Die Herbstgrasmilbe: Wie Juckpulver mit acht Beinen

Sie ist winzig klein, der Juckreiz aber ist umso größer: Jedes Jahr im Spätsommer und Herbst geht die Herbstgrasmilbe um und quält Hunde und auch Menschen durch ihre Stiche. Wie Sie in Ihrer Praxis betroffenen Tieren helfen können und was Tierhalter vorbeugend tun sollten, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Hunde mit Herbstgrasmilben-Befall sind im Spätsommer und Herbst häufig in Tierarztpraxen anzutreffen. Dann haben die kleinen orange-roten Milben Neotrombicula autumnalis Hochsaison. Ihre geographische Verbreitung reicht von Westeuropa bis Ostasien, in Deutschland sind vor allem das Rheinland, aber auch Teile von Hessen, Baden-Württemberg und Bayern besonders betroffen.


Parasitisch leben allerdings nur die sechsbeinigen Larvenstadien der Herbstgrasmilben. Anders als bei anderen Milben-Arten wandern Herbstgrasmilben auch nicht von Tier zu Tier, vielmehr lauern die oft orange-ziegelroten Larven auf trockenen Grasflächen in Gärten und Parks, auf Weiden und Wiesen an der Spitze eines Grashalmes auf ihren Wirt. Daher sind vor allem die bodennahen Körperregionen wie Pfoten und Beine, aber auch Brust und Bauch bevorzugte Angriffsflächen der kleinen Blutsauger. Auf dem Hund angekommen, durchschneiden sie mit den Schneidescheren (Cheliceren) ihrer Mundwerkzeuge die oberste Hautschicht (Stratum corneum) und sondern Speichelsekrete ab, durch die ein hyalines Rohr (Stylostom) in die tieferen Hautschichten gebildet wird. Hierdurch wird extraintestinal verflüssigtes Wirtsgewebe und teilweise auch Blut als Nahrung aufgenommen.

Juckreiz durch Milben-Speichel

Die bis zu 0,3 Millimeter großen Larven ernähren sich wie oben beschrieben für einige Tage auf dem Wirt, wobei einzelne Wirtstiere von Hunderten bis Tausenden Larven befallen sein können. Die von den Larven hervorgerufenen winzigen Hautläsionen sowie der von ihnen abgegebene Speichel können zu mittel- bis hochgradigen, zum Teil allergisch bedingten Entzündungen der Haut führen. Klinisch äußert sich dies durch mittelgradigen bis höchstgradigen Juckreiz, Hautrötungen, Quaddeln sowie aufgrund Kratzens zu teilweise ausgeprägten Exkoriationen. Gelegentlich kann es auch zu Krämpfen oder epileptiformen Anfällen kommen. Oft kommt es durch Kratzen und Belecken zusätzlich zu Sekundärläsionen der Haut, die sich mit Bakterien infizieren und entzünden können. Auch wenn die Larven ihren Wirt nach wenigen Tagen – und auch ohne jegliche medizinische Behandlung – wieder verlassen, um sich in der freien Natur zu ausgewachsenen Milben weiterzuentwickeln, bleibt der Juckreiz oft noch einige Zeit darüber hinaus weiter bestehen. Neben dem Vorbericht sowie der klinischen Symptomatik dienen der makroskopische (Lupe) sowie mikroskopische Nachweis der sicheren Diagnosestellung.

Tiere mit Herbstgrasmilben richtig behandeln

Um mögliche Larven im Fell zu beseitigen, hilft oft schon Duschen oder Abspülen der gefährdeten Körperbereiche (Beine, Bauch, Unterseite des Halses) mit klarem Wasser oder gegebenenfalls einem geeigneten Hundeshampoo direkt nach dem Spaziergang. Spezielle Präparate sind zur Behandlung oder Prophylaxe eines Herbstgrasmilbenbefalls nicht zugelassen. Erfahrungsberichte zeigen aber, dass eine lokale Applikation (Pfoten, Abdomen) akarizid wirksamer Präparate wie zum Beispiel Fipronil, Selamectin oder Permethrin-haltige Produkte (Letzteres nicht bei Katzen!) die Larven abtötet. Bei wiederholter Anwendung in kurzen Intervallen von drei bis fünf Tagen kann eine Milbeninfestation verhindern werden.

Ist der Juckreiz sehr stark und quälend, sollte er medikamentös mit Kortikosteroiden in niedriger Dosierung, Antihistaminika oder Janus-Kinase-Hemmern gelindert werden. Durch die medikamentöse Behandlung können Tierhalter zusätzlich vermeiden, dass es durch anhaltendes Kratzen und Knabbern an den juckenden Stellen zu einer ernsthaften Schädigung der Haut kommt.

Wichtig für Hundehalter: Auch Tierbesitzer können sich die lästigen Plagegeister zuziehen, allerdings erfolgt die Übertragung nur direkt von befallenen Pflanzen aus. Eine Übertragung von Tier zu Mensch oder von Tier zu Tier findet nicht statt.

Schutz vor Grasmilben-Larven: Tipps für Hundehalter

Da sich Milben bei Feuchtigkeit in den Boden zurückziehen, sollten Tierbesitzer in der relevanten Jahreszeit bekannte Herbstgrasmilben-Standorte meiden und ihren Hund nur in nasses Gras lassen. Um herauszufinden, ob sich auch im eigenen Garten Larven tummeln, können Tierhalter einen weißen Teller ins Gras legen. Zeigen sich darauf bald orangefarbene Punkte, ist der Test positiv. Experten raten dann, den Rasen gut zu wässern, möglichst häufig zu mähen und den Grasschnitt außerhalb des Gartens zu entsorgen. Hunde, die regelmäßig mit repellierenden Spot-ons behandelt werden oder ein repellierendes Halsband tragen, werden gar nicht oder nur schwach befallen. Besonders bewährt haben sich Sprays, die alle drei bis fünf Tage direkt auf die gefährdeten Körperstellen aufgetragen werden können.

Neben der eher harmlosen Herbstgrasmilbe gibt es auch Milbenarten, die schwerwiegende Krankheiten auslösen können:

Haarbalgmilben (Demodex-Milbe) leben in dem Teil des Haares, der die Haarwurzel umschließt. Bei sehr starkem Befall besiedeln sie auch die Talgdrüsen der Haut. Die Milben sind mikroskopisch klein und haben eine zigarrenartige Form. Fast alle Hunde weisen in ihrer Haut eine geringe Anzahl Demodex-Milben auf, ohne Krankheitszeichen zu entwickeln. Bei sehr jungen Hunden oder erwachsenen Tieren, deren Immunsystem nicht intakt ist, können Haarbalgmilben jedoch eine Demodikose verursachen. Typisch sind zu Beginn trockene schuppige, teils haarlose Stellen im Bereich der Schnauze, der Augen und an den Ohren. Bei Tieren mit geschwächtem Abwehrsystem kann außerdem die Haut am gesamten Körper befallen sein und betroffene Hunde erkranken schwer.

Grabmilben (Sarcoptes-Milben) graben Gänge in die oberen Hautschichten des Hundes. Die Milben sind in der Regel nur unter dem Mikroskop zu erkennen. Die Hauterkrankung als Folge eines Befalls bezeichnet man als Sarcoptes-Räude. Sie ist hochansteckend und führt zu heftigem Juckreiz und krustigen Hautbelägen. Vor allem am Ohr, der Schnauze, am Bauch sowie an Ellbogen- und Sprunggelenken treten die typischen Hautveränderungen auf.

Notoedres-Milben treten vor allem bei Katzen auf und sind beim Hund seltener. Das Krankheitsbild ähnelt dem der Sarcoptes-Räude. Ein Befall ist hochansteckend, und fast immer werden diese Milben von Tier zu Tier übertragen.

Ohrmilben (Otodectes-Milben) leben im äußeren Gehörgang, was zu einer Entzündung des Gehörgangs führt, die meist mit starkem Juckreiz und häufigem Ohrenschütteln einhergeht. Braune, kaffeesatzartige Beläge im Gehörgang sind ein typischer Hinweis auf Ohrmilben. Die Ohrmilben selbst sind als kleine schwarze Pünktchen zu erkennen.

Pelzmilben (Cheyletiellen) sind bis zu 0,5 Millimeter groß und mit bloßem Auge als weißliche Pünktchen zu erkennen. Anders als die meisten anderen Milben leben diese Milben im Fell des Hundes. Meist stecken sich Tiere untereinander an. Schuppige Haut und Juckreiz können auf einen Befall hinweisen.

Nasenmilben (Pneumonyssus) beim Hund kommen überwiegend in Skandinavien vor, gelegentlich aber auch in Deutschland. Mit einer Größe von einem Zentimeter und mehr sind diese Milben recht gut zu erkennen. Sie befallen die Nasenhöhlen und Nasennebenhöhlen und rufen meist Juckreiz und damit häufiges Niesen hervor. Manchmal kommt es auch zu Entzündungen der Nasenhöhlen.

Autoren dieses Beitrages sind Prof. Dr. Georg von Samson-Himmelstjerna, 1. Vorsitzender ESCCAP Deutschland e.V., und Pascale Huber, Tierärztin und Chefredakteurin vetproduction GmbH, Köln