Sebastian Schlatter - "Die Glorreichen Sieben"

Portrait Andreas Moll
von Andreas Moll – 20.07.2017

Wie kommt ein "Fischkopp" an die Mosel? Sebastian Schlatter, der 42-jährige Elektroingenieur wollte sich 2003 ganz neu orientieren und bewarb sich deutschlandweit bei insgesamt 140 Firmen. Große Namen wie Otto-Versand, Haribo und Veltins standen auf seiner Berufswunschliste - aber eben auch die damals, vor 14 Jahren, noch blutjunge Firma Vet-Concept mit Sitz in Föhren. Sie hatte er sich lediglich ausgesucht, weil sein damaliger Hund mit dem Tierfutter sehr gut zurechtkam. "Die Adresse des Unternehmens war zu dieser Zeit nicht ganz einfach zu finden", erklärt der Wahl-Moselaner, der letztlich die Anschrift auf einem kopierten Zettel auf dem Futtersack seiner Schwarzwildbracke "Gini" fand. 

Schlatter standen beruflich sehr viele Türen offen, hätte sich im Hamburger Versandimperium seine Meriten verdienen und beim Bonner Süßigkeiten Hersteller das Europageschäft mit anschieben können. Er entschied sich jedoch für den jungen Tierfutterbetrieb. Das Vorstellungsgespräch fand bei sengender Hitze in einem Glasbüro statt und dauerte geschlagene drei Stunden, in denen in erster Linie die beiden Gründer, Anita Theis und Torsten Herz, leidenschaftlich über ihre Idee von hochwertiger und gesunder Tiernahrung sprachen. Diese Performance überzeugte den damals 28-Jährigen, der trotz des bescheidenen Einstiegsgehaltes unterschrieb und sich fortan um die Kommunikation mit den deutschen Tierärzten kümmerte, über die lediglich das Futter zu beziehen war. "Ich wusste von Anfang an, welches Potential in diesem Unternehmen schlummerte und machte mich an die Arbeit", sagt Schlatter heute. 

... und nach Feierabend wurden Weihnachtsgeschenke verpackt

Zehn Stunden täglich die Tierärzte vom Futterkonzept überzeugen, danach mit der ganzen Belegschaft Weihnachtsgeschenke für die Kunden packen, am Wochenende nach Hamburg pendeln - das machte Schlatter drei Monate mit, ehe er sich endgültig von Hamburg, Hund, Haus und Ex-Freundin verabschiedete und sich von da an der Mosel verschrieb. Schlatter machte im Unternehmen Karriere, kümmerte sich fortan zusätzlich um den Bereich Werbung-Marketing und verliebte sich Hals über Kopf in Kollegin Sandra, einer waschechten Winzerstochter von der Mosel. Während sich beruflich die Erfolge schnell einstellten, ließ die wiederum ihren Verehrer mächtig zappeln, ehe sie seinem Werben nachgab. 

14 Jahre später ...

In der Zwischenzeit ist viel geschehen. Beruflich sprechen die Kunden eine deutliche Sprache: 180.000 Stammkunden bestellen regelmäßig bei Vet-Concept. Täglich gehen 6500 Bestellungen mit Hunde- und Katzenfutter aus dem Werk in Föhren ab - zu Beginn von Schlatters Arbeit zählte man damals stolze 200 Pakete, die Tag für Tag versendet wurden. Auch die Zahl der Mitarbeiter wuchs beachtlich: waren es 2003 noch zehn Personen, so kümmern sich heutzutage 180 Personen um den reibungslosen Ablauf im Unternehmen. Die Kundenzeitschrift "Vet-Concret", die zu Anfang des Jahrtausendsnoch im eigenen Haus kopiert und selbst geheftet wurde, ist mittlerweile ein stattliches Magazin geworden, das fünfmal im Jahr von mehr als 200.000 Menschen gelesen wird. Auch privat hat sich bei Sebastian Schlatter alles zum Guten gewendet. Er hat mittlerweile seine Traumfrau geheiratet und mit ihr ein tolles Haus im Weinort Leiwen gebaut, in dem zwei Kinder, sieben Hunde, vier Hühner und etliche Fische Platz finden.

Ich spreche mal fürs Rudel: Wir fühlen uns total wohl in diesem total verrückten, lebendigen Haus.

Sam

Malinois-Mix, 10 Jahre alt

Die Glorreichen Sieben.

Sandra Schlatter ist die personifizierte Tierliebe - sie kann nicht mit ansehen, wenn es Tieren schlecht geht. Das neueste Familienmitglied bei den Schlatters ist die 14-jährige Yorkshire-Terrier-Hündin "Mandy", die den Weg über das Koblenzer Tierheim in die Familie gefunden hat. Ihr Frauchen musste ins Altersheim und konnte ihren zucker- und herzkranken Hund nicht mitnehmen. "Als ich Mandys Foto sah, war es um mich geschehen", erklärt Sandra Schlatter, die mit Hilfe einer Charmeoffensive ihrer beiden Kinder den Hausherrn schließlich überzeugen konnte. Nur fünf Wochen später tollt Mandy mit den anderen sechs Hunden wie eine Fünfjährige über die Wiesen des Römersteigs, eine der Lieblingsrunden der Familie Schlatter. Die "Glorreichen 7" bestehen übrigens aus der "Ex-Spanierin" Kara, Galgo Wilma, Greyhound Peewee, Malinois-Mix Sam, "Scheidungshund" Lilly, Aussie Leni und dem Koblenzer Neuzugang Mandy. Mit viel Liebe und Aufmerksamkeit kümmert sich die ganze Familie um die Vierbeiner, die teilweise eine schlimme Vorgeschichte haben. Gefüttert wird - wie sollte es anders sein - qualitativ wertvolles und auf die Bedürfnisse der teilweise recht betagten und kranken Hunde abgestimmtes Futter. Gut, dass der Hausherr direkt an der Quelle sitzt. 

Wo geht die Reise hin?

Seit einem Jahr lenkt Sebastian Schlatter neben den beiden Unternehmensgründern als Geschäftsführer die Geschicke von Vet-Concept. "Alles ist möglich", sagt er mit einem verschmitzen Lächeln, "wir haben einiges in der Pipeline." Vor einigen Monaten wurde ein TV-Spot gedreht, und das Thema "Bewegtbild" wird in der Zukunft eine wichtige Rolle spielen. Ebenso wie die sozialen Netzwerke; über 100.000 Tierfreunde folgen beispielsweise auf Facebook. Gerade ist der erste Concept-Store in der Innenstadt von Trier eröffnet worden, in dem sich Tierfreude in erster Linie face to face beraten lassen können. Anfangs sollte hier nichts verkauft werden, doch forderten die Kunden diesen Service. Ob es bald weitere Filialen in deutschen Städten geben wird, wird sich zeigen. Darüber hinaus fand im Juni der erste Tierernährungskongress für Tierärzte und Tierärztliche Fachangestellte an der Mosel statt - gut 400 Gäste waren an diesem Wochenende zu Gast. "Wir haben zu diesem Thema einiges zu sagen und freuen uns auf den Austausch mit den Teilnehmern. Schließlich ist die tägliche Zusammenarbeit mit den Tierärzten immens wichtig für uns", erklärt Schlatter. Ganz klar, dass zahlreiche Messen und Kongresse besucht werden, um einerseits zu zeigen, wie sich das Angebot von Vet-Concept weiterentwickelt, sich anderseits den Ernährungsfragen zu stellen und das Wissen zu teilen.

Mit Sicherheit kann man sagen, dass es wahrlich nicht langweilig wird bei den Schlatters. "Im Job ist alles möglich, hier sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt", sagt Schlatter. "Grenzen gibt es nur im eigenen Heim. Er ist sich sicher, dass ein weiterer Hund auf keinen Fall ins Haus kommt. Doch sicherlich ist hier auch das letzte Wort noch nicht gesprochen. Sandra Schlatter wird sich, wenn ein Hund gerettet werden muss, mit Sicherheit durchsetzen.