Maren Radau - "Gegen die Angst"

Portrait Kai Voßkämper
von Kai Voßkämper – 23.05.2017

Vor jedem Interview bin ich immer ein wenig aufgeregt, da mir jedes Mal fast unbekannte Menschen gegenüberstehen. Meine Aufgabe ist es dann, sie zu öffnen und ihre Geschichte zu erfahren - am besten unzensiert. Das Gefühl könnte man mit Lampenfieber oder Prüfungsnervosität beschreiben. In dieser Hinsicht ist die Interviewpartnerin besonders interessant. 

Maren Radau ist Coach und kann Menschen dazu bringen, ihre Ängste zu verlieren. Wie sie das macht, erklärt sie mir auf der „Schäl Sick“, der rechtsrheinischen Seite der Domstadt in Köln-Poll. Wir starten unter der Rodenkirchener Brücke und laufen von dort aus ins Naturschutzgebiet „Westhovener Aue“. Es ist ihre persönliche Lieblingstrecke durch eine Heidelandschaft mit kleinem See. Natur pur nicht weit von Köln, und irgendwie muss ich ihr mit ihrem Intervieweinstieg recht geben: „Auf der Schäl Sick leben für mich in Köln die anderen.“

Es ist toll dabei zu sein, wenn Menschen plötzlich ihre Ängste loslassen.

Auf der richtigen Seite des Lebens befindet sich Maren Radau sowieso, denn sie wirkt extrem ruhig und entspannt. Im heutigen Alltag schon fast eine Seltenheit, was daran liegen könnte, dass sie seit einiger Zeit Coach mit einer speziellen Ausbildung ist. Sie schafft es in nur wenigen Sitzungen, bei ihren Klienten Stress abzubauen, Blockaden und Ängste zu lösen und dadurch bei ihnen spürbar Stress abzubauen. Die Methode, die sie dafür benutzt hat sich aus der Traumatherapie entwickelt. Das Ganze nennt sich „Wingwave“ und ist bereits in Studien an der Universität Hamburg, an der Medizinischen Hochschule Hannover und an der Deutschen Sporthochschule Köln beforscht worden. 

Zu ihr kommen Menschen beispielsweise mit Flug-, Prüfungsangst, Panikattacken oder extremen Lampenfieber, die meist aufgrund unverarbeiteter Erlebnisse bestehen. Die Methode setzt auch im Gehirn an, wo das Problem entsteht und sich festgesetzt hat. Aber erst einmal wird der Auslöser für die Ängste genau lokalisiert. Mit Hilfe gezielt eingesetzter rechts-links-Reizungen wird eine optimale Vernetzung beider Gehirnhälften erreicht - Maren erzeugt dann wache REM-Phasen (Rapid Eye Movement), welche wir Menschen sonst nur im nächtlichen Traumschlaf durchlaufen. Damit werden quasi die Gehirnwellen in Schwingung gebracht und "brainwaves" gezielt hervorgerufen, sowie limbische Erfolgsblockaden aufgelöst.

„Was für viele Menschen jetzt vielleicht schwer nachzuvollziehen ist, ist viel mehr als das“, sagt die Coachin. Durch das Verbinden der beiden Gehirnhälften wird das Gehirn in einen Verarbeitungszustand versetzt. Für Maren Radau ist das immer der schönste Moment beim Coaching. „Es ist toll dabei zu sein, wenn sich bei Menschen Blockaden lösen und alles wieder in Fluss kommt. Das sind manchmal Momente von totaler Erleichterung.“

Wenn Du bei mir bist, habe ich keine Angst!

Bonnie

Labradoodle, 3 Jahre alt

Um an diesen Punkt zu kommen und erst einmal die Ängste zu lokalisieren, wendet Maren Radau den sog. Myostatiktest oder O-Ringtest an. Dabei muss der Klient mit Daumen und Zeigefinger einen festen Muskelring bilden, der beim Test durch den Coach mit maximaler Kraft gehalten wird. Maren nutzt diesen Test als "Kompass", um herauszufinden, was die mentale und emotionale Balance ihres Klientren stört. Anhand einer Checkliste von Stressfaktoren überprüft Maren dann Schritt für Schritt, mit welchen Aussagen sich ihr Klient identifiziert, bzw. welche Aussagen Stress erzeugen. Die Trainerin versucht währenddessen, diesen Ring auseinander zu ziehen. Gelingt das leicht, deutet das auf Stress hin, der dann mit der Wingwave-Methode bearbeitet werden kann.

Flugangst kann plötzlich weg sein!

Ihre Klienten sind Menschen, die eine emotionale Blockade spüren. Schauspieler, die unter immensem Lampenfieber leiden, Schüler, die ihre Prüfungsangst lindern möchten, Manager, die stress- und angstfrei vor großen Menschengruppen reden wollen, aber auch Tierfreunde, die Angst vor großen Hunden haben. Bei einer jungen Frau, so erzählt Maren Radau, dauerte es lediglich zwei Sitzungen, bis sich eine seit Jahren entwickelte Flugangst in Luft auflöste. In dem Fall war das für die Klienten besonders schön, denn der unmittelbar bevorstehende Flugurlaub brachte im Gegensatz zu vorherigen Reisen die totale Erholung. Oft sind auch nicht die konkreten Dinge oder Ereignisse, die Ängste auslösen, sondern ganz andere tiefer sitzende Dinge, die durch Wingwave verarbeitet werden können.

Die Welt soll angstfreier und entspannter werden

Als Therapeutin darf und will sich Maren Radau aber nicht sehen. Von echten und diagnostizierten psychischen Erkrankungen, wie Angststörungen oder ähnlichem lässt sie die Finger, denn diese müssen von ausgebildeten Therapeuten und Psychologen bearbeitet werden. Sie versteht sich vor allem als Coach, um bestimmte Anspannungsmomente oder emotionalen Stress abzubauen. Ihr Traum ist es, irgendwann nur noch in diesem Beruf zu arbeiten und die Welt ein wenig angstfreier und entspannter für ihre Mitmenschen zu machen.