Der lange Weg zum Blindenführhund!
Mindestens zwei Jahre vergehen von der Geburt und der Welpenzeit, über das Heranwachsen bei einer Patenfamilie, der eigentlichen Ausbildung und bis zur Einarbeitung bei dem sehbehinderten oder blinden Menschen.
Das Licht der Welt erblicken die Welpen unter der Obhut von erfahrenem Personal in unserer Schule. Hier werden sie in speziell für sie eingerichteten Innen- und Außenräumen bereits früh spielerisch auf ihre spätere Aufgabe vorbereitet. Behutsam werden ihnen erste Großstadtgeräusche vom Band vorgespielt, sie lernen verschiedenste Bodenbeläge und Hindernisse kennen, damit sie später keine Angst davor haben. Den Hunden wird außerdem beigebracht, dass es auch über ihnen viel zu entdecken gibt, denn später müssen sie Hindernisse, die den ihnen zugeteilten blinden oder sehbehinderten Menschen verletzen könnten, erkennen und anzeigen.
Patenfamilien kümmern sich um die Sozialisierung und den Grundgehorsam der Welpen.
Mit etwa zehn Wochen ziehen die Welpen bei sorgfältig ausgewählten Patenfamilien ein. Hier lernen sie, sich in einem städtischen Wohnumfeld zurechtzufinden und machen Bekanntschaft mit anderen Hunden, Tieren und Menschen. Eine frühe Sozialisierung und Prägung ist die Grundlage für die spätere Ausbildung. In persönlicher Rücksprache und bei regelmäßigen Treffen mit unseren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen werden Fragen zum allgemeinen Umgang, wie Stubenreinheit, Fütterung und Gehorsam geklärt und Trainingsschritte besprochen.
Nur die Hälfte der Hunde haben das Zeug zum Blindenführhund
Die Führhundearbeit stellt sowohl eine körperliche, als auch geistige Herausforderung an die Vierbeiner dar. Neben unserer 25-jährigen Erfahrung in der Ausbildung verfolgen wir seit zehn Jahren auch eine hauseigene Labradorzucht, sodass wir die Eignung optimal beeinflussen können. So kann etwa die Hälfte der Hunde nach der Patenzeit ihre Ausbildung fortsetzen. In der sogenannten „Einstellungsuntersuchung“ beim Tierarzt werden die Hunde nicht nur „auf Herz und Nieren“ geprüft, auch der Zustand der Knochen, Gelenke, Augen und Zähne wird untersucht - außerdem wird vom Tierarzt ein großes Blutbild gemacht.
Ist gesundheitlich alles ok, muss noch ein Wesenstest absolviert werden. Dabei werden die Reaktion unbekannte Menschen und Situationen, sowie eine gewisse Schussfestigkeit überprüft. Wünschenswert ist ein souveräner Hund, der sich auf das Unbekannte zubewegt und damit auseinandersetzt. Aber auch ein sogenanntes „Pseudoschnüffeln“ als Übersprungshandlung, oder das „Nachfragen“ bei dem Hundehalter sind erlaubt. Nur stark gestresst, aggressiv oder panisch darf der Hund nicht werden. Schließlich soll er auch im Alltag belastbar sein und darf keine Gefahr für seinen Halter oder Halterin darstellen. Auch Hunde, die die Ausbildung von hier nicht weiter fortsetzen können, werden von uns nicht einfach verkauft. Oft können sie bei ihren ehemaligen Patenfamilien einziehen, bleiben aber auch in diesem Fall immer Eigentum unserer Schule.
Die Ausbildung zum Blindenführhund
Auch während der Ausbildung leben unsere Hunde nicht im Zwinger, sondern im Wohnumfeld unserer Trainer oder Trainerinnen. Uns ist wichtig, dass sie auch weiterhin als „ganz normale“ Familien- und Begleithunde leben, denn auch das ist zukünftig eine ihrer wichtigen Aufgaben. Während der eigentlichen Ausbildung lernt der Hund durch Wiederholung und Belohnung auf über 30 Hörzeichen zu reagieren. Der blinde oder sehbehinderte Mensch kann sich anhand dieser Hörzeichen z.B. Ampeln, Briefkästen, Türen oder Sitzgelegenheiten in Bus und Bahn anzeigen lassen. Der Hund muss Bordsteinkanten, Hindernisse in Kopfhöhe und andere Stolperfallen unbedingt immer selbständig anzeigen. Ziel ist es, den Hund zu befähigen, den Führhundhalter oder Führhundhalterin ohne Gefährdung sicher im Straßenverkehr zu führen, dazu gehört auch die die intelligente Gehorsamsverweigerung, wenn zum Beispiel „Abgründe“, wie Rolltreppe oder ein Gleisbett vor ihm liegen. Schließlich darf er seinen blinden oder sehbehinderten Menschen nicht in eine Gefahrensituation hineinführen.
Prüfung unter der Dunkelbrille
Nach ungefähr neun Monaten findet zunächst eine Prüfung mit dem Trainer oder der Trainerin unter der Dunkelbrille statt. Hier ergeben sich in der Regel keine Probleme, es ist jedoch eine interne Qualitätskontrolle und für uns die Bestätigung, dass der Hund bereit für die Einarbeitung bei „seinem“ blinden oder sehbehinderten Menschen ist. Ungefähr zur der Hälfte der Ausbildung lernt der Hund bereits seinen zukünftigen Blindenführhundhalter oder Blindenführhundhalterin kennen, um herauszufinden, ob „die Chemie stimmt“. Viele Faktoren, wie Temperament, Wohnumfeld, Mobilität und Persönlichkeit spielen hier eine Rolle.
Der Helfer auf vier Pfoten schenkt seinem Halter oder seiner Halterin ein selbstbestimmtes und glückliches Leben, er steht ihm/ ihr als vertrauenswürdigen Gefährten und Freund zur Seite, dies dürfen wir bei unserer Arbeit immer wieder neu erleben. Unsere Hunde und ihre Führhundhalter oder Führhundhalterinnen werden von unserer Schule lebenslänglich betreut."
Übergabe an den blinden oder sehbehinderten Menschen – Mensch und Hund werden eine Einheit
Nachdem sich zukünftiger Blindenführhund und Halter oder Halterin
bereits während der Ausbildung kennen lernen und „für gut befinden“
durften, lernt der Hund nun mehrere Wochen lang sein neues Umfeld unter
Anleitung durch seinen Trainer oder Trainerin kennen. Die Unterstützung
wird immer weiter abgebaut, bis der Trainer oder die Trainerin sich
vollständig zurückziehen kann. Nun sind die beiden bereit für ihre Gespannprüfung und einen
eigenständigen Alltag, indem der Hund als Assistenz für mehr Mobilität
und Selbstbestimmtheit sorgt, aber auch eine tiefe Freundschaft, in der
man sich gegenseitig vertrauen und achten muss.
Lebensabend als Seniorenhund
In der Regel geht ein Blindenführhund mit acht bis zehn Jahren in Rente. Einige Halter oder Halterinnen melden sich bereits für einen weiteren Hund bei uns an, wenn absehbar ist, dass der Hund bald nicht mehr arbeiten kann. Kann der Hund ausnahmsweise nicht bei seinem Besitzer bleiben, nehmen wir ihn zurück und suchen einen guten Platz für ihn. Alle unsere Hunde, ob ausgemusterter Blindenführhund, Zuchthund oder Pensionär, bleiben ein Hundeleben lang unser Eigentum. Somit können wir gut auf eine artgerechte Haltung und lebenslange Nachbetreuung achten. Wenn Sie einen Seniorenhund bei sich aufnehmen wollen, dann melden Sie sich bei uns.
Wenn Sie einen Führgespann treffen
Ein Blindenführhund fällt überall auf - es ist faszinierend, auf ein Gespann zu treffen. Wir können das natürlich nachvollziehen, möchten aber trotzdem darum bitten, dem Hund nicht unnötig seine Arbeit zu erschweren, damit er nicht überfordert wird. Dies kann zum Beispiel durch Ansprechen, Pfeifen, intensives Angucken, Streicheln, Füttern, etc.geschehen. Sprechen Sie gegebenenfalls unbedingt seine HalterIn vorher freundlich an, um abzuklären, ob sie Kontakt zu dem Hund aufnehmen können.