​Kardiologie beim Hund - "Momo und sein Husten"

Husten ist ein Schutzreflex des Körpers, um die Atemwege zu reinigen. Häufig gilt er als Symptom für Infektionen der Atemwege. Doch nicht immer ist es nur eine „Erkältung“, denn auch andere ernsthafte Erkrankungen können Husten auslösen. Das zeigt auch der Fall von Momo, einem 11-jährigen Labradorrüden. Momo wurde erstmals vor zwei Jahren in unserer Praxis vorgestellt. Grund: Husten. Die Besitzer berichteten, dass der Rüde in letzter Zeit stark abgenommen hatte und nun zunehmend Husten mit weißem Auswurf zeigte.

Bei der Untersuchung fiel mir eine verlängerte kapillare Füllungszeit (die Schleimhaut bleibt nach kurzem Druck länger als normal hell) sowie ein schnellerer aber vor allem auch unregelmäßiger Herzschlag (sog. Arrhythmie) auf. Zudem war nicht jeder Herzschlag als Pulswelle fühlbar (Pulsdefizit) und Momo atmete schneller als normal. Erstaunlicherweise waren die Lymphknoten im Halsbereich nicht vergrößert, obwohl das häufig als Symptom bei Infektionen der oberen Atemwege auftritt.

Um die unerwarteten Rhythmusstörungen des Herzens genauer zu untersuchen, habe ich direkt ein Elektrokardiogramm (EKG) angefertigt. Hierbei musste ich feststellen, dass vereinzelt auch verfrühte Impulse von der Herzkammer ausgingen, so genannte Ventrikuläre Extrasystolen. Durch das zu frühe Zusammenziehen des Herzens wird dabei weniger Blut in den Körperkreislauf gepumpt, was sich dann jeweils in einer schwachen oder fehlenden Pulswelle äußert und Momos Pulsdefizit erklärte.

Außerdem habe ich eine Röntgenaufnahme von Momos Brustkorb angefertigt. Diese zeigte dann auch eine Verschattung der hinteren Lungenlappen. Die Herzsilhouette war vergrößert und es war eine Stauung der Lungenvenen zu erkennen, was auf ein kardial bedingtes Lungenödem schließen lässt. Es befand sich also Wasser in Momos Lunge.

Ein Röntgenbild kann jedoch höchstens Hinweise auf Herzerkrankungen geben – allein genügt es nicht für eine sichere Diagnose. Ich habe daher das Herz noch einmal genauer mittels Ultraschall untersucht. Diese sogenannte Echokardiographie zeigte bei Momo eine deutlich vergrößerte linke Herzkammer mit sehr dünnen Herzwänden und einer stark verminderten Kontraktilität (die Herzkammer zieht sich also deutlich weniger stark zusammen als normalerweise). Daneben war auch der linke Vorhof vergrößert. Ich musste daher als Diagnose eine Dilatative Kardiomyopathie (DCM) feststellen.

Was ist eine DCM?

Bei einer DCM handelt es sich um eine Erkrankung des Herzmuskels, bei der es zu einer Erweiterung der linken oder beider Herzkammern verbunden mit einer verminderten Kontraktilität des Herzens kommt. An einer DCM erkranken vor allem Hunde großer Rassen. Besonders häufig sind Deutsche Doggen, irische Wolfshunde, Neufundländer aber auch Labradore wie Momo betroffen. Sonderformen treten beim Dobermann und Boxer auf. Im Mittelpunkt der Erkrankung steht der Defekt von Herzmuskelzellen. Als Folge kann nicht mehr genügend Blut in den Körper gepumpt werden.

Der Körper versucht durch verschiedene Mechanismen die verminderte Pumpleistung auszugleichen. Im Verlauf der Erkrankung kommt es zu einer Erweiterung meist nur der linken oder aber auch beider Herzkammern. Die Vergrößerung der Herzkammern kann zu einem Auseinanderdriften der Vorhofklappen und damit einer Undichtigkeit der Klappen führen. Im fortgeschrittenen Stadium beginnt sich das Blut in die Vorhöfe und letztendlich auch in den Lungen- und oder Körperkreislauf zurück zu stauen. Durch diesen Rückstau treten Husten, Atemnot und Aszites (Wasser im Bauchraum) auf. Durch die Überdehnung der Kammern bzw. Vorhöfe kann es auch zu Herzrhythmusstörungen kommen. 

Momo befand sich zum Zeitpunkt der Vorstellung bereits im fortgeschrittenen Stadium der DCM mit Lungenödem. In diesem Stadium wird eine sogenannte Triple-Therapie empfohlen. Also verschrieb ich Momo erstens ein Herzkraft förderndes Medikament, zweitens einen ACE-Hemmer, um die Belastung des Herzens zu vermindern. Außerdem bekam der Patient ein entwässerndes Medikament.

Auf eine antiarrhythmische Therapie habe ich zunächst verzichtet, denn ich wollte zunächst die Wirkung der genannten Medikamente abwarten. Bei der Kontrolluntersuchung eine Woche später war Momo dann auch wieder deutlich fitter und zeigte keinen Husten mehr. Im Röntgen war auch kein Lungenödem mehr zu erkennen. Und auch die Arrhythmie war nicht mehr nachweisbar. Ich konnte also die Dosierung des entwässernden Medikamentes reduzieren – natürlich unter Kontrolle der Atemfrequenz. Generell rate ich in solchen Fällen zu regelmäßigen Kontrollen im Abstand von ungefähr drei Monaten – so auch bei Momo.

Oh nein, schon wieder Husten!

Zwei Monate später folgte dann ein kleiner Schreck - Momo erschien erneut wegen Husten in unserer Praxis. Doch jetzt war der Rachen verschleimt, die Halslymphknoten waren vergrößert und Husten war durch Druck auf den Kehlkopf auslösbar. Die Röntgenaufnahme des Brustkorbes zeigte keine Verschattung der Lunge. Damit war klar, dass der Husten dieses Mal nicht durch die DCM verursacht wurde, sondern durch eine Infektion der oberen Atemwege. Diese „normale Erkältung“ konnte schnell durch Gabe von Hustensaft und Schleimlöser unter Kontrolle gebracht werden.

Momo wurde uns in den letzten zwei Jahren regelmäßig zur Kontrolle vorgestellt. Dabei blieben die Befunde am Herzen unter der Therapie stabil. Anstatt mit der DCM hat Momo mittlerweile aufgrund seines Alters mehr mit Arthrosen zu kämpfen.

FAZIT 

Momos Fall zeigt, wie wichtig eine umfassende und gründliche Untersuchung ist, um auch bei vermeintlich einfachen Symptomen auf die richtige Ursache zu schließen und die richtige Behandlung durchzuführen. Denn wie eingangs schon gesagt: Husten kann auch auf Grund anderer Erkrankungen auftreten – nicht nur durch Infektionen der Atemwege.