TV-Moderatorin Bettina Böttinger - "B. schnuppert"

Portrait Kathrin Rindfleisch
von Kathrin Rindfleisch – 12.08.2015

Eigentlich fährt sie lieber Fahrrad, „weil das schneller geht“. Aber heute haben wir Glück: heute geht Bettina Böttinger mit uns zu Fuß. Zusammen mit ihrem Rauhaardackel Finchen gehen wir eine Runde durch den Volksgarten in der Kölner Südstadt. Und gleich zu Beginn müssen wir dann doch ganz schnell sein, auch ohne Rad. Grund sind die „schrecklichen Helikoptereltern“, die Bettina Böttinger die Flucht ergreifen lassen. So flüchten wir von unserem Treffpunkt am Spielplatz in Richtung Rosengarten. Und werden entspannter, mit jedem Schritt ein bisschen mehr. Der unnachahmliche Effekt des Spazierengehens, der beim Menschen genauso einsetzt, wie beim Hund.

Dackeldame Finchen ist auf dieser Runde immer dann zufrieden, wenn wir in Bewegung sind. Die kurze Pause auf der Wiese und auch das Bier im Anschluss sind für sie ganz offensichtlich unnötige Zwischenstopps, die geräuschvoll zu beenden sind. Wie gut, dass Frauchen Böttinger ihre Sprache versteht. Und sie scheinbar auch spricht: hört Finchen doch genau, wenn Frauchen befiehlt. Bettina Böttinger spricht dackelisch. Hört man ihre Dackel-Historie, scheint das nicht verwunderlich: schon ihre beiden Onkel hatten Dackel. So teilte sie als kleines Kind mit Dackel Ronny den doppelten Hundekuchen von Latz – Momente, die zusammen schweißen. Ein Leben ohne Dackel? Unvorstellbar! Die, wie sie selbst sagt, „frühkindliche Prägung“ sorgt mit der 4-jährigen Finchen nun schon in der 3. Generation für treue Begleitung auf kurzen Beinen. Einen Dackel allerdings hätte ich ihr noch mehr untergejubelt, doch ein trockenes „Die halten ja so lang!“ hilft mir geschickt aus der Fettnäpfchen-Falle. Und so ganz nebenbei spüre ich an meiner eigenen – geretteten – Haut, wieso diese Frau schon so lange erfolgreich talkt: sie gibt Acht. Auf sich, aber vor allem auf ihr Gegenüber.

Auf die Frage nach dem Geheimnis ihres WDR-Kult-Talks Kölner Treff, den sie 2016 schon 10 Jahre moderiert, wird dann auch klar: das ist kein Zufall, sondern Konzept. Ihr ganz persönliches nämlich. Bettina Böttinger ist gerne Gastgeberin. Und wenn sie zu Hause Gäste hat, möchte sie, dass die sich wohl fühlen. Darum würde sie niemals jemanden bloßstellen. Und sie würde ihn schützen, falls jemand anders das versucht. Eine Haltung, die sie als Gastgeberin ihrer Talkrunde genauso beherzigt. Ebenso wie die Art, sich auf Gäste vorzubereiten, gekühltes Bier und guten Wein bereit zu haben, ein leckeres Essen zu kochen und sicher zu stellen, dass es zwischen den Gästen einen Anknüpfungspunkt gibt. Beim WDR gibt es für Böttingers Gäste Winzerwein aus der Pfalz, sie bereitet sich auf jeden ihrer Gäste sehr gut vor und findet unter ihnen unerwartete Gemeinsamkeiten.

Eigentlich ist Bettina ja ganz OK. Eigentlich.... Nervig ist nur, dass sie sich für eine wahnsinnig gute Dackelversteherin hält. Dabei lässt ihr dackelisch echt zu wünschen übrig. Und dann immer diese Befehle! Komm! Sitz! Platz! Ich mach Platz, wenn ich das will! Gut... lecker Essen hat sie immer am Start. Und morgens wird immer gekuschelt. Das liebe ich! Also, wenn ich`s mir recht überlege: es hätte mich auch schlechter treffen können...!

Finchen

Rauhaardackel, 4 Jahre

Eine erwartete Gemeinsamkeit zwischen uns: Hunde! Sie entdeckt den damals noch unbekannten Martin Rütter auf einer Hundewiese in Erftstadt und löst Anfang 2000 mit "Eine Couch für alle Felle" als Ideengeberin und Produzentin den Hundeboom aus, der bis heute ungebrochen ist. Bettina Böttinger, Journalistin, Talk-Queen und Frau mit Ideen für neue Konzepte, die sich Mitte der Neunziger gegen die gute Position beim WDR und damit gegen eine sichere Rente und für eine ungewisse, aber selbstgestaltete Zukunft entschied. Ihre Entscheidung war richtig. Das weiß sie heute. Würde sie es denn wieder so machen? Beim Kölsch im Hellers Volksgarten nach einer Stunde Hunderunde kommt die Frage auf, wie man in Zeiten von YouTube, Facebook, Blogs und Co. erfolgreich `Was mit Medien` macht. Die nächsten 20 Jahre.

Finchen versteckt sich im Efeubusch, wohl wissend warum. Denn da ist es wieder, das Gesicht, das sich zuletzt vor einer Stunde gezeigt hat, beim Thema Helikoptereltern. Froh sei sie, dass sie in ganz anderen medialen Zeiten gestartet sei. Fernsehsendungen würden zwar auch heute geschaut, da habe sich nur das Medium geändert, insgesamt sei aber alles viel schnelllebiger und damit oberflächlicher. Objektive Berichterstattung weiche einem Meinungsjournalismus, weil das allgemeine politische Interesse immer mehr verloren gehe. Das persönliches Wohlergehen stehe im Vordergrund und es erschrecke sie, wie bequem viele ihre Selbstverantwortung aufgeben. Die so gestärkte Manipulationsmacht großer Unternehmen und Staaten sehe sie sehr pessimistisch.

Bettina Böttinger engagiert sich seit Jahren für das, was sie bewegt: die Aids-Hilfe, die Lobby für Mädchen in Köln, burundikids und die Frauenrechtsorganisation medica mondiale.

Eine gute Gastgeberin, so habe ich heute erfahren, möchte, dass es ihren Gästen gut geht. Ich möchte, dass Finchen wieder aus dem Efeubusch herauskommt. Nach dem leidenschaftlichen Aufruf für mehr Interesse und Selbstverantwortung, möchte ich von Bettina Böttinger wissen, ob es etwas gibt, was sie weniger pessimistisch stimmt, etwas, worüber sie sich freut. Für die Liebeserklärung, die daraufhin folgt, kann ich nichts: Hunde! Ein Hund sei für sie ein Symbol der ungeteilten Lebensfreude. Verbunden und treu nähmen sie nichts krumm, seien meistens gut gelaunt und gäben wahnsinnig viel zurück.

Finchen kommt unter dem Tisch hervor und dackelt um Frauchens Beine herum. Sie will jetzt los, genug gesessen. Bettina Böttinger verabschiedet sich, ihr „Helikoptereltern-Gesicht“ ist verschwunden und spiegelt jetzt die Freude dessen wider, was sie außerdem noch glücklich macht: freundliche Gesten, empathische Menschen und solche, die füreinander einstehen.