Janine Inoks - "Krieger, Poet und Strippenzieherin"

Portrait Marion May
von Marion May – 16.09.2016

„Was sind Sie denn für ne fiese Person?“ Janine Inoks erzählt in echt kölscher Manier und spielt eine ältere Dame nach, die gar nicht verstehen konnte, wie die Hundetrainerin so energisch in Hundebegegnungen eingreifen kann. „Dabei bin ich viel diplomatischer als mein Hund.“ Janine Inoks leitet zusammen mit Ihrer Kollegin Agata Stefanski die Hundeschule Unitas in Köln und ist in der Tat alles andere als eine fiese Person.

Unter dem Motto „Erziehung fördern – Abenteuer erleben“ lehrt sie Menschen, Hunde durch die Herausforderungen der Großstadt zu lavieren, klare Strukturen zu entwickeln und durchzuhalten. Und auch, wie eine soziale Bindung zwischen Mensch und Hund idealerweise aussieht. An einem herrlichen Septembertag ist die Hundetrainerin mit ihren Hunden Köbes und Pepper auf ihrer Lieblingsstrecke rund um den Otto-Maigler-See unterwegs. Köbes ist ein „Kind der Liebe“, eine Mischung zwischen Malinois und Labrador Podenco, Pepper ein Australian Shepherd.

Die gelernte Kommunikationsfachwirtin sprudelt – und man merkt, wie sehr sie in ihren Themen zuhause ist. Sie erklärt, erzählt, vermittelt lebendig und präsent. Sie könnte auch schweigend nebenher laufen; im Umgang mit ihren Hunden sieht man recht schnell, wie sie mit den Vierbeinern arbeitet. Pepper ist der Poet, bleibt meist eng bei ihr. Köbes ist der Kriegsheld, dem Hundemädels und junge Hunde gerne hinterherlaufen. Köbes sieht das gelassen, er scheint einem eigenen Plan zu folgen, ist fit im Kopf und im Körper. Obwohl er als „Montagshund“ Unfälle und Verletzungen nahezu anzuziehen scheint.

Das ist der Deal: Freiheit gegen Gehorsam

Die Hundeexpertin weiß um die Eigenarten und Stärken ihrer Tiere, lässt die beiden da, wo es erlaubt ist, frei laufen. Und Köbes macht Strecke – kraftvoll dreht er große Runden, erforscht unerschrocken Unterholz und neue Wege. Sobald ein anderer Hund zu sehen ist, ruft sie und beide Hunden mucksen und zögern nicht, sondern sprinten gehorsam zu ihr.

Darum geht es: Gefahrensituationen gar nicht erst aufkommen lassen. Und so kam es zu besagter Begegnung, in der die Bezeichnung „fiese Person“ geboren wurde. Inoks weiß: „Meine Hunde vertrauen mir. Aber wenn ich die Situation nicht regele, werden sie selbst aktiv. Und das ist nicht die Aufgaben meiner Hunde, sondern meine.“ Deswegen muss manchmal auch ein fremder Hund energisch (also wirksam) weggeschickt werden.

Die Trainerin, die sich lieber als „Strippenzieherin“ sieht, übernimmt Verantwortung und kann auch klar „Nein“ sagen. Was heute so sonnig und selbstverständlich passiert, hat Geschichte. Inoks war zunächst in einem ganz normalen Beruf unterwegs: Sie hat in einer Werbeagentur als Kundenberaterin angefangen, war später Produktionerin bei action concept, die unter anderem „Alarm für Cobra 11“ produziert haben. Hunde kamen da noch gar nicht vor. Die Hundefreundin erinnert sich gruselnd an eine Begebenheit, als sie als kleines Mädchen beobachtete, wie Hundeausbildung noch mit Stachelhalsband stattfand. 2003 hat sie „Ein Coach für alle Fälle gesehen“ und das hat einen Nerv getroffen. Inoks hat sich spontan für eine Ausbildung beworben: Wortreich, enthusiastisch, naiv, aber begeistert.

Fit zu Land und Wasser

Immer wieder joggt sie ein Stück mit den Hunden. „Na klar bin ich fit. Ich bin gestern eine Stunde mit meinen Hunden durch den See geschwommen. Ich bin wie Konrad Lorenz. Nur nicht mit Gänsen.“

Janine bietet uns ein tolles Unterhaltungsprogramm und lässt uns jeden Tag spannende Dinge tun. Aber am wichtigsten ist es uns, einfach bei ihr zu sein.

Köbes + Pepper

Maolinois-Labrador-Podenko (4) und Australian Shepherd (7)

In der ersten Runde sollte das nichts werden mit der Ausbildung - erst, als Martin Rütter ihr 2007 eine Ausbildungsstelle mit Festanstellung anbieten konnte, hat sie binnen vier Tagen alles umgeworfen: Die Entscheidung getroffen, die Stelle bei action concept gekündigt, noch schnell eine Nachfolgerin gefunden - und dann fing ein anderes Leben an.

Leicht war es gar nicht unbedingt - da war zunächst natürlich der finanzielle Rückschritt. Es zermürbt, wenn man denn gerade in der Gründungszeit erstmal sehen muss, womit die Miete bezahlt wird. Heute schwingt Leichtigkeit mit, wenn die junge Frau berichtet: "Mein Vater hat mich dann erstmal enterbt" - es wurde ja alles gut. 

"Bis heute gibt es einen harten Konkurrenzkampf unter den Hundeschulen, viel schlimmer aber, die Hundeszene ist ein Haifischbecken. Da haushaltet jeder mit seinem Wissen, bloß nichts Preis geben – dabei vergessen die meisten: Wir alle arbeiten für das Wohl des Hundes, und unterm Strich ist es nur das, was zählt. Wir wissen um unsere Grenzen und sind Befürworter eines gut funktionierenden Netzwerkes," so Janine. „Wenn wir mit einem Hund nicht weiter wissen sollten, so haben wir einige Kollegen zur Hand, von denen wir denken, dass der Kunde mit seinem Problem dort besser aufgehoben ist.“

Klare Positionierung, Verantwortung nehmen und auch mal Grenzen setzen - es scheint, als ob diese ganzen Wirbel zwischen den Menschen einfach nur eine persönlichere Ebene dessen beschreiben, was die Chefs der Hundeschule jeden Tag mit den Hunden trainieren.

Guten Morgen! Gute Laune!

Es hat sich ausgezahlt. Seit 2009 ist die Hundetrainerin selbstständig, seit drei Jahren gibt es Unitas, Anspannung merkt man der quirligen Frau heute nicht mehr an. Viele der Kunden, mit der die Hundeschule gestartet ist, sind heute noch an Bord. Was macht so süchtig? Vor allem ihre Ausstrahlung. Freundlich, herzlich, offen, klar, verständlich und ein bisschen kölsch. „Wer immer mit Hunden arbeitet, wird bodenständig. Sie lehren uns, im Hier und Jetzt zu leben.  Es geht nicht um Chichi und Werbechic.“ Inoks liebt ihren Job: „Freie Zeiteinteilung, ich bin viel draußen und wenn die Hunde morgens kommen…“ – sie macht vor und gebärdet: „Guten Morgen! Gute Laune! Ist doch alles gar nicht so schlimm!!“ – und man grinst beim zuhören und weiß genau, was sie meint. Dass sie Job und Leben gar nicht trennt, merkt man – die Kunden der Hundeschule treffen sich zur Nachtwanderung, zum gemeinsamen Urlaub, zu Freizeitevents. 

Das gemeinsame Lernen schwingt immer mit, aber wer trennt da Lernen und Spaß? Eben…