufeinandertrifft, dann ist es sehr hilfreich, wenn man sich kennt. Und dafür braucht es Zeit.

Ich kenne meinen Tierarzt seit über 20 Jahren. Mein Vertrauen in ihn ist sehr groß, sonst wäre ich sicher nicht mit meinen plüschigen Familienmitgliedern immer noch dort. In den ganzen Jahren haben wir uns kennengelernt, und ich denke er weiß ziemlich gut, was ich im Umgang mit meinen Katzen zuhause umsetzen kann. Doch so viele Jahre hat man nicht immer zum Kennenlernen. Andersherum geht man aber auch nicht mit seiner Katze unter dem Arm zum Tierarzt und sagt: „Hallo, meine Katze ist krank, schauen sie mal. Und ich schreibe übrigens Bücher über Katzen und veranstalte selbst Seminare für Katzenhalter:innen.“ Ich persönlich habe mich deshalb bestmöglich bedeckt gehalten, mit dem was ich so alles rund um die Katze mache. Denn ich mag und schätze die „seriöse Distanz“ und wollte diesen professionellen Umgang miteinander nie gefährden. Ganz schön verzwickt.

Seit Kurzem hat sich jedoch etwas verändert, da ich meinen Tierarzt auf einer veterinärmedizinische Fachveranstaltung getroffen. Die erste Gelegenheit in über 20 Jahren sich ein Stück weit besser kennenzulernen. Über dieses für mich wirklich aufregende Erlebnis habe ich mit einigen Tierärzt:innen aus meinem Netzwerk gesprochen, da mich interessiert hat, wie sie diese Sache sehen. Das Feedback einer Tierärztin dazu ist mir besonders im Gedächtnis hängengeblieben. Sie sagte: „Waaas? Du hast nichts über deine Arbeit erzählt? ICH will wissen, was der Halter beruflich macht und auch wie intensiv er sich informiert!“ Das kann ich rückwirkend betrachtet sehr gut verstehen. Doch hier landen wir zwangsläufig wieder beim Faktor Zeit und der meist fehlenden Gelegenheit diese Informationen weiterzugeben. Und zwar auf angenehme Art und Weise, ohne dabei den „Schlaubi-Schlumpf“ herauszuholen.

Katzen und ihre Menschen haben etwas gemeinsam.

Katzenhalter:innen sind genau so individuell wie ihre Samtpfoten. Jeder von ihnen geht auf seine eigene Art mit Informationen um. Wenn sich Stress mit Sorge um das geliebte Tier vermischt, geht sicher hier und da auch noch ein Stück der kommunikativen Kompetenz verloren. Bei all den Stolpersteinen brauchen Katzen besonders dringend gut eingespielte „Katzenbesitzer-Tierarzt-Teams“, die sich gegenseitig kennengelernt haben, sich vertrauen und offen miteinander umgehen. Denn das Teambuilding gelingt nur, wenn man sich gegenseitig richtig einschätzen kann. Um das Beste für die Katze zu erreichen, ist es notwendig, dass alle Beteiligten davon ausgehen, dass ihr Gegenüber auch wirklich ebenfalls das Beste für die Katze will. Allen Zweifeln und kommunikativen Irritationen zum Trotz: Gemeinsam zum Wohle der Katze.