Geriatrie - wenn der Hund alt wird

Gerade war er doch noch ein Welpe und jetzt soll er schon alt sein? Im Vergleich zu unserem scheint das Leben von Hunden im Zeitraffer abzulaufen. Mit ein bis zwei Jahren sind die Vierbeiner bereits ausgewachsen, so richtig erwachsen werden manche zwar nie und doch gehören die Vertreter der Riesenrassen bereits ab einem Alter von sechs Jahren zur Seniorenklasse.

Tatsächlich beginnt der Alterungsprozess beim Hund schon sehr viel früher nämlich im Durchschnitt ab 2,15 Jahren (Kraus et al. 2013). Selbstverständlich handelt es sich bei Tieren in diesem Alter um junge ausgewachsene Hunde und keine Senioren. Aber dieses Alter stellt bei vielen Hunden einen Wendepunkt dar, denn bis zu diesem Zeitpunkt hieß älter werden vor allem wachsen, reifen und sich körperlich weiterentwickeln. Ab jetzt bedeutet älter werden eher Ab- als Aufbau.

Je größer ein Hund ist, desto schneller altert er in der Regel.

Der Alterungsprozess geht mit zunehmenden Zellschäden und einer abnehmenden Anpassungsfähigkeit einher. Der junge Hund verfügt aber noch über ausreichend Reserven und Reparaturkapazitäten, um die einzelnen Zellschäden auszugleichen. Doch die Schäden summieren sich mit der Zeit und nach einigen Jahren bekommt sie der Hund allmählich zu spüren. Wann ein Hund tatsächlich Alterserscheinungen zeigt, ist individuell unterschiedlich. Als Faustregel gilt: Je größer ein Hund ist, desto schneller altert er in der Regel. Hunderiesen können bereits mit sechs Jahren von altersbedingten Beeinträchtigungen betroffen sein. Mittelgroße Hunde zählt man hingegen erst ab einem Alter von im Durchschnitt sieben Jahren und kleine Hunde ab neun Jahren zu den Senioren. Doch dies sind nur grobe Richtwerte: Es gibt auch große Hunde, die auch noch mit zehn Jahren ihre jugendliche Frische bewahrt haben, genauso wie es leider auch kleine Hunde gibt, die relativ jung vergreisen.

Schlank bleiben!

Der Alterungsprozess ist in groben Zügen genetisch vorgegeben, doch man kann mit gesunder Ernährung, körperlichen und mentalen Training die Prozesse verlangsamen. Besonderer Bedeutung kommt der Ernährung zu. Der Energiebedarf von Seniorhunden kann bis zu 20 Prozent unter dem des jungen ausgewachsenen Hundes liegen. Erhält der alternde Vierbeiner weiter das gleiche Futter in der gleichen Menge wird er allmählich zunehmen. Hohes Übergewicht ist leider die häufigste und die am häufigsten unterschätzte Erkrankung ältere Hunde. Und ja, hohes Übergewicht ist nicht nur ein Schönheitsfehler, sondern eine Erkrankung, die schwere gesundheitliche Folgeschäden, wie zum Beispiel schmerzhafte Arthrosen, Hormonstörungen und Kreislauferkrankungen verursachen kann.

Um dieser bedeutenden „Alterserkrankung“ vorzubeugen, sollte man seinen Vierbeiner regelmäßig wiegen. So erkennt man, ob er tendenziell dicker wird und kann durch das Anpassen der Portionsgröße der schleichenden Gewichtszunahme entgegen wirken. Eine Alternative zum Kürzen der Rationen kann ein gutes Seniorfutter sein. Diese Spezialfutter sind kalorienreduziert, sodass der Hund weiterhin die gewohnte Futtermenge zu sich nehmen kann. Darüber hinaus sind ist die Zusammensetzung von guten Seniorfuttern dem veränderten Nährstoff-, Vitamin- und Mineralstoffbedarf des Hundes im Alter angepasst.

Ich empfehle regelmäßige tierärztliche Seniorenchecks, bei denen der Tierarzt gezielt nach ersten Anzeichen von Alterskrankheiten sucht. Je eher solch eine Alterskrankheit erkannt und behandelt wird, desto besser stehen die Chancen, dass der Senior sein Hundeleben trotz seines Alters in vollen Zügen genießen kann.

Barbara Welsch, Tierärztin & Wissenschaftsjournalistin

Genauso wichtig die bedarfsgerechte Ernährung ist Bewegung

Bewegung verbraucht Kalorien, wirkt dem altersbedingten Muskelabbau entgegen, erhält die Beweglichkeit der Gelenke und macht Hunden einfach riesig Spaß! Und wenn etwas lange jung hält dann Lebensfreude! Allerdings muss die Bewegung auch tatsächlich Spaß machen. Das bedeutet, der Hund sollte begeistert mitmachen. Auch Hunde haben ihre Vorlieben, während der eine sich nichts Schöneres vorstellen, als mit Frauchen zu joggen, jagt ein anderer lieber Bällchen hinterher und ein dritter verfolgt mit Eifer eine Fährte. Auf keinen Fall sollte man seinen Hundesenior ab einem bestimmten Alter vorsorglich in Watte packen, sondern lieber regelmäßig tierärztlich auf seine körperliche Leistungsfähigkeit untersuchen lassen. Wenn der Tierarzt grünes Licht gibt, darf dann auch der elfjährige Terrier noch neben dem Fahrrad herlaufen und der zehnjährige Collie weiterhin sein geliebtes Agility machen.  Noch wichtiger als beim Hund im besten Alter ist jedoch, dass man den Seniorsportler in seinem Eifer bremst, sobald er die ersten Zeichen von Überanstrengung, wie Hecheln, Kurzatmigkeit oder Nachlassen der Konzentration zeigt. Lebenswertes Alter Aber auch Tiere mit bereits eingeschränkter Leistungsfähigkeit müssen in Bewegung bleiben. Hier hat sich folgende  Faustregel bewährt: Lieber häufig wenig als selten viel. Also, lieber fünfmal eine kleine Runde als zwei Gewaltmärsche am Tag. Wer darüber hinaus den Spazierweg variiert und das Gassigehen durch kleine Spielchen, wie zum Beispiel Leckerlisuchen, Taschentuch apportieren oder anderen Kunststückchen interessant gestaltet, fördert auch die geistige Flexibilität seines Seniors.

Tatsächlich können nämlich auch alte Hunde unter einer Art „Alzheimer“ leiden. Die dafür verantwortlichen Abbauprozesse im Gehirn sind zwar nicht heilbar, aber die Auswirkungen der Krankheit können durch mentales Training und auch andere Maßnahmen wie eine angepasste Ernährung und die Förderung der Hirndurchblutung deutlich abgemildert werden. Entscheidend für das Wohlbefinden des Hundeseniors ist, dass altersbedingte Krankheiten, wie Nierenschäden, Hormonstörungen oder Herzkreislaufschwächen, früh erkannt und behandelt werden. Diese Krankheiten beginnen meist schleichend mit kaum wahrnehmbaren Symptomen, sodass man die ersten Anzeichen leicht übersehen kann. Hier ist die Aufmerksamkeit des Besitzers gefragt. Bei Veränderungen wie großem Durst und häufigem Harndrang, leichter Erschöpfbarkeit, häufiger Kurzatmigkeit oder häufigem Hecheln, Mundgeruch, unsicherem Gang oder abnehmender Bewegungsfreude, trüben Augen aber auch Verhaltensänderungen wie beispielswiese Unruhe, Schlafstörungen, Ängstlichkeit oder Reizbarkeit, sollte der Hund baldmöglichst tierärztlich untersucht werden. Darüber hinaus sind regelmäßige tierärztliche Seniorenchecks mit Blutuntersuchungen zu empfehlen, bei denen Tierarzt gezielt nach ersten Anzeichen von Alterskrankheiten sucht. Je eher solch eine Alterskrankheit erkannt und behandelt wird, desto besser stehen die Chancen, dass der Senior sein Hundeleben trotz seines Alters in vollen Zügen genießen kann.