Ein Herzschrittmacher für „Jackson“

Der kleine Mischlingsrüde „Jackson“ begann vor zwei bis drei Monaten zunehmend ungerne spazieren zu gehen und war im Anschluss an diese Ausflüge ziemlich matt und außer Puste. Wieder Zuhause zog sich der Hund müde zurück. Das erste dramatische Ereignis kam für die Besitzer dann völlig unvorbereitet in häuslicher Umgebung und aus der Ruhe heraus. Der Hund verlor plötzlich das Bewusstseins und lag schlaff auf dem Boden, worauf er von seinen Besitzern hochgerissen und geschüttelt wurde. „Jackson“ kam auch sofort wieder sich und benahm sich im Anschluss eigentlich wieder völlig normal. Die Tochter der Familie wurde in der Folge ebenfalls Zeugin eines derartigen Anfalls, der sich aber zu ihrer Erleichterung ebenso wieder nach Schütteln des Rüden wieder löste. Eine sofortige Vorstellung beim Haustierarzt führte zu der Verdachtsdiagnose eines Problems mit dem Herzrhythmus, worauf die Besitzer in der nächsten Tierklinik vorstellig wurden. Hier wurde dann mittels eines EKG (Elektrokardiogramm) eine langsame (bradykarde) Herzrhythmusstörung, ein sogenannter AV-Block III Grades diagnostiziert.

AV-Block III. Grades

Diese langsame Herzrhythmusstörung stellt einen lebensbedrohlichen Prozess dar, bei welchem elektrische Impulse, welche die Herzaktion steuern und in der rechten Vorkammer im Sinusknoten gebildet werden, nicht mehr an die Hauptkammern durch den AV-Knoten weitergeleitet werden. Damit das Herz nicht vollständig zum Stillstand kommt übernimmt ein Notsystem (Ersatzzentrum) in den Hauptkammern und es wird ein lebenserhaltender Ersatzrhythmus generiert, welcher aber meist nicht schneller als 40-60 Schläge/Minute arbeitet. Klinisch führt diese Erkrankung durch die zu langsame Herzfrequenz, wie bei Jackson aufgetreten, zu einer verminderten Belastbarkeit und/oder einem kurzfristigen Bewusstseinsverlust (Synkope). In seltenen Fällen kann diese Erkrankung medikamentös behandelt werden, wenn eine Überaktivität des Nervus vagus vorhanden ist. Zu diesem Zweck wird ein Atropin-Test, welcher diese Nervenaktivität unterbindet vorgenommen. Leider verlief dieser Test bei „Jackson“ negativ, sodass ihm nur noch die Implantation eines Herzschrittmachers helfen konnte. Zu diesem Zweck ging seine Reise weiter an die Universitätsklinik Gießen.

Herzschrittmacherimplantation

Nachdem weitere notwendige Voruntersuchungen (Röntgenbilder des Brustkorbes, ein Herzultraschall, Blutdruckmessung sowie Blutuntersuchungen), die dem Zweck dienen zusätzliche Erkrankungen oder Folgeerscheinungen des AV-Blockes III Grades aufzudecken, durchgeführt worden waren, stellte sich „Jackson" als guter Kandidat für diesen Eingriff dar. Auf Grund des lebensbedrohlichen Charakters der Rhythmusstörung wurde der Eingriff umgehend vorgenommen. Bei einer Herzschrittmacherimplantation werden mit Hilfe von Schrittmachersonden, welche i.d.R. über das Gefäßsystem eingebracht und unter Röntgendurchleuchtung bis ins Herz geschoben und dort verankert werden, neue elektrische Impulse („Pacing“/Stimulation) an die Stellen gebracht die durch den AV-Block abgeschnitten wurden. Hierdurch kann dann wieder eine normale Herzfrequenz erreicht werden. Es werden hierbei verschiedene System insbesondere ein 1-Kammer und ein 2-Kammer-System.

Bei einem Zweikammersystem wird eine Sonde in die rechte Vorkammer (Atrium) und eine zweite Schrittmachersonde in die rechte Hauptkammer (Ventrikel). Beide Sonden werden mit dem „Schrittmacherkästchen“ (Impulsgenerator), welcher die Batterie und das Verarbeitungszentrum enthält, verbunden. Der Impulsgenerator wird anschließend unter der Haut am Hals vor dem Schulterblatt fixiert. Vorteil dieses Systems ist das die Vorhofsonde die normalen Impulse des Sinusknotens erkennen kann (Sensing) und diese Information anschließend an die Kammersonde weiterleitet worauf koordiniert zu diesem körpereigenen Impuls eine Stimulation (Pacing) des Ventrikels erfolgt. Elektrisch gesehen wird so der AV-Block III Grades überbrückt und es dem Hund zusätzlich ermöglicht sich je nach Bedarf des Körpers mit einer entsprechenden Herzfrequenz an die Situation wie ein normaler Hund anzupassen (Physiologisches Pacing).

Einen sehr kritischen Moment bei einer Schrittmacherimplantation stellt die Einleitung der Vollnarkose dar, da zu diesem Zeitpunkt die ohnehin schon langsame Herzfrequenz weiter absinken kann. Mit Hilfe von intravenösen Medikamenten und eventuell einem temporären Herzschrittmacher wird versucht, den Patient zu stabilisieren. Bei „Jackson“ konnte der 2-Kammer-Schrittmacher erfolgreich implantiert werden. Um eine dauerhafte Überwachung nach dem Eingriff zu gewährleisten wurde der Hund über Nacht auf die Intensivstation verbracht.

Postoperative Phase

„Jackson“ und sein Herzschrittmacher wurden im Laufe der nächsten Tage mittels Herzschrittmacherauslesung (Auflegen eines Lesekopfes von außen auf das Schrittmacherkästen) optimal an einander angepasst. Bei der Auslesung werden Tests vorgenommen, um die zu verbrauchende Strommenge so zu optimieren damit es immer genügend ist, die Batterielaufzeit aber auf der anderen Seite möglichst lange ist (Reizschwellentest). Herzschrittmachersonden stellen einen gewissen Fremdkörper im Herz bzw. Gefäßsystem dar. Aus diesem Grund erhalten die Patienten Tabletten um die Blutgerinnung etwas zu dämpfen (antikoagulatorische Therapie) und eine Gerinselbildung zu verhindern.

Neun Tage nach seiner stationären Aufnahme konnte „Jackson“ dann mit einem Schutzverband für die nächsten Tage nach Hause entlassen werden. Nach einer kurzen Akklimatisierungsphase Zuhause erfreute sich wieder einer normalen Lebensqualität ohne Leistungsschwäche oder Anfälle. Lediglich ein Halsband darf er nicht mehr tragen (nur noch ein Brustgeschirr), damit kein lokaler Druck auf Kästen oder Sonden von außen ausgeübt wird. Auch in der Kontrolle drei Monate nach Eingriff ergaben sich sehr positive Befunde.