Wenn Haare dem Hundeauge Probleme machen
Distichiasis, Ektopische Zilien und Trichiasis.
Die Augen, die wichtige Ansprechpartner sind, wenn man mit einem Tier Kontakt aufnimmt, können uns viel über den emotionalen Status und das Wohlbefinden des Tieres verraten. Sie sollten offen, klar, glänzend und ausdrucksstark sein. Das Fell um die Augen und im Nasenbereich ist trocken. Sind beide Augen mehr oder weniger geschlossen, deutet das darauf hin, dass es dem Tier insgesamt nicht gut geht. Die Ursachen dafür müssen jedoch nicht die Augen liegen. Kneift der Hund aber regelrecht ein oder beide Augen zu, ist das ein Zeichen für ein schmerzhaftes Auge.
Sie können verstärkt tränen, schleimige oder sogar eitrige Sekrete bilden. Neben Verletzungen der Lider oder der Hornhaut, die durch Fremdkörper, Biss-, Kratzverletzungen oder andere Umstände entstehen, gibt es schmerzhafte Prozesse am Auge, die durch die eigenen Haare, bzw. Wimpern hervorgerufen werden.
Doppelter Wimpernkranz
Eine Fehlstellung der Wimpern (Distichiasis), die beim Hund sehr häufig vorkommt, ist bei anderen Tierarten eher selten. Es besteht sozusagen ein doppelter Wimpernkranz. Diese Wimpern haben ihren Ursprung in Drüsen am Lidrand, die embryologisch eng mit Haarfollikeln verwandt sind. Die Sekrete der Drüsen ernähren die Hornhaut und fetten die Lider. Sind die Härchen sehr fein, dann beeinträchtigen sie die Hornhaut nicht. Sind sie aber kräftig und steif, führt dies zu einer ständigen Irritation bis hin zu Löchern in der sehr sensiblen Hornhaut. Um diese Haare zu sehen, bedarf es einer mehrfachen Lupenvergrößerung. Um festzustellen, ob diese Härchen wirklich die Ursache der Schmerzen sind, kann man sie mit einer Pinzette manuell entfernen. Sie wachsen aber in der Regel innerhalb von ein paar Wochen wieder nach. Eine dauerhafte Entfernung erfolgt durch Verödung der Haarfollikel mit Hitze- oder Kältetechnik.
Ektopische Zilie
Eine weitere schmerzhaft fehlgestellte Wimper ist die ektopische Zilie. Wie die Distichiasis-Wimper hat sie ihren Ursprung in der Drüse am Lid, aber sie sitzt nicht unten am Lidrand, sondern kommt aus der Bindehaut der Lidhinterfläche heraus und kratzt somit ständig über die Hornhaut. Das hat zur Folge, dass es immer wieder zur Verletzung der Hornhaut im selben Bereich kommt. Betroffen von dieser Erkrankung sind unter anderem die Shi Tzus. So auch die kleine vierjährige "Lulu", die wegen immer wieder nässenden und schmerzhaften Augen vorgestellt wurde. Auf beiden Hornhäuten waren schon mehrere Narben erkennbar.
Diese Wimpern sind nicht so leicht zu erkennen. Da der Hund mit dieser Problematik sehr schmerzempfindlich am Auge ist, muss dieses erst mit einem lokalen Anästhetikum betäubt werden. Dann dreht man das Lid nach außen um, um auf die Innenfläche sehen zu können. Auch hier benötigt man eine Lupenvergrößerung, es empfiehlt sich eine „Spaltlampe“, die eine 10-16-fache Vergrößerung bietet. Ebenfalls können diese Härchen bei ruhigem Hund und ruhiger Hand manuell entfernt werde - jedoch wachsen sie wieder nach. Lulu hatte an beiden Oberlidern mehrere Stellen, an denen einzelne Haare und auch kleine Haarbüschel aus der Bindehaut austraten.
Die Methode der Wahl ist die operative Entfernung der gesamten Haaranlage. Dazu wird der Hund in Vollnarkose gelegt. Mit einer speziellen runden Klammer wird das Lid gefasst und zur Verminderung der Durchblutung leicht abgeklemmt und nach außen gedreht. Das im Zentrum befindliche Haar, bzw. der Haarbüschel wird dann mit einer Skalpellklinge blockartig mit der gesamten Haaranlage herausgeschnitten. Eine Naht ist nicht nötig. Die Nachbehandlung erfolgt mit einer antibiotischen Augensalbe über mehrere Tage.
Bei nicht heilenden oder wiederkehrenden Hornhautverletzungen sind oft störende, mehr oder weniger sichtbare Haare die Ursache."
Trichiasis - Misswuchs der Wimpern
Bei der dritten Form der Haarprobleme, der Trichiasis, handelt es sich um ganz normale Haare oder Wimpern, die aber durch extremes Wachstum oder eine Fehlstellung der Lider eine Hornhautirritation bewirken. Dazu gehören das Entropium, die Karunkeltrichiasis und die Cockertrichiasis.
Beim Entropium rollt sich das gesamte Lid oder nur Teile des Lides nach innen ein, so dass die normalen Haare der Haut auf der Hornhaut reiben. Da diese Erkrankung vererbt werden kann, sollten diese Hunde nicht zur Zucht eingesetzt werden. Die Korrektur erfolgt durch eine operative Entfernung eines halbmondförmigen Hautlappens mit anschließender Naht zur Raffung des Gewebes.
Bei der Karunkeltrichiasis kommt es zu einem extremen Wachstum der Haare, die von einem normalen kleinen Gewebeknötchen im nasalen Augenwinkel ausgehen. Die liegen dann permanent auf der Hornhaut und bewegen sich im Tränenfilm. Diese Haare verursachen in der Regel stark tränende Augen. Besonders betroffene Rassen sind der Shih Tzu und der Lhasa Apso. Die Karunkeltrichiasis geht wegen der Kurznasigkeit der beiden Rassen oft einher mit einem eingerollten nasalen Augenlid (Entropium) und wird dann mit einer kombinierten Operationstechnik behoben. Auch hiervon wurde die kleine "Lulu" leider nicht verschont.
Bei der Cockertrichiasis kommt es beim älteren Cockerspaniel zu einer Gewebeerschlaffung, die zum Hängen und Einrollen des Oberlides führt, wodurch die sehr langen Wimpern auf der Hornhaut reiben. Die Hunde können die Augenlider kaum mehr anheben. Daher müssen durch eine spezielle Operation die Oberlider gerafft werden, damit die Patienten wieder schmerzfrei sehen können.
Fazit
Bei nicht heilenden oder wiederkehrenden Hornhautverletzungen sind oft störende, mehr oder weniger sichtbare Haare die Ursache.