Zinkmangelsyndrom bei einem Allergiker nach fehlerhaftem Barfen

Das Barfen, heutzutage mit "Biologisch artgerechte Rohfütterung" übersetzt, erfreut sich immer mehr an Beliebtheit.  Dass dies allerdings keine einfache Ernährungsweise darstellt und unbedingt unter Überwachung durch einen spezialisierten Tierarzt durchgeführt werden sollte, zeigt uns ein Fall aus dem Jahre 2014.

Der Schäferhundrüde „Eico“, zu dem Zeitpunkt der Vorstellung sechs Jahre alt, hatte als junger Hund immer wieder juckende Hautprobleme an diversen Hautregionen, zeitweise auch Haarverlust auf dem Nasenrücken. Zur Behandlung bei seinem Haustierarzt bekam er jahrelang immer wieder Kortison, das kurze Erleichterung verschaffte, allerdings auch Nebenwirkungen verursachte. Homöopathische Therapieversuche verschlechterten das Allgemeinbefinden sowie die Symptomatik. Er litt unter Gewichtsverlust, war sehr leistungsschwach und träge. Immer wieder plagten ihn Entzündungen und sogar bakterielle Infektionen um die Augenumgebung. Trotz einer Antibiotikatherapie von vier Wochen zeigte sich nur eine geringgradige Verbesserung. Seit seinem zweiten Lebensjahr wurde er gebarft, leider führte auch das nicht wesentlich zu einer Verbesserung.

Untersuchung: In unserer dermatologischen Praxis wurde er zunächst einmal allgemein untersucht, wobei sich außer leicht vergrößerten Lymphknoten im Halsbereich, sowie einer kleinen derben Gewebeverdichtung in einem der Hoden keine Auffälligkeiten zeigten. Der Hoden wurde sofort mittels Ultraschall untersucht und zeigte einen Hodentumor, der jedoch, wie sich nach der Laboruntersuchung zeigte, kein hormonell aktiver Tumor war, und somit auch nicht für die Hautveränderungen und Leistungsschwäche verantwortlich gemacht werden konnte. Bei der speziellen dermatologischen Untersuchung zeigte "Eico" einen gering- bis mittelgradigen Juckreiz. Beide Augen litten an einer Bindehautentzündung mit grauem Ausfluss und in unmittelbarer Umgebung der Augenlider wurde eine Hautentzündung mit ausgeprägter übermäßiger Verhornung der Haut festgestellt. Auch die Lippen waren entzündet, deutlich geschwollen und verhornt. Auffällig waren auch die Leckspuren an den Pfoten, den Ellenbeugen sowie die Hautentzündungen mit starker Verhornung an der Brust, den Ellenbeugen, den Sprunggelenken, dem After, dem Hodensack sowie der Vorhautspitze. An den Körperseiten zeigte er dünnes und schütteres Fell, Hautentzündungen mit Papeln und Pusteln und fleckige Bereiche.

 Mithilfe der sogenannten Abklatschproben wurde die Haut auch mikroskopisch beurteilt. Es zeigten sich sehr viele Bakterien und Entzündungszellen auf den veränderten Hautarealen. Ein Hautgeschabsel sowie eine Pilzkultur wurde angefertigt, zeigte allerdings kein positives Ergebnis. Das Blutbild und die üblichen für die Organe relevanten Werte im Blut wurden ebenfalls untersucht und zeigten nur minimale Veränderungen, die allerdings keine klinische Bewandtnis hatten. Auch der serologische Allergietest fiel seltsamerweise negativ aus.

Nach diesen Untersuchungen wurde "Eico" mit einer Antibiose, einer Entwurmung, einer Substitution von Omega-3 und Omega-6-Fettsäuren sowie Shampoonierung behandelt. Der Allgemeinzustand besserte sich unter der Behandlung, und der Juckreiz wurde geringer. Leider besserten sich die Hautentzündungen und -verhornungen nicht.

Aufgrund dessen wurden einige Hautbiopsien in Narkose entnommen. Die Hautbiopsien wurden pathologisch sowie mykologisch und bakteriologisch untersucht und zeigten ein multiresistentes Bakterium. Der Erreger wurde als sensibel gegenüber einer Art von Antibiose identifiziert. Auch viele Furunkel und eitrige Hautentzündungen wurden festgestellt, die normalerweise typisch für eine allergische Hauterkrankung sind.  

Der nächste, sehr wichtige, Schritt war die Durchführung einer Ernährungsanalyse. Der Hund erhielt bis dahin seit mehr als vier Jahren selbst gestaltete Futterrationen (Barf) mit viel Fleisch, etwas Mais- und Gemüseflocken, Kalziumcitrat, Öl und einer Prise Meersalz. Für die Ernährungsanalyse wurde eine Rationsberechnung durchgeführt, und es wurden zugleich Blutproben („Barfprofil“) untersucht. Bei den Nährstoffen zeigte sich sowohl bei der Rationsberechnung als auch bei der Blutuntersuchung eine massive Unterversorgung mit Zink, Vitamin A und Jod. Neben Mängeln in der Futterration können hier auch genetische Faktoren eine Rolle spielen: Es gibt Hunde, bei denen die Fähigkeit, bestimmte Nährstoffe zu resorbieren, herabgesetzt ist. Futtermittelunverträglichkeit, bzw. -allergie ist eine weitere weitere mögliche und in diesem Fall zutreffende Ursache.

Behandlung
Die Behandlung erfolgte sogleich mit Zinktabletten, Seealgenmehl und Lebertran (Dorsch), in genau berechneter Dosierung. Zur Verbesserung der Zinkresorption und aufgrund der wahrscheinlich beteiligten Futtermittel-Überempfindlichkeit wurde kurzzeitig ein Kortison eingesetzt. Zeitgleich erhielt der Hund ein spezielles anallergenes Futter (alle Nährstoffe enthaltend). Das zuvor als wirksam diagnostizierte Antibiotikum wurde ebenfalls eingesetzt. Die Shampoonierung und die Behandlung der Augen wurde ebenfalls fortgesetzt. Nach Einleitung dieser Therapie verbesserte sich der Zustand der Haut sehr schnell. Eine erneute Blutuntersuchung zeigte, dass sich der Jod-Wert normalisierte; nach kurzer Zeit war auch der Vitamin A-Wert normal, und nach 2-3 Wochen hatte sich auch der Zink-Wert normalisiert. Entsprechend wurde die Substitution mit Seealgenmehl, Lebertran und Zink beendet.

Die Ausschlussdiät mit dem speziellen Futter, die begleitenden therapeutischen Maßnahmen wie Shampoonierungen und die Gabe von Omega-3-Fettsäure-Präparaten wurden beibehalten. Die Antibiokatherapie wurde über mehrere Monate fortgesetzt. Das Kortison wurde ausgeschlichen.

Zusammenfassend lag bei diesem Patienten eine immunologisch bedingte Erkrankung im Sinne einer Futtermittelallergie vor, die durch die Fehlernährung, einschließlich ungeeigneter therapeutischer Maßnahmen zu einer stetigen Verschlechterung führte. Nach Ernährungsumstellung normalisierten sich diese Werte sehr schnell.