Dr. Wolfgang Altstaedten - "Ein Tag in Afrika"

Portrait Dr. Wolfgang Altstaedten
von Dr. Wolfgang Altstaedten – 09.05.2018

Nach einer langen Fahrt über die Pad (Südwesterndeutsch für jede Art von Straße) vom Küstenstädtchen Swakopmund, 400 Kilometer quer durch Namibia, zu meinem Ziel, der „N/à an ku sê“-Wildtierlodge, sind es zum Glück nur noch 30 Kilometer. Ich bin nicht über die asphaltierte Transkalaharistraße gefahren, sondern auf der "C 28" quer über das Gebirge nach Windhoek. Zum Teil war die Schotterstraße in so einem schlechten Zustand, dass sich von dem Toyota-Leihwagen nach dem Passieren eines riesigen Schlagloches der linke, vordere Innenkotflügel aus Kunststoff gelöst hat und polternd von den hinteren Rädern zermalmt wurde. Aber die fantastische Landschaft war es wert.

Vom Eingangstor der „N/á an ku sê“-Lodge („N/á an ku sê“ ist eine Wortlautfolge aus der Sprache der San, den Ureinwohnern Namibias, wird mit einem Klicklaut gesprochen und heißt übersetzt: "Gott ist mit uns“) sind es noch fünf Kilometer bis zum Haupthaus, wo ich auf Marlis und Dr. Rudi van Vuuren, den beiden Besitzern der Lodge, sowie ein Kamerateam treffen werde. Marlis und Rudi widmen sich dem Schutz, der Rettung und der Wiederauswilderung von Wildtieren in Namibia. Auch der ortsansässige Tierarzt Ulf ist mit dabei.

Hormonchip für "Painted Wolf"

Heute wollen wir den afrikanischen Wildhunden (painted wolf) einen Hormonchip einsetzten, damit sie sich nicht ungewollt vermehren und um Inzucht zu vermeiden. Dabei wollen wir ihnen auch Blut zu genetischen Untersuchungen abnehmen. Nach der herzlichen Begrüßung am Haupthaus setzen wir uns mit der Ausrüstung und mehreren Fahrzeugen mit Helfern in Richtung Wildhundegehege in Bewegung. Das hiesige Rudel ist vor Ort mit der Flasche aufgezogen worden, nachdem die verwaisten Welpen in einer Erdhöhle auf einer Farmaufgefunden wurden. Die Mutter der Welpen und die Rudelangehörigen wurden offensichtlich erschossen.

Afrikanische Wildhunde sind vor dem Aussterben bedroht!           

Die bunten, afrikanischen Wildhunde stehen ganz oben auf der roten Liste der vom Aussterben bedrohten Arten. Sie leben in Rudeln von bis zu 20 Tieren und werden von einem Alpha-Weibchen, der Matriarchin, angeführt. Nur dieses Alpha-Weibchen wird von einem Alpha-Rüden tragend. Während das Alpha-Weibchen die Welpen in einer Erdhöhle umsorgt und säugt, geht das Rudel auf die Jagd und versorgt Mutter und Welpen mit Futter. Die Wildhunde gelten als die erfolgreichsten Jäger Afrikas. Sie können über eine Stunde mit 50 bis 60 Stundenkilometer laufen und erlegen mit einer unglaublich raffinierten Strategie ihr ausgesuchtes Opfer - das sind meistens Antilopen. Dabei durchstreifen sie ein riesiges Jagdgebiet und legen täglich viele Kilometer zurück. Sie sind nach meiner Kenntnis die einzigen Raubtiere, bei denen die jungen, schwachen, alten und kranken Tiere zuerst fressen dürfen, bzw. mit hochgewürgtem Fleisch gefüttert werden. Dieses ausgeprägte Sozialverhalten wird angeblich in Management-Trainings als vorbildliches Beispiel präsentiert. Von ihrer Intelligenz her werden sie von Zoologen oft mit Delfinen verglichen. Auch vermutet man, dass ihre riesigen Ohren einer Art Ultraschall-Verständigung dienen.              

Eingezäunte Farmen mit Schafen, Ziegen und Rindern, Haushundekrankheiten, Tollwutinfektionen, der zunehmende Verkehr und die Gewehrläufe der Farmer werden ihnen zunehmend zum Verhängnis. Stirbt die Matriarchin, fällt das Rudel auseinander. Ohne Anschluss an ein neu gebildetes Rudel, sind die Überlebenschancen von Einzeltieren sehr gering. Geht es so weiter, wird es in zehn Jahren keine bunten Wildhunde in freier Wildbahn mehr geben.

Am mehre Quadratkilometer großen  Gehege mit einem Elektrozaun  angekommen, locken wir die Hunde erst mit Futter an. Mit einem Narkosegewehr werden die Hunde einer nach dem anderen von Ulf betäubt. Wir sind jetzt mit zehn Personen ins Innere des Geheges gegangen und tragen die betäubten Hunde nach draußen zu unserem medizinischen Equipment. Dabei müssen uns die Helfer die wütend ihre Rudelmitglieder verteidigende Hunde mit Stöcken und Ästen vom Leibe halten. Bei jedem Hund wird nach einer gründlichen Untersuchung eine Blutprobe entnommen und dann ein Hormonchip unter die Haut gesetzt. Damit die Hornhaut der Augen, die in Narkose weit offen stehen, nicht austrocknet, bekommen alle eine schützende Salbe in die Augen. Zur Wiedererkennung werden die Farbunterschiede der Schwänze fotografiert. Der Kameramann hat es sichtlich schwer bei den Aktionen den richtigen Sichtwinkel zu bekommen. Aber ich glaube, dass er wunderbare Szenen auf die Kamera bannt, die später auf dem Fernsehsender VOX gezeigt werden. Die fertig behandelten Hunde werden im Gehege in einen Käfig gelegt und mit einer Plane gegen die Sonne geschützt. In den Käfigen bekommen sie dann ein Gegenmittel injeziert, um möglichst schnell wieder aufzuwachen. Als sie alle wach sind, klettere ich auf die Käfige und ziehe die Öffnungen nach oben. Sofort laufen sie etwas wankend ihren Rudelmitgliedern entgegen, die sie fiepend begrüßen und neugierig beschnüffeln. Als alle behandelten Hunde wohlauf sind, sammeln wir unser Equipment wieder ein und fahren zum Haupthaus zurück.

Unterwegs laufen uns vor der untergehenden Sonne majestätische Kudus und Oryx-Antilopen über den Weg. Ich werde auf  N/á an ku sê  heute übernachten und freue mich auf das gemeinsame Abendessen mit den an der Aktion Beteiligten. Während die rot glühende, afrikanische Sonne am Horizont versinkt, neigt sich ein wunderschöner, ereignisreicher Tag in Afrika seinem Ende entgegen.

Was können wir tun, damit unsere Enkelkinder noch die Painted Dogs erleben?



Um den Fortbestand dieser wundervollen Tiere zu sichern, sind dringend Spendengelder notwendig. Jeder Euro hilft! Spenden an:

    ⁃    Painted Dog Research Trust, Zimbabwe
    ⁃    Akademie für Zoo- und Wildtierschutz e.V.                                               ⁃    IBAN: DE 0970 0202 7000 1003 7733                                                             ⁃    Stichwort „Painted Dogs“