Pannikulitis – dieser dermatologische Fall geht „unter die Haut“

Der 13-jährige Dackel „Anton“ wurde in der Hautsprechstunde vorgestellt, weil seine Besitzer vor einigen Tagen Hautveränderungen am Rücken bemerkt hatten. Es war aufgefallen, dass er etwas Juckreiz hatte und das Fell verklebt war. Sein Allgemeinbefinden war unverändert. Er hatte guten Appetit, spielte nach wie vor ausgelassen mit seinem 2-jährigem Partnerdackel „Finn“ und zeigte keine Verhaltensveränderungen oder Schmerzen. Es gab keine Veränderungen im Haushalt und keine Futterumstellung in den letzten Monaten. In den 13 Jahren seines Lebens hatte er noch nie irgendwelche Hautveränderungen gehabt, und auch ansonsten gab es keine bekannten Vorerkrankungen. Weder sein Hundekumpel „Finn“ noch seine Besitzer litten an Hautveränderungen. 

Die allgemeine klinische Untersuchung zeigte keine Besonderheiten. Die spezielle dermatologische Untersuchung ergab einzig die Veränderungen am Rumpf von „Anton.“ Die restliche Haut inklusive der Pfoten und Ohren war unauffällig. Das Fell machte einen gepflegten und glänzenden Eindruck. Auffällig waren insgesamt drei Stellen, die in ihrer Größe zwischen 0,5 cm bis 2 cm variierten. Das Fell an diesen Stellen war bereits ausgefallen, und die Haut stellte sich sehr dünn und löchrig dar (Abb.: 1+2). Aus den Wundöffnungen trat klares bis gelbliches Sekret aus. Es wurde ein Abklatsch der Haut gemacht und ein zytologisches Präparat angefertigt. 

Zytologie
Bei einer zytologischen Untersuchung werden z.B. bei Hautentzündungen sogenannte „Abklatschpräparate“ von der Haut und dem Entzündungssekret genommen, die nach einer Spezialfärbung sofort mikroskopisch untersucht werden. Sie ermöglicht dem erfahrenen Tierarzt eine erste Einschätzung über die Art der Entzündung und mögliche Erreger (Bakterien oder Hefen). Die Zytologie von „Antons“ Haut wies viele degenerierte Entzündungszellen, abgestorbene Hautzellen, sowie vereinzelte Bakterien auf. Es wurde ein weiterer Abstrich für eine bakteriologische Untersuchung genommen.

Bakteriologische Untersuchung und Antibiogramms
Diese Untersuchung dauert 2-3 Tage, da die Bakterien auf einem Nährboden angezüchtet werden müssen. Wenn genügend Bakterien gewachsen sind, erfolgt eine Identifikation und es können verschiedene Antibiotika auf ihre Wirksamkeit getestet werden (Antibiogramm). Das Resultat ermöglicht eine maßgeschneiderte Therapie. Das hat den Vorteil, dass die Hunde nicht unnötig mit unwirksamen Antibiotika behandelt werden. Außerdem kann so einer zunehmenden Resistenzbildung von Bakterien gegenüber Antibiotika Einhalt geboten werden.

Da es „Anton“ sehr gut ging, wurde er zunächst mit einer lokalen Wundbehandlung entlassen. Die Wunden wurden von den Besitzern täglich mit einer Polyhexanid-Wundspüllösung befeuchtet, um Bakterien und andere Verunreinigungen zu entfernen. Anschließend wurde eine medizinische Honigsalbe aufgetragen, um auf natürliche Weise gegen Bakterien zu schützen und die Wundheilung zu fördern.

Er wurde vier Tage später zu einer Kontrolle einbestellt, um den Krankheitsverlauf zu kontrollieren und die Ergebnisse der bakteriologischen Untersuchung zu besprechen. Bei „Antons“ Bakterien handelte es sich um den Erreger Staphylococcus intermedius in geringer Keimzahl. Dieses Bakterium gehört zur normalen Hautflora des Hundes. Es vermehrt sich aber z.B. bei Verletzungen der Haut und ist häufig für eitrige Entzündungen verantwortlich. Glücklicherweise war „Antons“ Staph. intermedius sensibel auf alle Antibiotika. Dieser Befund konnte seine Hautveränderungen nicht erklären und wurde als Sekundärinfektion interpretiert.

Die Ursache für die Wunden war also leider noch nicht gefunden. Schlimmer noch, trotz der intensiven Behandlung durch die Besitzer hatten sich die Wunden vergrößert. Auf Grund der negativen Entwicklung wurde nicht nur ein passendes Antibiotikum gestartet, sondern auch mehrere Hautbiopsien unter Lokalanästhesie entnommen (Abb.: 3+4).
 
Hautbiopsien
Bei einer Hautbiopsie werden Gewebeproben mit Hilfe einer Stanze oder eines Skalpells aus der erkrankten Region entnommen. Diese Proben werden dann durch spezielle Verfahren aufbereitet und in hauchdünne Scheiben geschnitten. Anschließend können sie unter dem Mikroskop beurteilt werden. In einem speziellen Labor konnte nun mit Hilfe einer pathohistologischen Untersuchung eine Diagnose gestellt werde: Sterile noduläre Pannikulitis.
 
Die sterile noduläre Pannikulitis des Hundes ist eine eher seltene Hauterkrankung. Sie ist durch eine Entzündung des Unterhautfettgewebes gekennzeichnet. Es werden verschiedene Ursachen diskutiert, aber am häufigsten wird ein immunologisches Geschehen – sozusagen eine „Überreaktion“ des Immunsystems – verantwortlich gemacht. Als mögliche Auslöser können Infektionen, Medikamente oder aber auch Tumorerkrankungen in Frage kommen. Selten lässt sich der Auslöser für diese Überreaktion ermitteln. Die Behandlung erfolgt mit sogenannten immunsupressiven Medikamenten – diese unterdrücken die Überreaktion des Immunsystems. Die Behandlungsdauer variiert von Fall zu Fall und richtet sich in der Regel nach dem Zeitpunkt der vollständigen Abheilung. Häufig kommt es zur vollständigen Ausheilung, aber manche Hunde müssen dauerhaft Medikamente bekommen.
 
Schon 14 Tage nach Therapiebeginn mit einem Kortisonpräparat war eine deutliche Verbesserung festzustellen. Die Wunden waren nahezu abgeheilt. (Abb.: 5) „Anton“ ging es weiterhin gut und das Fell begann schon nachzuwachsen.