Fehlernährung: Haarausfall und Fellfarbveränderungen bei zwei Zwergpudeln

Die Besitzerin von Mimi und Trixi, zweier 10 und 12 Jahre alter Zwergpudeldamen, kontaktierte mich und klagte über ständiges Zittern bei einem ihrer Hunde. Nach einer Untersuchung vor Ort stellte sich heraus, dass nicht nur das Zittern ein Problem war: Die beiden Hunde hatten starkes Übergewicht, das Fell war am Rücken rötlich verfärbt, und außerdem hatten sie Haarausfall, eine sogenannte Alopezie. Dieser Haarverlust war deutlich an der Schnauze inkl. Nasenrücken (Abb. 1 und 2) zu erkennen. Um die Augenpartie herum war die Alopezie so stark, dass man von einer sogenannten Brillenbildung (Abb. 1) sprechen konnte.

Diagnose

Hauterkrankungen kommen oft bei Hunden mit Gewichtsproblemen bzw. Adipositas vor. Gründe für den Haarausfall bei Hunden gibt es viele: Eine Pilzinfektion oder ein Parasitenbefall kann der Auslöser sein. Dermatophyten, fadenförmige Pilze, lösen Haarausfall bei Hunden und Katzen im Kopfbereich aus. Die betroffenen Tiere müssen nicht zwingend einen Juckreiz aufweisen. Die Therapie einer solchen Hauterkrankung / Dermatophytose setzt sich aus der topischen und systemischen zusammen. Das heisst man behandelt die kranken Hautareale direkt von außen (lokal) und aber auch durch Medikamente von innen (systemisch), sodass der gesamte Körper behandelt wird. Zuerst wird die betroffene Haut lokal mit Präparaten kuriert. Die systemische Behandlung erfolgt durch die Einnahme von Antimykotika (Medikamente gegen Pilzbefall).

Alopezie im Zusammenhang mit Juckreiz kann auf einen Parasitenbefall hinweisen. Parasiten, die auf dem Tier leben, sogenannte Ektoparasiten, wie beispielsweise Milben, Läuse oder Zecken beinträchtigen die Haut ihres Wirtes. Sie werden oberflächlich in Form von einem Shampoo oder Spray behandelt. Eine weitere Ursache für den Haarverlust kann eine Futtermittelallergie sein. 2-5 % aller Hunde zeigen eine allergische Reaktion auf einen Bestandteil eines Hundefutters. Dabei reagieren sie eher allergisch auf Eiweisse als auf Fette der Nahrung. Symptome einer Futtermittelunverträglichkeit können Erbrechen, Durchfall und Juckreiz sein. Hunde kratzen sich die Stellen bis sie kahl sind. Einzig mit Hilfe einer Eliminationsfütterung lassen sich die allergischen Reaktionen verhindern. Hauterkrankungen können aber auch mit einem Mangel oder Überschuss an Nährstoffen zusammenhängen. Chronischer Zinkmangel zeichnet sich beispielsweise durch Haarausfall und sogar Pigmentverlust (Abb. 4) im Bereich des Kopfes aus. Die Ursache eines Zink-Mangels liegt häufig bei der falschen Fütterung oder bei einem chronischen Darmleiden. Zum einen löst eine zinkarme Nahrung den Mangel aus, zum anderen kann der Grund auch sekundärer Natur sein: Phytinsäure, die vor allem im Getreide vorkommt, kann Zink aus der Nahrung binden. Eine getreidereiche Fütterung vermindert somit trotz genügend hohem Zinkgehalt im Futter, dessen Aufnahme und Verarbeitung im Körper des Hundes.

Die Fellfarbe der Hunde ist genetisch bedingt. Durch variierende Verteilung von den zwei wichtigsten Haarpigmenten, dem gelb-roten Phäomelanin und dem schwarz-braunen Melanin wird die Fellfarbe des Tieres festgelegt. Abweichungen von den typischen Farben der Rassenstandards lässt sich auf verschiedene Ursachen zurückverfolgen. Alterungsprozesse, Kastration, Hormonstörungen, Tumore der Nebenniere oder Teile des Gehirns, intensive Sonneneinstrahlung oder auf dem Fell angewandte Präparate können die Fellfarbe auf Dauer beeinflussen. Sind medizinische Ursachen ausgeschlossen worden, lassen Fellverfärbungen auf eine langjährige Mangelernährung vermuten. Tyrosin, Zink und Biotin spielen eine wichtige Rolle bei der Ausprägung der Haarfarbe. Ein Mangel dieser Nährstoffe kann zu einer rötlichen Verfärbung des Haarkleides führen. Dies wird Rotes-Fell-Syndrom (Abb. 3) genannt. Die betroffenen Tiere sind körperlich topfit, und es werden weder Juckreiz noch sonstige krankhafte Erscheinungen festgestellt.

Eine individuelle Futterrationsüberprüfung und Fütterungsoptimierung wird bei uns groß geschrieben."

Dr. Silke Hieronymus

Im Fall "Trixi und Mimi" war es auffällig, dass beide Hunde die gleichen Symptome zeigten. Da sie aus unterschiedlichen Würfen kamen, war wohl eine genetische Disposition und auch eine gleichzeitige, gleichartige Erkrankung als Ursache für die Haarverluste im Gesicht und der Fellververfärbung eher unwahrscheinlich. Daher wurde die Fütterung näher in Augenschein genommen: Die Hunde bekamen täglich 30 Gramm Reis und 100 Gramm Huhn oder Rind zu fressen. Dazu immer mal wieder etwas Nassfutter. Insgesamt ergab das einen täglichen Energiebedarf von bis zu 520 kcal, wobei die auf ihr Körpergewicht bezogene Energieempfehlung bei 220 kcal lag. Die Hunde bekamen also reichlich genug zu fressen, waren dadurch beide eher übergewichtig, erhielten aber dennoch nicht die benötigte Dosis an wichtigen Vitaminen, Aminosäuren und Spurenelementen. Denn nur durch Reis und Fleisch wurde der tägliche Nährstoffbedarf der Hunde nicht gedeckt. Die jahrelange Fehlernährung beider Hunde war für die den kahlen Stellen des Nasen- und Augenbereiches sowie die rötliche Verfärbung am Rücken verantwortlich.

Behandlung

Die Behandlung dieser Hundedamen erfolgte durch eine Umstellung der herkömmlichen, fehlerhaften Futterration auf eine ausgewogene Ernährung. Die Besitzerin füttert Trixi und Mimi immer noch Reis mit Huhn, fügte ab sofort, neben essentiellen Fettsäuren noch die benötigten Vitamine, Aminosäuren und Spuren und Mengenelemente hinzu. Mit dieser Fütterungsumstellung kann ein Nährstoffmangel gezielt behoben werden, welches die Haut- und Haarkleidprobleme der Hunde therapieren sollte.

Behandlungserfolg

Ein halbes Jahr nach dem ersten Besuch, ist ein Ansatz von wachsenden Haaren an der Schnauze erkennbar (Vergleich Abb. 1 zu Abb. 5 und 6). Die Umstellung des Futters und der künstliche Zusatz von Nährstoffen wirkte sich also optisch positiv auf beide Hunde aus. Prinzipiell hätte man aber eine noch grössere Veränderung der Haut- und Haarkleidqualität erwartet. Das Rote Fell Syndrom ist sechs Monate nach der Fütterungsumstellung immer noch sichtbar und die Pigmentflecke sind ebenfalls noch zu erkennen. Die Fehlerquelle lag in der mangelnden Konsequenz der Besitzerin, die leider nicht regelmässig das Mineralfutter, die Vitamine und die Öle dem Grundfutter zugefügt hatte. Sie war dennoch von der Veränderung der Fellqualität positiv überrascht und gelobte Besserung. Bis das Fell wieder in einem einheitlichen Braun erstrahlt und die haarlosen Stellen und Pigmentflecken ganz verschwinden, braucht es noch mehrere Monate konsequenter, ausgewogener Ernährung.