Mythen in der Hundeernährung

Hundebesitzer:innen möchten alles richtig machen, um die Lieblinge optimal zu versorgen - doch so mancher Mythos in Sachen Ernährung kann dabei schon einmal zu Verunsicherung führen: "Füttere möglichst viel Fleisch, mische niemals Nass- und Trockenfutter und wenn dein Hund Gras frisst, geht es ihm nicht gut.“ Doch was ist dran an diesen Aussagen? Wir gehen den populärsten Mythen auf den Grund und schaffen ein für alle Mal Klarheit.

MYTHOS 1: Der Hund stammt vom Wolf ab und ist daher ein reiner Fleischfresser.

Hunde gehören rein biologisch zu den fakultativen Carnivoren – also zu Alles-Fressern mit einer Präferenz für Fleisch. Im Zuge des Zusammenlebens mit dem Menschen in den letzten mindestens 30.000 Jahren, hat der Hund sich allerdings an die Ernährung des Menschen angepasst, zu der auch seit vielen tausend Jahren stärkehaltige Nahrungsmittel wie beispielsweise Brotreste gehören. Eine Futterzusammensetzung in Form von Fleisch, Gemüse und Kohlenhydraten hat also durchaus seine Berechtigung. Gerade Kohlenhydrate dienen dem Hund dabei als schneller Energielieferant und sind in keiner Weise schädlich für den Organismus. Besonders, wenn der Hund kognitive Aufgaben oder Übungen zur Impulskontrolle zu bewältigen hat, empfiehlt sich eine Fütterung von kohlenhydratreicher Kost vorab.

MYTHOS 2: Hunde, die Gras fressen, kompensieren eine Mangelernährung.

Gras besteht fast ausschließlich aus Wasser und Ballaststoffen und enthält für den Hund kaum Verwertbares. Meistens werden nur die jungen, frischen Spitzen gefressen, um an heißen Tagen den Wasserhaushalt aufzubessern. Auch soll mit dem Fressen von Gras in aller Regel nicht bewusst das Erbrechen provoziert werden. Vielmehr ist es so, dass bei einem übermäßigen Verzehr von Gras der Körper die Reißleine zieht, um Schäden zu vermeiden: Zu viel Gras kann den Darmtrakt verstopfen. Um dies zu verhindern, wird das Gras zuvor erbrochen. Schädlich ist das Grasfressen allerdings nicht.

MYTHOS 3: Trockenfutter quillt im Magen auf und verursacht dadurch Schwierigkeiten.

Zwar ist es richtig, dass Trockenfutter im Magen ungefähr das zwei- bis dreifache an Volumen zunimmt, jedoch ist dies in keiner Weise unangenehm oder schädlich für den Hund. Eine Nassfutter- oder BARF-Ration hat schon beim Fressen entsprechend mehr Volumen, was einfach daran liegt, dass die Flüssigkeit bereits enthalten ist. Die im Trockenfutter fehlende Flüssigkeit stellt für gesunde Hunde keine Gefahr dar, da diese den Wasserhaushalt durch Trinken wieder ausgleichen.

Es ist richtig, dass Trockenfutter im Magen ungefähr das zwei- bis dreifache an Volumen zunimmt, jedoch ist dies in keiner Weise unangenehm oder schädlich für den Hund."

Dr. Anika Thyrock, Leitung Customer Service Ernährungsberatung

MYTHOS 4: Je höher der Fleischanteil im Futter, desto hochwertiger ist es.

Ein hoher Fleischanteil bringt automatisch einen hohen Protein- und Fettgehalt mit sich. Je nach Lebenssituation kann dies den Organismus des klassischen Familienhundes mit durchschnittlicher Bewegungsleistung überfordern und gesundheitliche Probleme wie Überdrehtheit oder Juckreiz mit sich bringen. Daher sollte man auf eine ausgewogene Ernährung achten.

MYTHOS 5: Nass- und Trockenfutter dürfen nicht zusammen gefüttert werden…

…da sie unterschiedlich lange im Magen verweilen. Auch dieser Mythos ist nicht zutreffend! Zwar ist es korrekt, dass Trockenfutter länger verdaut werden muss als Nassfutter. Dies stellt allerdings kein Problem dar, da der Magenpförtner beim Hund ganze Arbeit leistet und das bereits fertig vorverdaute Nassfutter vor dem Trockenfutter in den Darm passieren lässt. Vergleichbar ist dies auch mit einer Mahlzeit beim Menschen: Essen wir ein Stück Braten zusammen mit Kartoffeln, liegen Letztere lediglich eine Stunde im Magen, während das Fleisch mehrere Stunden dort verweilt. Ein Problem ist dies für den Körper nicht.

MYTHOS 6: Kotfressen ist ein Zeichen für eine Mangelernährung.

In diesem Fall muss der Mythos differenziert betrachtet werden. Es gibt durchaus Fälle, in denen dies der Wahrheit entspricht. Ist ein Hund zum Beispiel an einer Entzündung der Bauchspeicheldrüse erkrankt, frisst er gegebenenfalls seinen eigenen Kot erneut, um ihm weitere Nährstoffe zu entnehmen.

Die bei Weitem überwiegende Mehrheit der Hunde, die Kot fressen, ist allerdings nicht gesundheitlich beeinträchtigt. So fressen Hunde oft genüsslich Beutetierkot, da es in ihrer Natur liegt. Den Kot von Artgenossen fressen sie, um aus territorialen Gründen Duftmarken von Rivalen zu entfernen. Die wohl am häufigsten vorkommende Ursache ist aber das Heischen nach Aufmerksamkeit. Denn wann beschäftigen wir uns schon intensiver mit unseren Vierbeinern als in dem Moment, in dem mit Wonne ein Häufchen verspeist wird…?

MYTHOS 7: Zu viel Protein im Futter lässt Welpen in die Höhe schießen

Ein Mythos, der sich sehr hartnäckig hält, aber nicht der Wahrheit entspricht. Er beruht auf einer fehlinterpretierten Studie, die inzwischen allerdings eindeutig widerlegt ist. Nicht das Protein im Futter ist der Übeltäter, wenn es um zu schnelles Wachstum geht. Wird ein ausgewogenes Alleinfuttermittel verabreicht, führt lediglich ein Übermaß an zugeführter Gesamtenergie zu Wachstumsproblemen bei ansonsten gesunden Hunden. Bleibt der Hund während des Wachstums schlank und ohne Speckschicht über den letzten beiden Rippenbögen, ist die Wachstumsgeschwindigkeit nicht ernährungsbedingt. Für den Bewegungsapparat ist Protein im Wachstum sogar besonders wichtig. Die Ausbildung einer kräftigen Muskulatur, die die Gelenke entlasten kann, benötigt Protein.

PS: Wer mehr von Dr. Anika Thyrock zum Thema "Mythen in der Hundeernährung" hören will, nimmt am 8. Laboklin Züchtertag teil, der als Onlinefortbildung am 29.10.2022 stattfindet. Mehr Informationen unter 8. Züchtertag Hund.