Elektrochirurgische Gefäßversiegelung

Fallbericht: Teil-Mastektomie und Ovariohysterektomie bei einer zehnjährigen Magyar-Viszla-Hündin.

Patricia Harders-Meehan & Anita Timmig, Dülmen

Vorgestellt wurde die intakte, zehnjährige Hündin mit dem Verdacht einer Mastitis. Das Gesäuge sonderte eitrig-blutiges Sekret ab, aus einem Komplex mit einer etwa pflaumengroßen prall-elastischen Umfangsvermehrung. Ca. 14 Tage später wurde sie wieder vorgestellt. Die Umfangsvermehrung hatte sich trotz Antibiotika & NSAID auf Kindskopfgröße vergrößert. Die Hündin wurde noch am selben Tag in den OP- Plan aufgenommen. Es wurden folgende, weiterführende präoperative Untersuchungen durchgeführt: Thoraxröntgen, Abdomensonographie & Blutchemie. Der Thorax war frei von sichtbaren Metastasen, es bestanden multiple zystische Veränderungen an beiden Ovarien und den Uterushörnern. Es bestand eine Leukozytose (30,65 G/l) und Neutrophilie (27,3 G/l) sowie eine Erhöhung der AP auf 888 nkat/l.

Chirurgische Aufgabenstellung

Geplant war eine Teil-Mastektomie mit drei Komplexen, inklusive der Lymphknoten (Ln. inguinales superficiales), sowie eine Ovariohysterektomie. Die endotracheale Inhalationsnarkose verlief unkompliziert. Nach ellipsenförmiger Markierung der drei zu entnehmenden Komplexe und soweit möglich Einhaltung eines 3 cm Abstands zum makroskopisch sichtbar veränderten Gewebe wurde die Haut mittels der bipolaren Schere durchtrennt. Die Schere koaguliert durchtrennte Hautgefäße noch während des Schneidevorgangs und trägt so maßgeblich zur Minimierung des Blutverlustes bei. Da das aufwändige Abbinden blutender Hautgefäße entfällt, ergibt sich auch eine nennenswerte Zeitersparnis. Die zu entfernende Milchleiste wird an der entsprechenden Stelle unterminiert und stumpf von der Fascia abdominalis transversalis getrennt. Blutgefäße der Mammaleiste werden mit der offenchirurgischen Versiegelungszange verödet. Wenn, wie in diesem Fall, die Gesäugeleiste nur teilwiese entfernt wird, kann auch das Brustdrüsengewebe an der Endstelle des Resektionsfeldes elektrochirurgisch verödet werden, um Sekretion in die OP-Wunde zu verhindern. Am caudalen Ende der Leiste wird mittels der offenchirurgischen Versiegelungszange die Vena epigastrica superficialis und das begleitende Fett- und Bindegewebe verödet und durchtrennt. Dieses Vorgehen ergibt wieder eine deutliche Zeitersparnis gegenüber einer klassischen Ligatur mit Nahtmaterial.

In unserer Tierarztpraxis schätzen wir die Erleichterungen, die unsere elektrochirurgische OP-Einheit in der Weichteilchirurgie bringt. Der größte Zugewinn ist die deutliche Verkürzung der Narkosedauer, mit allen damit verbundenen Vorteilen für den Patienten. Bei einer Routine-Ovariektomie ist eine reine OP-Zeit von 25 Minuten realistisch. Noch deutlicher ist die Zeitersparnis mit all ihren Vorteilen für Patienten und Praxisbetrieb bei einer Splenektomie. Anstelle einzelner Gefäßligaturen mit Nahtmaterial ist das Absetzen mittels Elektrochirurgie in 2:50 Minuten realistisch.

Anita Timmig, Tierärztliches Kompetenzzentrum Karthaus

Ovariohysterektomie

In diesem Fall gab es leider eine zentrale Verwachsung mit gewebiger Einwanderung in die obere Schicht der Rumpfmuskulatur. Dies ist prognostisch unvorteilhaft. Der Bereich wurde so großzügig wie möglich umschnitten und vernäht. Der Schnitt wurde in der Linea alba vertieft und beide Muskelschichten sowie das Peritoneum durchtrennt. Der Bauchschnitt bei einer elektrochirurgisch unterstützten Kastration muss in vielen Fällen nicht länger als zwei fingerbreit sein. Es wurden zuerst einzeln die Ovarien vorgelagert, samt kirschkerngroßer Zysten. Durch Platzieren der Finger unterhalb des Ovars besteht genug Sicherheitsabstand, um eine komplette Entnahme zu gewährleisten. Die restlichen Finger sichern das umliegende Gewebe ab, um eine Verletzung anliegender Strukturen (z.B. Darmschlingen oder Omentum majus) zu verhindern.

Verlauf und Histologie

Das Ligamentum suspensorium ovarii inklusive A. und V. ovarica wird zwischen den Backen der Gefäßversiegelungszange gefasst. Das rechte Fußpedal wird betätigt bis der Freigabeton erklingt. Am Gewebe hört man ein leichtes Zischen, und spürt die Kontraktion der bindegewebigen Strukturen. Ist das Gewebe zufriedenstellend versiegelt, wird der „Abzug“ am Handstück betätigt, der eine Skalpellklinge bewegt, die geschützt zwischen den Backen der Zange hindurchfährt und das verödete Gewebe durchtrennt.

Die Zange wird versetzt und der Vorgang wiederholt, bis das gesamte Ovar abgesetzt werden kann. Das Ligamentum latum uteri wird parallel zum Uterushorn verödet und durchtrennt. Auf Höhe der Zervix werden die Aa. uterinae verödet und durchtrennt. Der Corpus Uteri wird im Bereich der Zervix mit Nahtmaterial ligiert und abgesetzt. Bei einem kleinen Uterus (Katze, junge Hündin, bzw. Hündin unter 15 kg) ist es möglich, auch den Uterus mithilfe der Gefäßversiegelungszange abzusetzen, ohne zusätzliche Ligaturen zu verwenden. Bei einer Pyometra ist dies zwar nicht möglich, aber das zügige „Durchbruzzeln“ erspart sehr viel Zeit und ermöglicht eine sehr gute Übersicht, da es keine Blutungen im Bauchraum gibt.

    Eine Nachkontrolle an den Ovarstümpfen- und am Gebärmutterstumpf mittels Tupfer erfolgt in jedem Fall, um Sickerblutungen auszuschließen. Im Anschluss wird das Abdomen mit geeignetem Nahtmaterial in drei Schichten verschlossen, die Haut bevorzugt fortlaufend intrakutan. Die Wundheilung verlief in diesem Fall unkompliziert. Die Ergebnisse der pathologischen Untersuchung waren leider sehr ernüchternd - der schnell und infiltrativ wachsende Tumor stellte sich als Osteosarkom heraus. Da die primäre Intention der OP schon von Vornherein eher palliativen Charakter hatte und eine weitere onkologische Behandlung seitens der Besitzer:innen ausgeschlossen war, bleibt abzuwarten, wie lange die Hündin überleben würde.

    Wenn man sich mit der Funktionsweise der VesSeal vertraut gemacht hat, senkt es die OP-Dauer, Blutungsgefahr und nicht zuletzt das Stresslevel der Chirurg:innen. Selbst aufwendige, sonst sehr blutige OPs, wie eine Mastektomie, verlieren ihren Schrecken.

    Patricia Harders-Meehan, Tierärztliches Kompetenzzentrum Karthaus

    Fazit

    In unserer Tierarztpraxis schätzen wir die Erleichterungen, die unsere elektrochirurgische OP-Einheit in der Weichteilchirurgie bringt. Der größte Zugewinn ist die deutliche Verkürzung der Narkosedauer, mit allen damit verbundenen Vorteilen für den Patienten. Bei einer Routine-Ovariektomie ist eine reine OP-Zeit von 25 Minuten realistisch. Noch deutlicher ist die Zeitersparnis mit all ihren Vorteilen für Patienten und Praxisbetrieb bei einer Splenektomie. Anstelle einzelner Gefäßligaturen mit Nahtmaterial ist das Absetzen mittels Elektrochirurgie in 2:50 Minuten realistisch.

    Ein weiterer Vorteil ist die kleinere OP-Wunde, da weniger OP-Besteck in der Bauchhöhle benötigt wird. Das Komplikationsrisiko ist dadurch reduziert, dass keine Ligaturen in der Bauchhöhle verbleiben und entsprechend nicht verrutschen können. In der Regel lassen sich so die meisten Weichteil-Operationen ganz ohne Assistenz durchführen. Ist man sich im Einzelfall nicht sicher, ob die Verödung ausreicht, kann man die ordnungsgemäße Funktion des Gerätes überprüfen, indem man die Zange öffnet und optisch die Gewebeveränderung (optimal nahezu weißlich-transparent) überprüft. Bei Bedarf kann dann entweder die Gewebebrücke erweitert oder nun beruhigt die verödete Struktur durchtrennt werden.

    Durch das VesSeal ist bei uns die OP-Dauer deutlich kürzer und leichter planbar geworden. Die breiten Backen der offenchirurgischen Versiegelungszange veröden bei Fettgewebe und entzündetem Gewebe zuverlässig, ohne einzuschneiden oder das Gewebe zu zerreißen. Die kleinere Narbe erhöht die Zufriedenheit der Tierbesitzer:innen. Wenn man sich mit der Funktionsweise der VesSeal vertraut gemacht hat, senkt es die OP-Dauer, Blutungsgefahr und nicht zuletzt das Stresslevel der Chirurg:innen. Selbst aufwendige, sonst sehr blutige OPs, wie eine Mastektomie, verlieren ihren Schrecken.