Tennis-Bundestrainerin Barbara Rittner - "Ruhe!"

Portrait Andreas Moll
von Andreas Moll – 28.09.2015

Melbourne, Paris, London, New York - was sich anhört wie ein schlechter Popsong aus den 90er Jahren, bedeutet jedoch für Barbara Rittner, die Bundestrainerin der deutschen Tennisdamen, Alltag. Und das bereits seit Jahrzehnten. Richtig gelesen. Im Alter von gerade mal 15 Jahren entwertete sie erstmalig das Ticket der weltweiten Tennistournee, reiste mit Vater Karl von Turnier zu Turnier, sammelte Weltcuppunkte und spielte sich stetig nach oben. Platz um Platz. Als Topplatzierung steht der 24. Rang aus dem Jahr 1993 in den Annalen. Zu diesem Zeitpunkt spielte die in Krefeld geborene Rittner längst für das deutsche Nationalteam und holte gemeinsam mit Steffi Graf und Anke Huber die Weltkrone des Damentennis.

Das letzte Match

Ganz trocken berichtet die heute 42-jährige Sportlerin über ihr letztes Match, das sie im Jahr 2004 gegen die aus Montpellier stammende Séverine Beltrame verlor. Sang- und klanglos und von Schmerzen und Blessuren geplagt. Zwischen den beiden Sätzen erzählte sie einer mitgereisten Freundin: "Du, das ist übrigens heute mein letztes Einzel!" Die Zeit war einfach gekommen. Selbst gefühlt, selbst entschieden und selbst umgesetzt. Und mit der gleichen Klarheit setzte sie auch ihren neuen Job als Verantwortliche für das deutsche Damentennis um. Schritt für Schritt. Anfänglich mit 70 Reisetagen jährlich, zuletzt war sie jeden zweiten Tag im Jahr im Auftrag des Deutschen Tennisbundes on the road. Das Hauptaugenmerk richtet sie dabei auf ihre Top-Schützlinge Kerber (9), Petkovic (17), Lisicki (27), Beck (43) und Barthel (47). Wann hat es das schon einmal gegeben, dass gleich fünf Spielerinnen unter den Top 50 der aktuellen Weltrangliste zu finden sind. Irgendetwas muss die Trainerin Rittner wohl richtig machen - findet die richtige Balance zwischen Nähe und Distanz, pflegt einen konstruktiven Austausch mit den Heimtrainern und weiß, wann sie sich zurücknehmen muss. "Ich kenne die Mädchen, seitdem sie 15 Jahre jung sind", sagt sie, "da hat sich eine gehörige Portion Vertrauen aufgebaut!" Der Druck auf die Tennisasse ist so groß, so dass unter diesem die selbst gesteckten Ziele nicht erreicht werden. So wie jüngst bei der Niederlage im Fed-Cup-Halbfinale in Russland. In solchen Momenten steht die 42-Jährige zu ihren sportlichen Entscheidungen, stellt sich vor ihr Team, schützt ihre Spielerinnen und spricht, bzw. schreibt ein Machtwort ("Verloren und doch gewonnen - an Erfahrung"). "Vielleicht klappt es ja bei Olympia 2016 in Brasilien. Da kann ich mir gut vorstellen, dass eines der Mädchen eine Medaille mit nach Hause bringt", prophezeit die Trainerin.

In Kürze stehen übrigens Vertragsverhandlungen an. Das Präsidium des DTB ist mit der Arbeit und dem Einsatz Barbara Rittners mehr als zufrieden. Und so wird die Zusammenarbeit wohl noch eher ausgebaut und die Kooperation in eine Festanstellung umgewandelt. "Ich fühle mich in Stuttgart, wo sich das Leistungszentrum des DTB befindet, total wohl", sagt die erfolgreiche Trainerin, "vor allem, da ich auch mein privates Glück in der schwäbischen Metropole gefunden habe!"

Ich spüre genau, wenn Barbara auf dem Sprung ist. Da will ich mit. Zur Vorsicht lege ich mich schon frühzeitig in die schwarze Hundetasche. Sicher ist sicher.

Sophie

Jack-Russel-Terrier, 14,5 Jahre

Die Hunderunde am Rhein

Die attraktive Blondine wirkt trotz des eng gesteckten Terminplanes sehr gelassen. Kurz vor einer PR-Veranstaltung in Berlin nimmt sie sich Zeit für eine ausgedehnte Hunderunde am Rhein. Bestimmt wird diese von der vierzehneinhalb Jahre alten Jack-Russell-Terrier Dame "Sophie", die aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters nicht mehr ganz so gut hört. Mit lautem Klatschen und ausladenden Gesten kann sich ihr Frauchen jedoch nicht nur bemerkbar machen, sondern auch Kommandos geben, die je nach Lust, Laune, Tageszeit und Wetter befolgt werden. Heute jedoch werden die Kräfte gespart, denn schließlich fliegt Sophie mit als Handgepäck in die Hauptstadt. Der Hund hat in den letzten Jahren mehr Flugmeilen gesammelt als eine durchschnittliche deutsche Amateur-Fußballmannschaft, durfte er doch stets mit, wenn in den Metropolen der Welt die Filzkugeln über die Netze geschlagen wurden. So konnte Sophie dann auch regelmäßig ihr "Ur-Frauchen" sehen, die ehemalige Weltranglistenerste Martina Navrátilová. "Martina ist eine Hunderetterin", erklärt Rittner, "Anfang der 2000er Jahre nannte sie zwischenzeitlich 17 Hunde ihr eigen." Sophie hatte sie in den Straßen Londons gefunden, aufgepäppelt und schließlich an ihre Tenniskollegin weitergegeben. Die musste sich nach dem Liebesaus nicht nur von Ex-Mann Mike Diehl, sondern auch vom gemeinsamen Schäferhund trennen. "Dann begegnete ich Sophie und verliebte mich auf den ersten Blick", weiß die Hundefreundin zu berichten. Heute jedoch sind gemeinsame Treffen äußerst selten, denn Sophie darf nur noch bei den Inlandsflügen mit, und die "Navratilova" kommentiert für einen großen amerikanischen Sportkanal nur die großen internationalen Turniere. Dafür fühlt sich Sophie im Tennisleistungszentrum in Stuttgart sauwohl, wird dort von der Küchenchefin liebevoll "gemästet" und darf bei den Trainingseinheiten unter der Trainerbank Platz nehmen.

Apropos Stuttgart. Es gibt soviel zu erzählen, dass die Tennistrainerin zu einer weiteren Hunderunde einlädt. "Beim nächsten Mal wird's dann aber eine schwäbische Hunderunde." Und mal sehen, ob es nach der Stuttgarter Runde auch eine in Melbourne, Paris, London und New York gibt.