Omega-3-Fettsäuren in der Tiergesundheit

Omega-3-Fettsäuren sind essenzielle Nährstoffe, die für zahlreiche körperliche Prozesse eine entscheidende Rolle spielen. Säugetiere sind auf eine Aufnahme bestimmter Omega-3 Fettsäuren über die Nahrung angewiesen, um lebenswichtige Funktionen aufrechtzuerhalten. Studien zeigen, dass eine zusätzliche Zufuhr über den Grundbedarf hinaus nicht nur gesundheitliche Vorteile bietet, sondern auch ein therapeutisches Potenzial birgt. Während ihr Nutzen in der Humanmedizin verstärkt erforscht wird, wird er bei Tieren bisher oft unterschätzt. Dabei zeigt die Wissenschaft immer deutlicher, dass nahezu jedes Tier von einer gezielten Omega-3-Versorgung profitieren kann.
Fett ist ein essenzieller Grundbaustein
Fettsäuren sind essenzielle Bausteine von Zellmembranen und zentrale Akteure im Stoffwechsel. Sie dienen nicht nur als Energiequelle, sondern sind auch Ausgangsstoffe für eine Vielzahl biologisch aktiver Moleküle. Besonders relevant sind die reaktionsfreudigen mehrfach ungesättigten Fettsäuren, die in Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren unterteilt werden.
Diese unterscheiden sich in ihrer biochemischen Funktion und beeinflussen zahlreiche physiologische Prozesse.
Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren: Funktionelle Gegenspieler?
Beide, Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren, sind für Säugetiere essenziell, müssen also zwingend über die Nahrung aufgenommen werden. Ein Mangel führt zu schwerwiegenden Beeinträchtigungen lebenswichtiger Körperfunktionen und kann zu chronischen Haut- und Fellstörungen, Verdauungsproblemen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, degenerativen Augenerkrankungen und Allergien führen [1]. Aus diesem Grund sollten sie nicht lediglich als ergänzende Nährstoffe betrachtet werden, sondern als entscheidende Bestandteile einer guten Gesundheit.
Die wichtigsten Vertreter der Omega-6 Fettsäuren sind Linolsäure (LA) und Arachidonsäure (AA). LA kommt in höheren Mengen in Pflanzenölen, wie Sonnenblumenöl, vor und spielt eine wichtige Rolle bei der Aufrechterhaltung der epidermalen Permeabilitätsbarriere [2-4] und ist ein Vorläufer von AA [5]. AA ist überwiegend in tierischen Fetten vorhanden und wird in entzündungsfördernde Eicosanoiden umgewandelt [6-8]. Damit ist AA ein Bestandteil der Immunregulation.
Die bedeutendsten Omega-3-Fettsäuren sind Alpha-Linolensäure (ALA), Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA). ALA ist in pflanzlichen Ölen wie Lein- und Chiaöl enthalten und dient als Vorstufe für EPA und DHA. DHA hate eine Schlüsselrolle in der Entwicklung und Funktion des Nervensystems, insbesondere in Gehirn und Auge [9]. EPA wirkt als eine Art Gegenspieler zu Omega-6 Fettsäuren vornehmlich entzündungshemmend, indem es die Synthese entzündungsfördernder Mediatoren reduziert und stattdessen entzündungsauflösende Resolvine und Protectine produziert [7, 8]. Beide, EPA und DHA, sind in relevanten Mengen ausschließlich in marinen Quellen zu finden. Ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Omega-6- und Omega-3-Fettsäuren ist entscheidend, um entzündliche Prozesse zu regulieren und eine optimale physiologische Funktion aufrechtzuerhalten.
Darum ist eine direkte Fütterung von EPA und DHA effektiver
EPA und DHA sind, anders als ALA, direkt bioverfügbar. ALA muss im Körper erst in EPA und DHA umgewandelt werden [8] (siehe Abbildung 2). Dieser Prozess ist jedoch ineffizient und variiert stark zwischen den Spezies. Hunde und vermutlich auch Pferde können ALA in gewissem Maße zu EPA umwandeln. Ob ihre Leber DPA effizient in DHA konvertieren kann, ist unklar und geschieht, wenn überhaupt, nur in sehr geringem Umfang [10]. Katzen besitzen keine oder nur eine eingeschränkte Enzymaktivität für die Umwandlung von ALA in EPA oder DHA und müssen diese daher direkt über die Nahrung aufnehmen [8, 11]. Die Umwandlung von ALA in langkettige Omega-3-Fettsäuren, sofern überhaupt möglich, ist also mit erheblichen Verlusten verbunden. Die direkte Aufnahme von EPA und DHA ist demnach eine effektivere Möglichkeit zur Deckung des Bedarfs.
Omega-3/Omega-6 Verhältnis
Im Zusammenhang mit einer gesunden Ernährung wird häufig über ein ausgewogenes Omega-3/Omega-6-Verhältnis gesprochen. Humane Studien wie die Lyon Diet Heart Study und die GISSI-Prevenzione-Studie belegen, dass eine erhöhte Zufuhr von Omega-3-Fettsäuren und damit ein niedrigeres Omega-3/Omega-6-Verhältnis mit einer reduzierten Mortalität und verringertem Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen einhergeht [12, 13]. Ein hoher Omega-6-Konsum hingegen wird mit einem erhöhten Risiko für Arthritis, Atherosklerose und bestimmte Krebsarten in Verbindung gebracht [14-18]. Auch in Hunden und Katzen haben wir Hinweise, dass sich ein niedrigeres Omega-6/Omega-3-Verhältnis günstig auf die Gesundheit auswirkt [19-21].
Basierend auf den bisherigen Erkenntnissen gibt es keine einheitliche Empfehlung für das optimale Omega-6/Omega-3-Verhältnis für Haustiere. Für Hunde und Katzen wird nach neueren Forschungserkenntnissen aber ein Verhältnis von unter 10:1 als erstrebenswert angesehen, sofern die Versorgung mit LA sichergestellt ist [22]. Ein entscheidender Faktor ist, dass Omega-6 und Omega-3-Fettsäuren um dieselben Enzyme konkurrieren, die für ihre Umwandlung in bioaktive Metaboliten benötigt werden. Da Omega-6-Fettsäuren bevorzugt von diesen Enzymen in AA umgewandelt werden, kann eine übermäßige Zufuhr nicht nur entzündungsfördernde Prozesse verstärken, sondern auch die enzymatische Umwandlung von ALA in EPA und DHA hemmen [7, 23]. Mit Ausnahme von fleischfressenden Säugetieren wie Katzen, die nur eine Enzymaktivität besitzen, beeinflussen demnach sowohl die relative als auch die absolute Menge an ALA und LA direkt die Umwandlungsrate in EPA, DHA und AA, wie in in-vitro-Studien gezeigt wurde [7, 8].

Omega-3-Fettsäuren sind für viele physiologische Prozesse unverzichtbar. Angesichts der modernen Ernährungsbedingungen ist eine Supplementierung oft sinnvoll, um ein gesundes Omega-6-zu-Omega- 3-Verhältnis zu erreichen."
Darum ist eine Supplementierung von EPA und DHA bei Haustieren i.d.R. sogar notwendig
Die Produktion und Nutzung von Omega-6-reichen Inhaltsstoffen hat in der Tierernährung stark zugenommen. Durch entsprechende Mindestanforderung nach Association of American Feed Control Officials (AAFCO) und National Research Council (NRC) besteht in kommerziellen Futtermitteln mit ausreichendem Rohfettgehalt kaum ein Risiko für einen Omega-6-Mangel [22]. Im Gegenteil enthalten viele Futtermittel überhöhte Mengen an Omega-6-Fettsäuren [24]. Auch Pferde bekommen über Raufutter in der Regel ausreichend Omega-6, sodass eine zusätzliche Zufuhr nicht erforderlich ist [25, 26].
EPA und DHA sind im Futter oft unterrepräsentiert
Während Omega-6-Fettsäuren in vielen Tierfuttermitteln reichlich
vorhanden sind, sind die langkettigen Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA in
der Ernährung von Hunden, Katzen und Pferden meist unzureichend
enthalten. Der Omega-3-Index, der den prozentualen Anteil von EPA und
DHA in den roten Blutkörperchen misst, ist ein anerkannter Marker für
den Omega-3-Status [27, 28].
Beim Menschen wird ein Omega-3-Index von ≥ 8 % als optimal für einen präventiven Schutz angesehen, wohingegend Werte unter 4 % mit einem erhöhten Krankheitsrisiko assoziiert sind [29]. Obwohl die optimalen Schwellenwerte für Haustiere noch nicht eindeutig definiert sind, liefert der Vergleich mit dem menschlichen Omega-3-Index wertvolle Hinweise darauf, dass auch bei Hunden, Katzen und Pferden ein niedriger EPA- und DHA-Spiegel ein potenzielles Gesundheitsrisiko darstellen könnte. Bisherige Untersuchungen zum Omega-3-Index in Hunden, Katzen und Pferden zeigen zwar eine hohe Variabilität innerhalb der Spezies [41], belegen jedoch gleichzeitig, dass der Anteil an EPA und DHA in den meisten Tieren niedrig ist und häufig weit unter dem angestrebten 8 %-Wert im Menschen liegt (siehe Tabelle 2).
Da eine ausreichende Versorgung mit EPA und DHA über das normale Futter meist nicht gewährleistet werden kann, ist eine gezielte Supplementierung erforderlich, um das Omega-6/Omega-3-Verhältnis zu optimieren und den Omega-3-Index anzuheben.
Sicherheit und Nebenwirkungen
Omega-3-Fettsäuren gelten als sicher und gut verträglich für Hunde, Katzen und Pferde, können jedoch in hohen Dosen die Blutgerinnung beeinflussen und die Thrombozytenfunktion beeinträchtigen [30, 31]. Es gibt zudem Hinweise auf eine mögliche Beeinträchtigung der Immunfunktion sowie Veränderungen im Glukose- und Lipidstoffwechsel [1] . Da mehrfach ungesättigte Fettsäuren anfällig für Lipidperoxidation sind, wird eine ausreichende Versorgung mit Antioxidantien, insbesondere Vitamin E, empfohlen. Wechselwirkungen mit Medikamenten wie Nicht-steroidalen Entzündungshemmern (z. B. Carprofen) oder Thrombozytenaggregationshemmern (z. B. Clopidogrel) könnten die Blutstillung beeinträchtigen und sollten tierärztlich abgeklärt werden [32]. Insgesamt überwiegen die gesundheitlichen Vorteile einer gezielten Omega-3-Supplementierung deutlich, sofern sie bedarfsgerecht dosiert und individuell angepasst wird.
Fazit
Omega-3-Fettsäuren sind für viele physiologische Prozesse unverzichtbar. Angesichts der modernen Ernährungsbedingungen ist eine Supplementierung oft sinnvoll, um ein gesundes Omega-6-zu-Omega-3-Verhältnis zu erreichen. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass Tiere mit entzündlichen Erkrankungen, Herz-Kreislauf-Problemen oder Hautproblemen besonders profitieren können. Weitere Forschung ist notwendig, um das Potenzial, sowie Sicherheit und Nebenwirkungen weiter zu beleuchten.