Die Fellfarben bei der Katze

Welche Farbe hat eine Wildkatze? Grau! Diese Antwort ist richtig – und doch nicht ganz korrekt. Bei genauer Betrachtung erkennt man, dass sich die einzelnen Haare einer Wildkatze aus abwechselnden hellen und dunklen Banden zusammensetzen. Das dunkle Pigment heißt Eumelanin, es ist bei der Wildkatze schwarz, das hellere Pigment nennt man Phäomelanin, es ist bei der Wildkatze gelblich. Über dieses grau melierte Fell legt sich dann noch eine dunkle Streifen- oder Tupfenzeichnung. Diese so genannte Tabby-Zeichnung kann durch unterschiedlichste genetische Varianten bei der Hauskatze modifiziert werden: Die Tigerstreifen können unterbrochen sein und dadurch zu einer Tupfenzeichnung werden („Spotted Tabby“) , sie können sich aber auch verbreitern und drehen, und so eine Marmorierung bilden, das so genannte „Blotched Tabby“ oder „Classic Tabby“. Die Streifen können schließlich auch ganz fehlen – hier spricht man dann von „Ticked Tabby“ – ein typisches Beispiel für diese Zeichnung ist die Abessinierkatze.

Tabby-Merkmale

Alle Tabbykatzen haben so genannte Tabby-Merkmale: Typisch ist ein "M" auf der Stirn (früher wurden Tigerkatzen darum mit Maria, der Muttergottes, assoziiert und sind häufig auf früheren Darstellungen christlicher Motive zu finden). Die Augen sind in der genetischen Grundfarbe umrandet, ein Streifen zieht sich jeweils vom äußeren Augenwinkel zum Hinterkopf, etwas dünnere Streifen befinden sich unterhalb davon auf den Wangen. Die Augen sind von einem hellen Fellareal umgeben, einer sogenannten "Brille". Das Kinn ist ebenfalls hell, oft sogar ganz weiß. Auch die Haare an den Ohrinnenrändern sind weiß (im Gegensatz zu non-agouti Katzen, bei denen sie farbig sind). Der Nasenspiegel ist rot oder rosa und in der genetischen Grundfarbe umrandet. Auf der Rückseite der Ohren befindet sich ein heller Fleck, der sogenannte "Daumenabdruck". An der Oberseite des Kopfes ziehen dunkle Linien Richtung Rücken, wo sie in den "Aalstrich" übergehen. Der Hals ist von mehreren "Halsketten" umgeben, auch die Beine und der Schwanz sind geringelt. Die Pfotenballen sowie ein Fellareal an der Fußunterfläche entsprechen der genetischen Farbe (also schwarz bei Katzen, die schwarzes Pigment bilden können, braun bei Katzen mit braunem Pigment etc.). Schließlich findet man am Bauch mehrere dunkle Tupfen, die sogenannten "Westenknöpfe".

Nicht alle Tabby-Katzen weisen die genannten Merkmale in gleich starker Ausprägung auf; vor allem beim Ticked Tabby sind die Tabbymerkmale oft etwas abgeschwächt, vor allem die Streifen um Hals, Beinen und Schwanz können fast ganz verschwunden sein. Findet man aber mehrere der oben genannten Merkmale auf einer Katze, so ist dies ein Beleg dafür, dass es sich um eine Tabby-Katze handelt. Eine genetische Variante führt dazu, dass Katzen in ihre Haare gleichmäßig Eumelanin einlagern und dadurch ein einfarbiges Haarkleid zeigen. Diese Variante ist rezessiv gegenüber der Wildfärbung, darum können zwei Tigerkatzen, die jeweils Träger dieser rezessiven Anlage sind, einfarbige Kitten zeugen, zwei einfarbig schwarze Katzen beispielsweise können keinen getigerten Nachwuchs haben.

 Katzen mit dominantem Weiß und auch solche mit einer Extremscheckung haben ein höheres Risiko für Taubheit. Die Zucht mit dem Faktor W wird deshalb als Qualzucht eingestuft."

Dr. Anna Laukner, LABOGEN

Das Gen für die rote Farbe ist geschlechtsgebunden.

Eine interessante farbliche Besonderheit stellen rote und schildpatt-farbene Katzen dar: Das Gen für die rote Farbe ist geschlechtsgebunden, es befindet sich auf dem X-Chromosom (also dem weiblichen Geschlechtschromosom) und wird mit O (für Orange) abgekürzt. Hat eine weibliche Katze den Genotyp OX (hat sie also eine Variante für rotes Fell), so prägt sie eine schildpattfarbene Zeichnung aus. Ihr Fell erscheint mosaikartig aus roten Flecken und Flecken in ihrer „sonstigen“ Farbe zusammengesetzt. Ist sie eine schwarze Katze, so erscheint ihr Fell wie ein Mosaik aus roten und schwarzen Flecken (dies nennt man „tortie“). Ist sie eine Tigerkatze, so hat sie rot getigerte Flecken auf getigertem Grund (dies nennt man auch „tortie-tabby“ oder „torbie“).

Eine rot getigerte oder einfarbig rote Katze kann weiblich (OO) oder männlich (OY) sein. Männliche Schildpattkatzen sind extrem selten, sie sind außerdem meist unfruchtbar, da sie in der Regel ein zweites X-Chromosom haben (also den Genotyp OXY), um überhaupt eine Schildpattzeichnung ausprägen zu können.

Welche Farbe das Eumelanin selbst hat, wird von wiederum anderen Genen bestimmt. So gibt es eine Variante namens Dilution, die dafür sorgt, dass das schwarze Eumelanin zu einer blaugrauen Farbe verdünnt wird. Zwei weitere Varianten in einem anderen Gen wiederum bewirken, dass Eumelanin eine schokoladenbraune oder eine zimtfarbene Tönung annimmt. Wirken die Dilution und die Braunvarianten zugleich auf das Eumelanin ein, so entsteht lilac bzw. fawnfarbenes Eumelanin. Rotes Pigment schließlich wird zu so genanntem „Creme“ verdünnt.
 Eine Schildpattkatze kann also nicht nur schwarz-rot sein, sondern beispielsweise auch braun-rot, blau-creme oder lilac-creme.
 Auch das Phäomelanin kann unterschiedlichen genetischen Einflüssen unterworfen sein: Eine starke Aufhellung des eigentlich gelblichen Farbtons führt zur Farbvariante „Silber“, eine starke Intensivierung hingegen ist Grundlage der so genannten „Golden“ Farbschläge.
 Auch die Ausdehnung der dunklen Anteile in den Einzelhaaren bei einer Tabbykatze kann unterschiedlich stark sein: Wird der dunkle Anteil in Richtung Haarspitzen verdrängt, resultieren Zeichnungsmuster, die man je nach Haarlänge und Ausdehnungsgrad als Shaded, Tipped, Chinchilla oder Shell bezeichnet.

Temperatur-sensitiver Albinismus

Eine weitere interessante farbliche Variante bei der Katze stellt der Temperatur-sensitive Albinismus dar, besser bekannt als Siamzeichnung oder Colorpoint. Solche Katzen werden weiß geboren und dunkeln an den betreffenden Stellen (Kopf, Gliedmaßen, Schwanz) mehr oder weniger stark nach. Diese Pigmentierung wird durch eine "thermolabile Tyrosinase" hervorgerufen. Tyrosinase ist ein Enzym, das für die Pigmentproduktion verantwortlich ist. Im Falle der Point-Mutation ist die Tyrosinase thermolabil, das heißt, sie kann bei warmen Temperaturen kein Pigment synthetisieren. Je wärmer die Umgebungstemperatur beziehungsweise der Körper der Katze, desto heller ist der Körper beziehungsweise das Körperteil. So lässt sich auch erklären, warum Gesicht, Beine und Schwanz am dunkelsten sind: Hier ist der Tierkörper nicht mit Fett unterlegt, das gegen Kälte isoliert. Die genetische Grundfarbe des Tieres bestimmt die Farbe der Points (so bezeichnet man die dunklen Körperspitzen). Eine Katze, die genetisch einfarbig schwarz ist, wird zur sogenannten Seal-Point (Seal ist die englische Bezeichnung für Seehund und bezeichnet eine Farbe, die zwischen dunkelbraun und schwarz liegt – eine Katze mit Point-Zeichnung wird nie lackschwarze Points haben können). Die gleiche Katze mit Dilute-Faktor wird zur Blue-Point. Eine Katze mit Braunfaktor ist eine Chocolate-Point, eine rote Katze mit Points wird zur Red-Point etc. Natürlich können alle diese Farben auch in der Tabby-Variante vorkommen, ebenso in der Tortie-Variante.

Ein weiteres Allel ist verantwortlich für die Zeichnung der Burmakatze. Hier ist die Aufhellung nicht ganz so ausgeprägt wie bei der Siamvariante; Katzen mit dem Burmafaktor haben dunkle Points auf einem nur minimal aufgehellten Körper. Die Weißscheckung ist eine der ersten genetischen Varianten, die sich bei allen Säugetieren einstellte, die sich auf der Domestikationsstufe vom Wild- zum Haustier befanden.

Weißscheckung

Darum gibt es bei allen Haustierarten sowohl bei Rassetieren als auch bei rasselosen Tieren vielfältige Formen der Weißscheckung. Jede Weißscheckung hat ihren Ursprung in einer verhinderten Auswanderung von Pigmentzellen während der Embryonalentwicklung. Weiß ist demnach keine Farbe, sondern das Fehlen von Pigment. Bei der Katze gibt es einen Gentest auf dominantes Weiß und Weißscheckung: Der Genort für Dominant White/White Spotting mit drei bekannten Allelen: W für dominantes Weiß, ws für Scheckung und w+ für den Wildtyp (also keine Weißscheckung). Ein reinweißes Fell ohne jegliches pigmentierte Haar wird durch das dominante Allel W hervorgerufen. Dieses unterdrückt die Auswanderung der Pigmentzellen während des Emryonalstadium in die Haut und in die Haarwurzelzellen komplett. Da bestimmte umgewandelte Pigmentzellen im Innenohr wichtig für das Hörvermögen sind, kommt Taubheit häufiger bei weißen blauäugigen Katzen mit dem Allel W vor als bei anderen Katzen – ihre Zucht wird in Deutschland als Qualzucht eingestuft.

Gesundheitsprobleme

Taubheit: 
Katzen mit dominantem Weiß und auch solche mit einer Extremscheckung haben ein höheres Risiko für Taubheit. Die Testung der Zuchttiere auf ihr Hörvermögen ändert nichts an der Tatsache, dass auch die Kitten hörender dominant weißer Katzen von einem erhöhten Taubheitsrisiko betroffen sind. Die Zucht mit dem Faktor W wird deshalb als Qualzucht eingestuft.

Hautkrebs: 
Unpigmentierte und unbehaarte Haut ist dem UV-Licht "ungefiltert" ausgesetzt. Deshalb erkranken Katzen mit unpigmentierten Ohrmuscheln und Nasenspiegeln häufiger an UV-induzierten Hauttumoren als Katzen, die in diesen Bereichen pigmentiert sind. Je stärker diese Katzen der Sonnenstrahlung ausgesetzt sind, desto höher ist ihr Risiko, an dem aggressiv wachsenden Plattenepithelkarzinom zu erkranken.