10 Jahre Dessauer Zukunftskreis!

Portrait Andreas Moll
von Andreas Moll – 01.03.2022

Sein zehnjähriges Bestehen feiert der Dessauer Zukunftskreis im August 2022. Eine Dekade setzt sich bereits die unabhängige interdisziplinäre Interessen- und Arbeitsgruppe für die Veterinärmedizin ein. Der vornehmlich aus Veterinärmediziner:innen aus Praxis, Industrie und Wissenschaft bestehende DZK hat sich zum Ziel gesetzt, Chancen und Risiken der Tiermedizin zu analysieren, sowie Perspektiven und Lösungen für die Zukunft zu erarbeiten.

Weltkulturerbe Wörlitzer Park

Zu einer ausgiebigen Hunderunde luden mich zwei der Gründungsmitglieder, Dr. Julia Henning und Hubertus Keimer, nach Wörlitz in Sachsen-Anhalt ein. Das Wetter an diesem Februartag spielte nicht mit, daher konnte sich der Wörlitzer Park, der in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts geschaffen wurde, nicht in seiner ganzen Pracht entfalten. Der heute zum Weltkulturerbe zählende Park nach englischem Vorbild lockte schon immer die Menschen an, nicht nur Persönlichkeiten aus aller Welt. Fürst Franz von Anhalt-Dessau wollte die Anlagen von Beginn an für jedermann und -frau zugänglich machen. Auf der Hunderunde erklärten mir beide, dass sie sich in Wörlitz vor gut zehn Jahren Henning, Keimer und einige mit engagierten Kolleg:innen getroffen haben, um den Dessauer Zukunftskreis zu gründen, Tiermedizin weiter zu denken und zukunftsfähig zu halten.

Who is who?

Dr. Julia Henning setzt bereits seit mehr als 20 Jahren mit der Firma Vetion.de Online-Fortbildungen für Tierärzt:innen, Landwirt:innen, Züchter:innen und Tierhalter:innen erfolgreich um. Gemeinsam mit der Akademie für tierärztliche Fortbildung (ATF) betreibt Vetion.de das Fortbildungsportal MyVetlearn.de. Hubertus Keimer, der seit 25 Jahren in der Tiergesundheit tätig ist, war damals Leiter der Businessunit Tiergesundheit der Impfstoffwerke Dessau Tornau (IDT) in Dessau. Heute ist er Geschäftsführer für Marketing und Sales des Veterinärlabors Laboklin in Bad Kissingen. Einige Jahre zuvor hatte die Tierärztin im Rahmen eines gemeinsamen Projektes Hubertus Keimer kennengelernt, der damals als Verkaufsleiter für Boehringer Ingelheim Vetmedica tätig war. Später haben sich die beiden ehrenamtlich bei der Berufsinformationsveranstaltung Vets Up engagiert, die an den veterinärmedizinischen Bildungsstätten in Berlin, München, Gießen und Leipzig die die Vielfalt des tierärztlichen Berufes vorgestellt hatte.

Besonders stolz sind wird, dass auf Initiative des DZK im Wintersemester 20/21 gelungen ist, an der Veterinärmedizinischen Fakultät (VMF) der Universität Leipzig einen Wahlpflichtkurs Digitalisierung in der Veterinärmedizin zu etablieren."

Hubertus Keimer

Gründung des DZK

Die ersten Gespräche zur Gründung eines Diskussionskreises wurden 2011 auf dem Rhein geführt. Der Bundesverband Praktizierender Tierärzte (bpt) hatte seine Jahrestagung in Mainz veranstaltet und als besondere Attraktion einen Rheindampfer gemietet, auf dem gemeinsam gefeiert wurde. "Wir standen in einer engagierten Gruppe von Tierärzt:innen aus Praxis und Industrie auf dem Schiff zusammen und sprachen über die Themen in der Tiermedizin, die wir für verbesserungswürdig erachteten", erinnert sich Hubertus Keimer. "Wir diskutierten mit Dr. Birgit Schulte, Roland Börner, Dr. Winfried Schmidt, Dr. Martin Schäfer, Felix von Hardenberg und Dr. Fabian von Manteuffel darüber, dass man in der Branche vom Lamentieren zu lösungsorientierten Vorschlägen kommen müsste.“ Folgende Themen standen sofort zur Diskussion: bereits den Studierenden das Thema Praxismanagement näher zu bringen; ebenso das Thema Mitarbeiterführung und Betriebswirtschaftslehre. Das war der Moment der Geburtsidee des Dessauer Zukunftskreises, der jedoch erst knapp ein Jahr später ganz offiziell gegründet wurde, als Hubertus Keimer durch seinen Wechsel zur IDT mit seiner Familie nach Wörlitz gezogen war.

Im September 2012 war es dann endlich soweit. Im Wörlitzer Gartenreich, das sowohl Biosphärenreservat als auch Weltkulturerbe ist, fand das erste DZK-Treffen mit knapp 20 Tierärzt:innen statt. „Wir wollten von Beginn an Impulse für den Berufsstand geben und Tools entwickeln, die unseren Kolleg:innen in der Praxis helfen, erfolgreich zu arbeiten und bestehende Probleme zu lösen“, fassen Henning und Keimer zusammen. Die Themen lagen auf dem Tisch und warteten darauf, im Zukunftskreis besprochen zu werden. Dafür trifft man sich nach wie vor zweimal im Jahr für ein Wochenende, lädt Referent:innen zu hoch aktuellen Themen ein, wie z.B. internationale Gruppen, Digitalisierung und Personalführung in der Praxis sowie die Notwendigkeit von Ziel- und Mitarbeitergesprächen. Es folgen spannende und konstruktive Diskussionen. Am Ende eines jeden Treffens wird dann entschieden, was in welcher Form umgesetzt werden soll. Die Ergebnisse werden dann u.a. auf der Webseite des DZK veröffentlicht.

Studie unter 800 Tiermedizin-Studierenden

"Als eine der ersten Projekte haben wir unter der Schirmherrschaft der Firmen IDT und Heel eine Umfrage bei gut 800 Studierenden von der Firma iConsult durchführen lassen, denn wir wollten wissen, mit welchen Erwartungen junge Menschen in dieses Studium gehen und ob diese auch tatsächlich erfüllt werden", erklärt Henning. "Wichtig war uns vor allem, in welcher Weise das Studium auf den zukünftigen Beruf vorbereitet." Die Studienergebnisse zeigten, dass Nachwuchssorgen für den tierärztlichen Beruf nicht unberechtigt waren, die Gründe jedoch Ansatzpunkte für mögliche Lösungen boten. Gelernt hatte man außerdem, dass gerade die angehenden Studierenden rechtzeitig ein umfassendes und praxisnahes Bild ihres zukünftigen Berufes benötigen. "Wir haben herausgefunden, dass gut ein Drittel aller Studierenden sich bereits in der sechsten oder siebten Klasse für das Tiermedizin-Studium entscheiden", ergänzt Henning.

In der Folge wurde die Broschüre "Tiermedizin: Ein Beruf – Viele Perspektiven – Unzählige Möglichkeiten" erarbeitet und produziert, die sich an Schüler:innen und Studierende richtet. Hier wird einerseits über die Vielfalt der beruflichen Möglichkeiten für Tierärzt:innen und andererseits über das Studium, Perspektiven, Rahmenbedingungen und Karrierechancen informiert. In Kombination mit einem persönlichen Eignungstest und verschiedenen informativen Links ist eine Informationsbroschüre entstanden, die einerseits online abrufbar ist (www.beruftierarzt.de) und über Berufsmessen, Arbeitsämter und Universitäten an den Nachwuchs verteilt wird.

Wir wollten von Beginn an Impulse für den Berufsstand geben und Tools entwickeln, die unseren Kolleg:innen in der Praxis helfen, erfolgreich zu arbeiten und bestehende Probleme zu lösen.“

Dr. Julia Henning und Hubertus Keimer

Wahlpflichtkurs Digitalisierung in Leipzig

Die Themen, die innerhalb der vergangenen zehn Jahre vom DZK „bearbeitet“ wurden, sind vielfältig. Im Laufe der Zeit hat sich der DZK mit den Themen Personalknappheit im Praxisalltag und möglichen Gegenmaßnahmen beschäftigt. Heraus kamen einige Leitfäden, die sich mit Stellenanzeigen, Auswahlgesprächen, Einarbeitungsplänen und langfristiger Personalentwicklung befassen. Die Leitfäden sowie die thematisch passenden Sonderdrucke stehen auf der Webseite des DZK zur Verfügung und können kostenfrei heruntergeladen werden.

„Besonders stolz sind wir darauf, dass es auf Initiative des DZK gemeinsam mit dem Studiendekan Prof. Johannes Seeger und dem Dekanat der Veterinärmedizinischen Fakultät (VMF) der Universität Leipzig im Wintersemester 20/21 gelungen ist, an der einen Wahlpflichtkurs Digitalisierung in der Veterinärmedizin zu etablieren“, erklärt Hubertus Keimer. Der erste Wahlpflichtkurs dieser Art an einer veterinärmedizinischen Bildungseinrichtung in Deutschland überhaupt.

Julia Henning und Hubertus Keimer versprechen am Ende eines des Gespräches, dass die Mitglieder des DZK die Zukunft der Tiermedizin weiter fest im Blick haben werden. Im Fokus des Jubiläumstreffens am 1. September 2022 in Wörlitz steht daher das Thema „Versorgungslücken durch Tierärztemangel“. Der DZK freut sich, die Ergebnisse zu diesem Thema dann auf der bpt-Jahrestagung und dem DVG-Kongress vorzustellen.