Erste "Wund"-Hilfe beim Hund

Wunden sind etwas Alltägliches - sie kommen immer wieder vor und haben viele Gesichter. Als Hundebesitzer fragt man sich, was man tun kann, wenn sich der eigene Hund verletzt? Grundsätzlich ist hierbei das Wichtigste zu beurteilen, ob es sich um eine Bagatellverletzung oder um eine ernste Bedrohung für den Hund handelt. Oder ganz trivial: wird das von alleine wieder, oder brauchen wir einen Tierarzt?

Lieber ein Blick zu viel als einer zu wenig!

Aus dem Blickwinkel des Tierarztes muss man sagen: "Lieber ein Blick zu viel als einer zu wenig!" Denn häufig ist es nämlich gar nicht so einfach zwischen harmlos und schwerwiegend zu entscheiden. Nicht einmal für den Fachmann, bzw. für die Fachfrau. Was ein bisschen hilft, ist sich zu überlegen, wie die Wunde entstanden ist: beim täglichen Spaziergang können sich Hunde leicht Kratzer, Schnitte und/oder durch Stöckchen verursachte Verletzungen zuziehen. Oberflächliche Wunden, bei denen nur eine Schicht der Haut betroffen ist, heilen oftmals von alleine wieder. Klaffende Wunden und blutende Schnitte sollten jedoch auf jeden Fall fachmännisch behandelt werden.

Das Entfernen von Fremdkörpern sollte daher lieber dem Tierarzt überlassen werden.

Da der Tierarzt jedoch selten beim Spaziergang dabei ist, muss der Hundehalter also "Erste Hilfe" leisten? Handelt es sich um eine tiefer gehende Wunde, die Haut verletzt ist und klaffende Wunden entstanden sind, sollte erst einmal die Wunde ausgespült werden. Dafür eignet sich beispielsweise sauberes Trinkwasser. Mit antiseptischen Lösungen oder desinfizierenden Mitteln sollten Hundebesitzer vorsichtig sein, da manche dieser Mittel mehr Schaden anrichten können, als dass sie helfen. Aus diesem Grund sollte man lieber zunächst auf den Reinigungseffekt von Wasser setzen und kein Risiko eingehen. Hierbei gilt der grundsatz: "Viel hilft viel!" Wichtig ist, dass der Hund in keinem Fall an der Wunde schlecken kann. Entgegen der langläufigen Meinung haben Hunde viele Bakterien im Maul, die eine Wundinfektion auslösen können. Grobe Verschmutzungen sollte man entfernen. Dabei ist aber darauf zu achten, dass Stöcke oder andere Fremdkörper, die im Tier stecken, niemals vor Ort entfernt werden dürfen. Man weiß nie, wo genau sich der Stock befindet. Sollte er eventuell an einem großen Gefäß stecken, können schwere Verletzungen oder Blutungen beim Rausziehen provoziert werden. Das Entfernen von Fremdkörpern sollte daher lieber dem Tierarzt überlassen werden.

Die meisten Schnittverletzungen oder Risse an Ohr oder Pfote bluten sehr stark - auch diese Wunden kann man mit Wasser ausspülen. Gegen die Blutung hilft Druck! Wenn man zu zweit unterwegs ist, können Kleidungsstücke zusammengerollt und - so es der Hund zulässt - auf die Wunde gedrückt werden. Idealerweise helfen Druckverbände, die sollten nur nach entsprechender Schulung angelegt werden. Auch wenn die Schnitte oder Risse nur klein erscheinen, ist es wichtig, dass die Blutungen gestillt werden. Zudem laufen an der Pfote neben Gefäßen auch viele Sehen entlang, die gerne mit beschädigt werden und gegebenenfalls vernäht werden müssen. 

Eine ganz besondere Situation stellen Bissverletzungen dar. Wenn Hunde beißen, greifen sie Ihre Kontrahenten mit den Fangzähnen und ‚rütteln’ an Ihrem Gegner. Im Gegensatz zur menschlichen Haut, ist die des Hundes aber sehr elastisch. Das kann übrigens getestet werden, indem eine Hautfalte gefasst und dann vorsichtig gezogen wird. Da ist viel Platz! Diese Elasitizität führt dazu, dass die Haut gegriffen wird und sich beim Schütteln mit den Zähnen zusammen verschiebt. Unter der Haut kann das Gewebe jedoch nicht ausweichen. Muskeln, Sehnen, Gefäße und mehr werden gequetscht und "zerschnitten". Weil die Haut aber mitgeht, sieht man in der Regel außen nur sehr kleine, unspektakuläre Verletzungen. Während des Beißens werden außerdem Bakterien aus der Mundhöhle des Angreifers in die entstehenden Hohlräume eingeimpft. Die zerkleinerten Gewebebestandteile und entstehendes Gewebswasser bieten dort zusammen mit den hohen Temperaturen ideale Wachstumsbedingungen für diese Mikroben. Weil das darunter gelegene Gewebe traumatisiert ist und oft Gefäße gerissen sind, kann die körpereigene ‚Abwehr’ (Immunzellen) aber nur schlecht an den Ort des Geschehens gelangen. Übrigens erreichen auch Antibiotika - die ja bekanntlich mit dem Blutstrom transportiert werden – den Ort des Geschehens kaum, solange noch "Gewebetrümmer" vorhanden sind! Das ist auch der Grund, warum nur die Gabe eines Antibiotikum bei schweren Verletzungen nicht hilft! Im Gegenteil, denn das Risiko, resistente Keime zu züchten, ist groß!  Die Bakterien können sich an die Substanz "gewöhnen" und werden dadurch schlechter behandelbar.  

Tatsache ist, dass sich bei 40-80% aller Bissverletzungen Keime nachweisen lassen. Und ca. 20 Prozent dieser Keime sind schon von Anfang an resistent! Sie kommen aus unserer Umwelt, sitzen auf uns und unseren Hunden - was meistens auch gar nicht schlimm ist! Unser Immunsystem bringt sie in der Regel irgendwann um, ohne dass wir es merken. Schwierig wird es nur, wenn etwas passiert, das das Immunsystem schwächt - wie zum Beispiel eine Verletzung! Daher ist es unbedingt notwendig, bei Bissverletzungen schnellstmöglich auszuschließen, dass unter der "kleinen" Hautöffnung schwerere Verletzungen entstanden sind. Idealerweise noch, bevor sich eine Infektion bilden kann. In der Regel spricht man von einem "goldenen Zeitfenster" von 6 Stunden, nach dem man von einem Infekt ausgehen muss. Keinesfalls dürfen dem Patienten kein übrig gebliebenes Antibiotikum vom letzten Tierarztbesuch verabreicht werden - auch Schmerzmedikamente sollte nur in Absprache mit einem Tierarzt gegeben werden. Hunde vertragen Medikamente nicht so wie Menschen, und eine ungerichtete Antibiotikagabe fördert das Auftreten von Resistenzen.

Idealerweise sollte ein erfahrener Tierarzt die Wunde beurteilen. Wenn der Verdacht auf eine tiefere Verletzung besteht, ist in der Regel eine Untersuchung in Narkose und chirurgische Versorgung angesagt. Auch wenn das auf den ersten Blick schockiert; es ist besser, vorsorglich eine Wunde ernst zu nehmen und alles zu tun, um einen Infekt zu verhindern, als zu warten und sich zu ärgern, wenn die Wunde nicht heilt. Im schlimmsten Fall können aus kleinen Bagatell-Verletzungen schwere Infektionen bis hin zu Blutvergiftungen entstehen, die dann das Leben des Hundes bedrohen können. 

Was die Schwere der Bissverletzungen angeht, sind Hunde unter zehn Kilo deutlich öfter von schweren Verletzungen betroffen. Schwere Hunde zeigen öfter kleinere Verletzungen im Bereich der Beine und Ohren als kleinere Hunde, die gerne am Brustkorb oder am Bauch gegriffen und "gebeutelt" werden. 


Neben den alltäglichen Verletzungen sehen wir in der Kleintierklinik natürlich auch immer wieder schwere Verletzungen nach Autounfällen, Verbrennungen oder Verletzungen durch Schrot oder Fallen. Hier stehen der Schock und die Begleitverletzungen des Hundes immer im Vordergrund. 

Auch wenn Ihr Hund Ihnen zunächst noch ganz normal vorkommt, sollten sie keine Zeit verlieren und ihren Liebling schnellstmöglich bei einem Tierarzt vorstellen. Ein Schockgeschehen wird, wenn dieser nicht behandelt wird, immer schlimmer und kann tödlich enden. Wichtig ist, erst einmal den Kreislauf des Patienten zu stabilisieren - Ihr Tierarzt kann da mit Infusionen helfen. Danach kann geklärt werden, ob Lunge und andere wichtige Organe nicht ebenfalls verletzt wurden. Bis dahin können sie die Wunde reinigen und trocken abdecken. In vielen deutschen Städten gibt es sog. "Tierrettungsdienste", die schnell Hilfe leisten können, das Tier schnell versorgen und zu einem Arzt bringen.

Lassen sie sich nicht entmutigen, wenn eine Wunde sehr schlimm aussieht. Heutzutage bieten Spezialzentren Wundtherapie auf höchstem Niveau, die es ermöglicht, viele Verletzungen erfolgreich zu behandeln. Wiederherstellungs-Maßnahmen, wie Hauttransplantationen oder andere Techniken können dann die Heilung erheblich beschleunigen.

Tierkrankenversicherungen reduzieren die finanzielle Sorgen bei einer kostspieligen Therapie!

Abschließend liegt mir noch eine wichtige Tatsache am Herzen: die Medizin hat sich weit entwickelt, so dass sehr vielen Patienten geholfen werden kann. Die Tiermedizin in Deutschland ist hoch entwickelt. Neben hoch kompetenten Haustierärzten gibt es darüber hinaus Spezialisten für Wundtherapie, die vielfach Hilfe leisten können. Leider sind wir alle vor dem "Zufall" nicht geschützt. Eine Verletzung kann ganz simpel sein, aber im anderen Fall komplizierte Therapien nach sich ziehen, die leider auch Ihren Preis haben. Aus diesem Grund kann ich aus tierärztlicher Sicht nur dazu raten, sich rechtzeitig über geeignete Tierkrankenversicherungen zu erkundigen! Eine gute Versicherung nimmt einem nicht die Sorge um das Tier, wenn etwas passiert, aber zumindest kann die finanzielle Sorge deutlich reduziert werden!

Lieber auf "Nummer Sicher" gehen!

Ich wünsche Ihnen und Ihren Tieren, dass sie meine Tipps nicht benötigen. Wenn es aber doch dazu kommt, gehen Sie lieber auf "Nummer Sicher"! Der Haustierarzt Ihres Vertrauens hilft einzuschätzen, ob weitere Maßnahmen nötig sind und wird Sie gegebenenfalls an einen Spezialisten vermitteln.