Yorkshire-Terrier Hündin Toni mit symptomatisch bedingter Epilepsie

Wir kennen neben den Patienten mit erblich bedingter Epilepsie Patienten, die aufgrund einer strukturellen Gehirnerkrankung symptomatische Epilepsie entwickeln sowie Patienten, die aufgrund einer internistischen Erkrankung oder einer Toxineinwirkung (Vergiftung) eine sogenannte reaktive Epilepsie entwickeln. Am Krampfgeschehen allein kann man diese Patienten nicht unterscheiden, es bedarf gründlicher Untersuchungen. Daher sei hier der Fall der Yorkshire-Terrier Hündin „Toni“ beschrieben, um beispielhaft die Aufmerksamkeit auf nicht erbliche Formen von Epilepsie zu lenken.

Toni bekam im Alter von drei Jahren erstmalig gesundheitliche Probleme, die im Verlauf auch zu epileptischen Anfällen führten. Sie fiel eines Tages vom Bett und hat anschließend erbrochen. In den Tagen darauf fielen Einschränkungen des Sehvermögens sowie Gangstörungen auf. Zunächst wurde Toni einer Ophthalmologin vorgestellt, welche die Augen als normal befundet hat und eine neurologische Abklärung empfahl. Bis zur Vorstellung in meiner Praxis stellten sich bei Toni epileptische Anfälle ein, die alle ein bis zwei Tage für eine Dauer von jeweils einer Minute auftraten. Die Anfälle betrafen den ganzen Hund, der währenddessen einen vollständigen Bewusstseinsverlust erlitt (generalisiert tonisch-klonisches Anfallsgeschehen).

In der anfallsfreien Zeit lief Toni an Gegenstände, auffällig häufig mit der rechten Gesichtshälfte, so dass Sehstörungen der rechten Seite vermutet werden mussten. Toni hatte kein Fieber. Tonis Frauchen und Herrchen wünschten eine gründliche Aufarbeitung ihres Patienten, weshalb zunächst die Sehstörungen mittels Elektroretinographie (ERG) und mittels „Untersuchung visuell evozierter Potentiale – VEP“ beurteilt werden sollten. Wir erkannten bei Toni eine normale Aufnahme von Lichtreizen im Auge, jedoch Funktionsstörungen der Sehbahnen im Gehirn.

An diesem Punkt ist an entzündliche Erkrankungen, wie Hirnhautentzündungen zu denken, jedoch ist auch ein Trauma möglich (Sturz vom Bett). Auch müssen wir uns fragen, ob eine Gehirnanomalie oder eine Erkrankung innerer Organe die treibende Kraft dieser Phänomene sein kann. Um dies näher einzugrenzen, haben wir ein Blutbild angefertigt, welches uns erlaubte Erkrankungen innerer Organe weitestgehend auszuschließen. Sehr auffällig war jedoch die Untersuchung des Hirnwassers.

Tonis Hirnwasseruntersuchung zeigte eindeutige Hinweise auf ein entzündliches Geschehen in ihrem Gehirn/Hirnhäuten. Spezialuntersuchungen auf seltene Erreger konnten uns davon überzeugen, dass es sich bei Tonis Erkrankung nicht um eine Infektion handelte. Also musste es sich um eine nicht infektiöse Entzündung des Gehirns handeln. Eine kernspintomographische Untersuchung des Gehirns konnte uns schlussendlich den Auslöser für Tonis Beschwerden zeigen: Gefunden wurden schwerste entzündliche Veränderungen des Gehirns, teilweise mit Verlust von entzündlich zerstörtem Gehirngewebe.
 
Tonis Krankheit ist als Granulomatöse Meningoenzephalitis bekannt. Blindheit ist als Begleitphänomen bei diesen Patienten beschrieben. Betroffen sind v.a. kleine Hunderassen in einem Alter über zwei Jahren. Weibliche Tiere sind häufiger betroffen. Kortison, oder andere immunsuppressive Medikamente bessern die Symptomatik, jedoch werden die Patienten nicht vollständig normal. Die Anfälle müssen mit antiepileptischen Medikamenten unterdrückt werden, was uns bei Toni auch gelang.

Die Lebenserwartung ist bei diesen Patienten leider vermindert, da die Erkrankung voranschreitet, auch wenn man die Entzündungsvorgänge weitgehend kontrolliert. Ob wir in Zukunft mehr für solche Patienten tun können ist Gegenstand intensiver Forschung.

Lesen Sie bitte auch den Beitrag von Dr. Florian König Epilepsie beim Hund - Formen, Diagnose, Therapie.