Mundgeruch macht einsam…! Phytos für eine gesunde Mundhöhle

Wenn der Hund aus dem Maul stinkt, ist das nicht nur unangenehm für uns Menschen. Für das Tier können auch diverse gesundheitliche Störungen dahinterstecken, unter denen es leidet. Sowohl für die Gesunderhaltung als auch gegen das breite Spektrum der Erkrankungen der Mundhöhle stehen bewährte Arzneipflanzen zur Verfügung.
Die Mundhöhle - Einfallstor für viele Gefahren
Die Mundhöhle ist die Körperöffnung, die täglich besonders vielen Gefahren ausgesetzt ist: hohe Keimbelastung, Schäden durch aufgenommene chemische Substanzen, Verletzungen durch scharfkantige Nahrungsbestandteile, ungeeignetes Spielzeug oder durch die eigenen Zähne.
Die Mundhöhlen-Mikrobiota
Eine immens wichtige Rolle für eine gesunde Mundhöhle spielt ihre Mikrobiota, eine komplexe Gemeinschaft aus ca. 1010 Bakterien unterschiedlicher Spezies, die sich zumeist in Biofilmen organisiert. Ob diese pathogen oder nicht pathogen sind, erweist sich für die einzelnen Bakterienspezies erst durch ihre Eigenschaften im Zusammenspiel mit der gesamten Mikrobiota: Sauerstoffzehrer schaffen optimale Bedingungen für Anaerobier; Stoffwechselprodukte der einen Bakterien können das Wachstum anderer Bakterien hemmen oder fördern, können vor Erkrankungen schützen oder Schäden verursachen. In dieser Gemengelage zwischen Kommensalen und Pathogenen zu unterscheiden ist extrem schwierig (Jenkinson et a., 2005).
Auf die Mischung kommt es an!
Mundhöhlengesundheit steht und fällt mit der Balance zwischen den verschiedenen Mikroorganismenarten in der Mikrobiota. Eine Folge von Imbalancen in der Mundhöhlen-Mikrobiota ist z. B. deren Überwucherung durch Candida albicans, der als physiologischer Bestandteil der Mundhöhlen-Mikrobiota gilt. Erst eine Störung innerhalb der Mikrobiota zugunsten von C. albicans ermöglicht diesem Adhäsion, Invasion und starke Vermehrung.
Die Störfaktoren
Zu den Störfaktoren dieser Balance gehören z.B. inadäquate Futtermittel, Zahnfehlstellungen, Immunsuppression durch Kortikoide, NSAID oder chronischen Stress, Antibiotika und Desinfizienzien, Chemo- und Radiotherapie und diverse Speichelfluss reduzierende Medikamente (Anticholinergika!).
Fehlgeschlagene Abwehr
Auf pathogene Erreger reagiert die Mundschleimhaut mit Immunzellen mobilisierenden Chemokinen und Metalloproteinasen, die eine Entzündung induzieren und eine Infektion überwinden (Jenkinson et a., 2005). Unter suboptimalen Bedingungen (s.o.) führen diese Maßnahmen oft nicht zum Erfolg. Stattdessen dringen die Pathogene tiefer in die aufgelockerte, entzündete Gingiva ein. Es können sich Gingivitis, Stomatitis, Parodontitis und Karies entwickeln. Taschenbildung zwischen Zähnen und Gingiva begünstigen anaerobe gramnegative Bakterien. Diese bilden auf den Zahnhalteapparat destruierend wirkende Enzyme wie Kollagenasen und Hyaluronidasen, sowie immunsuppressiv und gewebeschädigend wirkende Lymphotoxine (Jenkinson et a., 2005).

Eine immens wichtige Rolle für eine gesunde Mundhöhle spielt ihre Mikrobiota, eine komplexe Gemeinschaft aus ca. 1010 Bakterien unterschiedlicher Spezies, die sich zumeist in Biofilmen organisiert."
Keimreduzierung – ja, aber wie?
In der Praxis erweist
sich die systemische antibiotische oder antimykotische Therapie häufig
als wenig erfolgreich (zu geringe Wirkspiegel in der
Gingival-Flüssigkeit durch hohen Auswascheffekt durch Speichel,
schlechte Penetrationsfähigkeit durch Biofilm). Antibiotische oder
antimykotische Therapie werden ihrerseits zur Ursache von Imbalance.
Multitarget-Therapie mit Arzneipflanzenzubereitungen
Die
Komplexität der meist Mikrobiota-abhängigen Mundhöhlenerkrankungen
verlangt nach einer regulierend wirkenden Multitarget-Therapie, wie sie
durch Phytotherapeutika mit ihrem breiten Wirkungsspektrum möglich ist.
Für die Mundhöhlentherapie genutzte Pflanzenextrakte wirken
durchblutungsfördernd, schleimhautschützend, entzündungshemmend,
wundheilungsfördernd und antimikrobiell (Brendieck-Worm et al., 2021).
Zudem sind sie in der Lage, Plaque- und Biofilmbildung zu mindern und
die Bildung von Fimbrien zu stören, die den Pathogenen Adhäsion und
Penetration ermöglichen.
Mundtrockenheit
Der
Speichel spielt in der Mundhöhlengesundheit eine wichtige Rolle. Seine
Produktion ist beim alten und kranken, tendenziell exsikkotischen Tier
oft vermindert. Unter Speichelmangel leidet nicht nur der Appetit,
sondern auch die Zahngesundheit. Speichel enthält antimikrobiell
wirkende Substanzen wie Lysozym und Histatin, das die bakteriellen
Proteasen hemmt, fungistatisch wirkt und die Wundheilung fördert.
Speichelfluss anregen mit Bitterstoffdrogen
Der Speichelfluss lässt sich durch Bitterstoffdrogen wie Artischocke und Löwenzahn anregen, am einfachsten durch verdünnte Frischpflanzensäfte aus diesen Pflanzen. Auch Geruch und Geschmack von bitteren Zitrusschalenölen, z.B. von Zitrone, Bergamotte oder Bitterorange, ebenso von ätherischem Pfefferminz- und Ingweröl regt die Speichelproduktion an. Ein Speichelfluss anregendes Mundwasser ist schnell hergestellt: 1-2 Tropfen eines oder 2 der oben genannten ätherischen Öle auf 100 ml Wasser, z.B. appliziert als Spray (vor Gebrauch schütteln).
Keimreduzierende und adstringierende Mundspülungen
Bei
entzündlichen Schwellungen und Infektionen der Mundhöhle werden
Mundspülungen mit gerbstoffhaltigen Pflanzenzubereitungen gemacht.
Geeignet für solche Spülungen sind z.B. Dekokte von Zaubernussblättern
oder -rinde (Hamamelis) und Blutwurzwurzel (Tormentill). Die Blutwurz
wirkt antibakteriell, antiviral und immunstimulierend (Melzig)
Biofilmwirksamkeit der ätherischen Öle (ÄÖ)
Biofilme
sind häufig die Ursache für Therapieresistenz von Infektionen der
Mundhöhle. Antibiotika, Desinfektionsmittel und Immunzellen erreichen
Bakterien im Biofilm meist nicht. Antimikrobiell wirksame ÄÖ sind gegen
Biofilm wirksam. Sie können sowohl als alleinige Therapie, als auch
adjuvant zum Antibiotikum eingesetzt werden. Durch ihre
Biofilmwirksamkeit ermöglichen ÄÖ den Zugriff auf zuvor durch Biofilm
geschützte Bakterien wieder. Mittels eines Aromatogramms (Fa. LABOKLIN)
können geeignete antimikrobiell wirksame ÄÖ für die Mundhöhlen-Therapie
ausgesucht werden.
Eine lange Anwendungstradition hat das
ÄÖ der Gewürznelken. Seine Hauptkomponente, das Eugenol, wirkt
antiseptisch, antimikrobiell, anästhetisch und antiphlogistisch.
Nelkenöl kann punktuell pur eingesetzt werden (Aphten, kariöse Zähne,
Wurzelkanalfüllung) oder in 1-5% igen Mundspülungen und Kompressen.
Auch Salbei und Myrrhe werden seit Jahrhunderten erfolgreich zur
Mundhöhlentherapie eingesetzt. Sie enthalten neben den antimikrobiell
wirksamen ÄÖ adstringierend und antiphlogistisch wirkende Substanzen
(Zubereitung v.a. als Tinkturen).
Zubereitung und Anwendung von ätherischen Ölen
Abgesehen
von der punktuellen puren Anwendung, brauchen ÄÖ ein Trägermedium.
Hierzu eignen sich u.a. Mandel-, Oliven- und Sesamöl, Auszugsöle aus
Johanniskraut oder Ringelblume (Calendula). Die Zubereitungen aus ÄÖ
und fettem Öl können als Spray eingesetzt werden. Andere
Lösungsvermittler für eine Sprayformulierung sind Glycerin und
Propylenglykol. Zur Verdünnung eignen sich alkoholfreie Hydrolate, z.B.
von Salbei und Hamamelis. Auf Alkohol als Lösungsvermittler sollte in
der täglichen Anwendung aufgrund der für das Tier unangenehmen und bei
Verletzungen auch schmerzhaften Wirkung verzichtet werden. Als
Trägermedium für direktes Auftragen eignet sich Honig.
Honig und Propolis als Mundhöhlentherapeutika
Honig: Wegen seines breiten Inhaltsstoffspektrums ist der Honig als Therapeutikum für die Mundhöhle interessant. Neben dem hohen Anteil an Invertzuckern, finden sich mehr als 30 verschiedene Säuren, darunter das Methyglyoxal, antimikrobiell wirksame Defensine und Enzyme wie Glucoseoxidase, Phosphatase, Invertase, Diastase, Katalase und antioxidativ wirksame Flavonoide. Honig wirkt sowohl auf MRSA als auch auf Bakterien im Biofilm antimikrobiell. Er wirkt immunmodulierend, wundreinigend, granulations- und epithelisierungsfördernd.
Propolis: Je
nach Biotop enthält Propolis ein stark variierendes Vielstoffgemisch,
v.a. phenolische Substanzen, diverse Säuren, ÄÖ und Polysaccharide.
Propolis – entstanden aus dem von Pflanzen (Pappeln, Rosskastanien
etc.) gebildeten Knospenschutz – wird von den Bienen zum Schutz des
Bienenvolkes im Bienenstock flächendeckend aufgetragen. Die gut haftende
und wasserabweisende Propolis wirkt antiseptisch, antiphlogistisch,
lokalanästhetisch, wundheilungsfördernd, regt die Kollagensynthese an,
wirkt antitumoral, antioxidativ und immunmodulierend.
Die Wirkung der Propolis auf die Mundhöhlengesundheit: Die
Härte des Zahnschmelzes nimmt zu und die Permeabilität des Dentins
nimmt ab, ebenso Schmerzempfindlichkeit der Zähne und
Kariesanfälligkeit. Zahnfleischentzündungen, Zahnbeläge und
Biofilmbildung gehen zurück. Granulation und Epithelisierung nach OP
incl. Knorpel- und Knochenheilung werden beschleunigt. Propolis kann
als desinfizierende Substanz für Wurzelbehandlungen genutzt werden,
bietet Schutz vor Candida spp. und kann als Therapeutikum gegen Candida
genutzt werden.
Propolis-Anwendung:
Propolispulver einer Honiglatwerge zusetzen. Propolistinktur (10%, 25%)
wird lokal pur genutzt (Aphten, kariöse Zähne, Verletzungen durch
Fremdkörper, Abszesse etc.). Für eine Propolis-Mundspülung werden 10-15
Tr. 10 %ige Tinktur auf 150 ml Wasser gegeben, ggf. in Kombination mit
anderen pflanzlichen Therapeutika. Propolistinktur ist in Salbei- oder
Hamamelishydrolat auch als Spray anwendbar.
Gut zu wissen:
Bei einer Mukositis durch Chemotherapie ist die Kombi aus Honig,
Propolis und Bienenwachs konventionellen Therapiemethoden überlegen
(Abdulrhman et al., 2012).
Tierarzneimittel zur Spülung der Mundhöhle
PhlogAsept PlantaVet ist ein Konzentrat aus Fluidextrakten aus Kamillenblüten, Salbeiblättern, Hamamelisblättern, Ringelblumenblüten und Thymol. Es kann zur Wundreinigung und lokalen Behandlung der Maulschleimhaut eingesetzt werden.
Literatur
Jenkinson HF, Lamont RJ. Oral microbial communities in sickness and in health. Trends Mikrobiol. 2005 Dec;13(12):589-95.
Brendieck-Worm C, Melzig MF. Phytotherapie in der Tiermedizin. Thieme Verlag 2021
Kumar V. Propolis in Dentistry and Oral Cancer Management. North Am J Med Sci 2014; 6(6): 250-259
Abdulrhman M et al. Honey and a mixture of honey, beeswax, and olive oil-propolis extract in treatment of chemotherapy-induced oral mucositis: a randomized controlled pilot study. Pediatr Hematol Oncol.2012; 29 (3): 285-92