Wenn Tiere nächtliche Übelkeit zeigen!
Dr. Natalie Dillitzer und Dr. Alina Nielsen
Mit angepassten Fütterungszeiten und „richtigen Komponenten“ ist eine Besserung in wenigen Tagen möglich. Nächtliche oder früh morgendliche Übelkeit ist ein häufiges Problem für die Tiere und ihre Besitzer. Die betroffenen Tiere, meist Hunde, zeigen unterschiedliche Symptome. Sie sind nachts unruhig, schmatzen, husten oder stöhnen. Einige wenige Tiere erbrechen Schaum oder Galle. Der Zeitpunkte der gezeigten Symptome ist bei allen Tieren ähnlich: zwischen 1 und 6 Uhr morgens. Die Besitzer und die Tiere finden keine Ruhe und klagen über Schlaflosigkeit. Die Beschwerden sind chronisch und teilweise schon seit Wochen oder sogar Jahren vorhanden.
Erkrankte Tiere fressen, wenn sie die Möglichkeit haben, Gras und Erde, um die vorhandene Magensäure zu neutralisieren. Bei einigen Tieren geht das Erkrankungsbild so weit, dass sie Teppiche, Körbe, Wände und Stofftiere abschlecken, anknabbern oder sogar fressen. Es kommt nicht selten dadurch zur Aufnahme von Fremdkörpern. Die Besitzer berichten zudem von saurem Mundgeruch und einer Gebetshaltung zu Entlastung des Magens. Einigen Tiere neigen in Übelkeitsphasen in der Nacht zum exzessiven Schlecken der Vorderpfoten, oft wird deswegen fälschlicherweise von einer Allergie mit Juckreiz ausgegangen.
Zur Unterscheidung zwischen einer akuten Gastritis zu einer Hyperacidität kommen einem die Krankheitsdauer und die Symptomausprägung zu Gute. Bei akuten Symptomen über wenige Tage bis maximal drei Wochen ist eine Gastritis wahrscheinlicher als eine Hyperacidität, welche sich durch einen chronischen Verlauf auszeichnet. Wenn die Tiere auch tagsüber schmatzen, aufstoßen und erbrechen, ist eine Gastritis wahrscheinlicher als ein Hyperaciditätsproblem in der Nacht.
Anamnese
• Was wird genau gefüttert?
• Wie häufig wird gefüttert? Zweimal am Tag oder eher fünf- bis sechsmal?
• Zu welchem Zeitpunkt findet die Fütterung normalerweise statt?
• Ist der Appetit des Hundes reduziert oder stabil?
• Hat der Hund noch andere Erkrankungen? Ein Augenmerk ist hierbei auf Erkrankungen zu legen, die einen Einfluss auf den Magen-Darm-Trakt haben wie bspw. CNE, Hyperthyreose und Erkrankungen der Nebenniere.
• Auch Medikamentengaben sollten abgefragt werden, besonders zu beachten sind hierbei NSAIDs, Corticosteroide und L-Thyroxin.
Bei Tieren mit nächtlicher Übelkeit ist die Anpassung der Fütterungszeiten essentiell und der erste Schritt der Problemlösung. Die Umstellung der Ration bezogen auf Kohlenhydrate, Rohprotein und Rohasche erfolgt im zweiten Schritt. Vielen Tieren und Menschen, die seit Monaten unter den Beschwerden leiden, kann so geholfen werden."
Problemlösung
Bei der Hyperacidität hat es sich in den letzten Jahren bewährt, zuerst das Fütterungszeitmanagement zu ändern, bevor magenschonende Präparate eingesetzt werden und die Umstellung der Ration stattfindet.
Fütterungszeitpunkt
Die erste Stellschraube bei Hunden, die zu einer Hyperacidität neigen, ist der Zeitpunkt der Fütterung. Bei der Anamnese zeigen sich meistens zwei verschiedene Fütterungsintervalle.
Berichtet der Besitzer, dass sein Tier nur zweimal täglich gefüttert wird, ist die Phase der Nüchternheit über Nacht sehr lang. Bei einer Fütterung um 7 Uhr morgens und um 18 Uhr abends ist der Hund oder die Katze über Nacht für 13 Stunden nüchtern. Diese lange Phase der Nüchternheit kann zu der nächtlichen Hyperacidität und den Beschwerden in der Nacht führen. Der Zeitpunkt und das Auftreten der Beschwerden sind abhängig vom Zeitpunkt der Fütterung. Die Beschwerden würden in diesem Beispiel wahrscheinlich nachts elf Stunden nach der letzten Fütterung gegen 5 Uhr auftreten.
Andere Besitzer berichten, dass Sie ihre Tiere fünf- bis sechsmal am Tag füttern. Zwischen den einzelnen Fütterungen am Tag liegen also wenige Stunden. Die Fütterungspause in der Nacht ist aber deutlich länger. Die Symptome zeigen sich dann typischerweise nach der am Tag gewohnten Fütterungszeit.
Als erste Maßnahme ist es sinnvoll 3-4 Mahlzeiten gleichmäßig auf 24 Stunden zu verteilen. Hierbei ist darauf zu achten, dass die erste Mahlzeit relativ früh (6-7 Uhr) und die letzte Mahlzeit relativ spät (23 Uhr) erfolgt. In einigen Fällen ist es sinnvoll, nachts vor dem Auftreten der Symptome einen Futterautomaten zu aktivieren. Auch ein Snack vor dem Zubettgehen, der Magensäure aufsaugt, ist sinnvoll. Hierzu eignen sich Brot, Zwieback, Trockenfutter oder Reiswaffeln.
Natürliche Unterstützung der Magenfunktion
Bei der Hälfte der Patienten führen Kartoffeln als Bestandteile einer Kochration bereits zu einer Besserung der Symptome. Der relativ hohe Kaliumgehalt neutralisiert dabei die Magensäure. Bei der anderen Hälfte der Patienten führt die Fütterung von Kartoffeln zu verstärkten Problemen. Dies sollte man den Besitzer vorher mitteilen. Tierbesitzer berichten von der Verwendung natürlicher Zusätze, die aus der Humanmedizin bekannt sind wie bspw. Eibischwurzel, Ulmenrinde und Heilerde.
Umstellung der Ration
Die Ration sollte bis ins Detail überprüft werden. Im ersten Schritt sollte die Gabe von allen Ölen pausiert werden. Besonders Öle wie Kokos-, Nachtkerzen- und Lachsöl können die Beschwerden verstärken. Wichtig ist es auf die Ölqualität der geöffneten Flaschen zu achten. Bei Rationen mit einem hohen Rohasche-Anteil - beispielsweise durch die Fütterung von Karkasse oder Knochen - wird dieser reduziert. Auch die Fütterung von Innereien sollte im Austausch gegen Muskelfleisch variiert werden.
Das Wechseln einer Futtersorte einer Fütterungsart ist selten
erfolgversprechend. Sinnvoller ist der schrittweise Wechsel zwischen den
Fütterungsarten. Ein Tier, welches bisher immer eine proteinreiche
Ration bspw. eine klassische Barf-Ration ohne Kohlenhydrate oder ein
kohlenhydratarmes Nassfutter gefressen hat, sollte langsam auf eine
Ration mit Kohlenhydraten umgestellt werden. Hier eignet sich entweder
ein Trockenfutter oder eine Ration zum Selberkochen mit Kohlenhydraten.
Die Umstellung sollte nicht plötzlich geschehen, sondern in kleinen
Schritten (25-50 g neues Futter pro Tag). Hunde, die bisher ein
kohlenhydratreiches Trockenfutter bekommen haben, sollten langsam auf
ein kohlenhydratarmes Nassfutter oder eine selbstzubereitete Ration mit
einer reduzierten Kohlenhydratmenge umgestellt werden.
Stressreduktion und Überprüfung von Medikamenten
Als Auslöser für eine Hyperacidität reicht Stress oft aus. Dieser sollte über ein Tagebuch (über 14 Tage) identifiziert und abgebaut werden. Zudem sollten vorhandene Medikamente auf ihre Magenverträglichkeit überprüft und angepasst werden.
Fazit
Bei Tieren mit nächtlicher Übelkeit ist die Anpassung der Fütterungszeiten essentiell und der erste Schritt der Problemlösung. Die Umstellung der Ration bezogen auf Kohlenhydrate, Rohprotein und Rohasche erfolgt im zweiten Schritt. Vielen Tieren und Menschen, die seit Monaten unter den Beschwerden leiden, kann so geholfen werden.
Autorinnen dieses Artikels: Dr. Natalie Dillitzer und Dr. Alina Nielsen
Dr. Alina Nielsen hat an der Ludwig-Maximilian-Universität München Tiermedizin studiert und ihre Doktorarbeit geschrieben. Seit 2018 ist die Tierärztin in der Kleintierpraxis Dr. Trixi Hollwich tätig und seit 2020 bei Futtermedicus in Fürstenfeldbruck.