Dr. Gereon Viefhues: Eine Ära endet!

Portrait Andreas Moll
von Andreas Moll – 06.02.2023

Im Maritim-Hotel direkt am Düsseldorfer Airport treffe ich Dr. Gereon Viefhues zwischen den Jahren kurz vor dem Weihnachtsfest. Zwischen einem Vater-Sohn-Skiurlaub, einem fachlichen Austausch mit einem Anästhesiologen aus der Schweiz und der Besorgung der letzten fehlenden Weihnachtsgeschenke, schenkt mir der Tierarzt eine Stunde, um ihn zu seinen zukünftigen Plänen befragen zu können. Schließlich sind seine Tage als Geschäftsführer des AniCura Spezialistenzentrum Ahlen gezählt, er wird dann noch einige Stunden im OP stehen und darüber hinaus beratend tätig sein.

Vor dem Treffen fiel mir als aufmerksamer Nutzer der sozialen Medien auf, dass der Tierarzt sich häufiger als sonst zu Neuerungen in der Tiermedizin äußerte. So lobte er Chris Waldner, den CEO von VetStage, wegen dessen Digitalisierungsbemühungen um die ATF-Punkte in der Tierärzteschaft. Deutlich ausführlicher nennt Viefhues in einem Posting "6 Gründe für die Einführung einer Videosprechstunde in der Tierarztpraxis" und bietet allen Interessierten an, sich bei Fragen bei ihm zu melden. Und als er schließlich gleich 9 Punkte aufführte, die Tierärzt:innen helfen, die Praxiseffizienz zu steigern und sich Freiräume zu schaffen, konnte man sichergehen, dass der Mann seine freiwerdende Zeit anders nutzen würde.

Viefhues hat in den letzten Wochen und Monaten sein Arbeitsleben Revue passieren lassen und würde, wenn er noch einmal wählen könnte, wieder Tierarzt werden. "Weil ich denke, dass wir einen unglaublich spannenden, vielfältigen Beruf haben, in dem wir sehr viel bewegen können", erklärt er mit einem zufriedenen, breiten Lächeln. Er hatte es seit seiner ersten Anstellung in einer Pferdepraxis geliebt, einen weißen Kittel zu tragen und mit Leidenschaft viele, viele Stunden zu arbeiten. Anders als es heute gemacht wird, wurde er direkt ins kalte Praxiswasser geworfen, kümmerte sich zunächst um die stationären Patienten, musste sich dann schon bald in der Fahrpraxis behaupten und hatte alle Möglichkeiten, erste berufliche Erfolge zu feiern, aber auch Fehler zu machen und daraus zu lernen. "Für mich ist Arbeit immer normal, bzw. ein wichtiger Teil meines Lebens, die Work-Life-Balance habe ich nicht wirklich gespürt", erzählt der Tierarzt zurückblickend.

Gute Tiermedizin

Der Mann, der eigentlich immer nur gute Tiermedizin machen wollte, hat in den knapp 30 Jahren seiner Selbstständigkeit seine Kleintierpraxis zu einer der größten Überweisungskliniken in Deutschland entwickelt, die er schließlich im Januar 2020 an die AniCura-Gruppe verkauft hat. Sein ehemaliges Unternehmen, das im vergangenen Jahr den Klinikstatus aufgegeben hat und jetzt als Spezialistenzentrum werktäglich 14 Stunden geöffnet hat, jedoch an Wochenenden, Feiertagen und in der Nacht keinen Notdienst mehr anbietet, hatte er bis Ende 2022 als Geschäftsführer geleitet. Für seine Mitarbeitenden wollte er stets ein Vorbild sein, einer der vorangeht, Probleme anpackt und "einfach das tut, was zu tun ist"! Im Laufe der Zeit und des stetig wachsenden Teams musste er jedoch erst lernen, Verantwortung an seine Mitarbeitenden abzugeben. Dabei war es ihm wichtig, dass seine Angestellten Mut zum Risiko einbrachten und sowohl Erfolge als auch Misserfolge einkalkulierten.

Hinterlassen habe ich in Ahlen ein 130 Personen zählendes, sehr gut motiviertes Team an tierärztlichen Mitarbeitenden und Tiermedizischen Fachangestellten, das nun die Arbeit im AniCura Spezialistenzentrum unter Leitung von Dr. Stefanie Neumann weiterführen wird."

Dr. Gereon Viefhues, Ahlen

Je besser die Kommunikation, desto einfacher das Miteinander

Relativ früh schon hat sich der Praxisbetreiber die Dienste verschiedener unabhängiger Berater gesichert, die ihm Input gegeben, ihn immer wieder geerdet, von verschiedensten Positionen runtergeholt und vor allem die unangenehmen Sachen angesprochen haben. "Anfänglich hatte ich noch größere Schwierigkeiten in der Kommunikation", erklärt Viefhues, dessen relativ steife Art, einer Mischung aus den etwas zurückhaltenden westfälischen Anteilen und einer offenen rheinischen Art, bei den Kolleg:innen in der Umgebung nicht gut ankam. "Schnell habe ich aber gelernt, dass mit verbesserter Kommunikation das Miteinander deutlich einfacher wurde." Viefhues verstand, dass diesbezüglich alles perfekt laufen musste, wenn man als Überweisungsklinik erfolgreich arbeiten wollte. Und so setzte er einen seiner Schwerpunkte auf eine kollegiale Zusammenarbeit mit den überweisenden Haustierärzt:innen.

"Wir waren immer eine Ausbildungsklinik, die junge Tierärzt:innen an die Veterinärmedizin herangeführt und diese sich dann in den unterschiedlichen Sparten entwickeln zu lassen", so der Tierarzt, der stolz darauf ist, in Ahlen viele verschiedene Spezialist:innen ausgebildet zu haben. "Als Klinikchef muss man eben auch das Zutrauen haben, andere Leute aufzubauen und ihnen die Möglichkeit zu geben, sich zu entwickeln." Seine langjährige Mitarbeiterin, Dr. Stefanie Neumann, die nun die Geschäftsleitung des Spezialistenzentrums übernommen hat, nennt ihren Ex-Chef einen Visionär, der vieles, was heute modern sei, schon vor zehn, zwölf Jahren begonnen und umgesetzt habe. "Im Laufe meines Arbeitslebens habe ich gemerkt, dass ein gewisses wirtschaftliches Handeln im Sinne des Patienten wichtig ist, da nur mit einer ordentlichen wirtschaftlichen Basis Innovationen vorangetrieben werden können", so Viefhues. Hinterlassen hat er ein 130 Personen zählendes, sehr gut motiviertes Team an tierärztlichen Mitarbeitenden und Tiermedizinischen Fachangestellten, das nun seine Arbeit in Ahlen weiterführen wird.

Was bringt die Zukunft?

Gereon Viefhues hat in Zukunft sicherlich viel mehr Zeit, die er jedoch nicht im heimischen Schaukelstuhl verbringen möchte. Er wird die Erfahrungen, die er in seiner langen, erfolgreichen Karriere gemacht hat, an junge Kolleg:innen weitergeben. "Ich bin sicher, dass ich Tierärzt:innen, die eine Praxis gegründet oder übernommen haben, als Sparringspartner dienen und mit den jungen Kolleg:innen eine Struktur erarbeiten kann", erklärt der erfahrene Tierarztunternehmer, der natürlich auch Kolleg:innen beim Praxisverkauf mit Rat und Tat zur Seite stehen kann. Darüber hinaus investiert Viefhues in Form eines Business Angel in verschiedene Projekte der Tiermedizin. "Es ist total spannend, in ganz neue Welten einzutauchen."

Spaß macht dem Tierarzt auch die Arbeit des Dessauer Zukunftskreises, bei dem ganz verschiedene Menschen zusammenkommen, um Tiermedizin neu, bzw. weiter zu denken. "Das ist jedes Mal ein unglaublich spannender Austausch auf Augenhöhe", erklärt Viefhues nicht ohne auf den 16. Februar 2023 hinzuweisen, wenn der DZK mit der FuturaVet 2023 eine Onlinefortbildung zum Leitthema Mensch-Tier-Beziehung organisiert. Bei diesem zukunftsweisenden Fortbildungsformat geht es um das Wohl der Tiermedizin und ihr Standing in der Gesellschaft.

Der Ruhestand, da bin ich mir sehr sicher, kommt für Gereon Viefhues noch lange nicht in Frage. Ich würde mich freuen, wenn er sich in viele neue Welten einarbeitet und an dieser Stelle darüber berichten wird.