Trübe Augen beim Hund – Erblindung durch Grauen Star

Seit einer Woche ist Roxy blind!

Erst wurden ihre Augen nur ein wenig trüb, aber seit dem letzten Wochenende sind ihre Pupillen weiß und Roxy kann sich nicht mehr richtig orientieren (Bild 1). Vor etwa sechs Monaten hatte die Haustierärztin bei Roxy einen Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) festgestellt. Roxys Bauchspeicheldrüse produziert nicht genug Insulin, und die Zuckerkonzentration in ihrem Blut war sehr hoch. Dies ist in den letzten Monaten deutlich besser geworden, seit Roxy regelmäßig zweimal am Tag Insulin erhält. Nun hat sie jedoch ihr Sehvermögen verloren und wurde in der Augensprechstunde in einer Spezialpraxis vorgestellt.

Diagnose: Grauer Star

Während der umfassenden Augenuntersuchung wurde in beiden Augen ein grauer Star festgestellt. Ein grauer Star, auch als Katarakt bezeichnet, beschreibt eine Trübung der Linse. Die Linse ist eine transparente, linsenförmige Struktur (Bild 2), welche sich hinter der Iris befindet und dafür sorgt, dass das gesehene Bild auf der Netzhaut scharf gestellt wird. Je nach Grad der Trübung führt eine Katarakt zu einer Einschränkung des Sehvermögens. Katarakte können angeboren sein oder sich wie bei Roxy im späteren Leben entwickeln. Ursachen für eine Kataraktentwicklung sind vielfältig. Zahlreiche Hunderassen sind von erblichen Katarakten betroffen. Erbliche Katarakte entwickeln sich in typischen Zeitrahmen und involvieren typische Bereiche innerhalb der Linse. Zahlreiche Hundezuchtverbände fordern bereits eine Untersuchung auf Augenerkrankungen durch den Dortmunder Kreis (DOK), um das Auftreten von Katarakten in der Zukunft zu reduzieren. Trotz anhaltender und aufwendiger Untersuchungen ist der ursächliche Gendefekt nur in einzelnen Rassen bekannt (z. B. beim Australischen Schäferhund oder Boston Terrier).

Katarakte können durch andere Augenerkrankungen und durch Erkrankungen anderer Organe verursacht werden. Beispiele hierfür sind Verletzungen, eine Entzündung des Augeninneren (Uveitis), Tumoren im Augeninneren oder eine Netzhautatrophie. Als systemische Erkrankung führt insbesondere der Diabetes mellitus bei den meisten der betroffenen Hunde früher oder später zu einem grauen Star. Innerhalb von sechs Monaten trifft dies bereits auf 50 – 60 Prozent der betroffenen Hunde zu, nach 18 Monaten sind es bereits 85 Prozent.

Die Trübung der Linse kann nach Grad der Ausdehnung oder Reifung unterteilt werden. Bei immaturen Katarakten ist nur ein Teil der Linse eingetrübt und das Sehvermögen sehr unterschiedlich stark eingeschränkt (Bild 3). Bei einer maturen Katarakt hingegen ist die gesamte Linse eingetrübt und das Tier kann nicht mehr sehen. Eine fortgeschrittene Katarakt kann eine Entzündung im Auge verursachen. Diese kann mild sein mit einer leichten Rötung des Auges oder hochgradig mit Trübungen der Hornhaut, entzündlichen Ablagerungen, Verklebungen der Iris bis hin zu Blutungen im Auge und einer Ablösung der Netzhaut.

Eine medikamentöse Behandlung von Katarakten ist bisher leider nicht möglich. Die chirurgische Entfernung der Katarakt bleibt die Behandlungsmethode der Wahl. Diese sollte idealerweise erfolgen bevor die Katarakt eine Entzündung im Auge auslöst. Insbesondere chronische Entzündungen können eine Operation deutlich erschweren und die Prognose für den Erhalt des Sehvermögens reduzieren. Patienten mit grauem Star sollten früh zu einem Spezialisten überwiesen werden, um die Optionen und den geeigneten Zeitpunkt für eine Kataraktoperation zu besprechen.

Insbesondere bei Entzündungen im Auge, bei akuten Katarakten, die sich innerhalb weniger Tage entwickeln oder auf eine Verletzung zurückzuführen sind, sowie bei diabetischen Katarakten, sollte diese Überweisung innerhalb weniger Tage erfolgen. Im Falle einer Entzündung sollte diese unverzüglich mit Entzündungshemmern in Form von Augentropfen und/oder oralen Medikamenten behandelt werden, um eine Schädigung des Auges zu reduzieren.

Patienten, bei denen der graue Star operativ entfernt wurde, sollten regelmäßig ophthalmologisch untersucht werden, um die Augengesundheit langfristig zu erhalten."

Vollständige Augenuntersuchungen

Bevor eine Katarakt operiert wird, sind zahlreichen Untersuchungen nötig. Neben der vollständigen Augenuntersuchung werden eine Gonioskopie zur Beurteilung des Kammerwinkels und die Ultraschalluntersuchung des Auges empfohlen. Hier wird beurteilt, ob die anatomischen Strukturen des Auges, abgesehen von der Katarakt, normal sind. Veränderungen des Kammerwinkels können auf ein erhöhtes Glaukomrisiko hinweisen. Der hintere Augenabschnitt kann aufgrund einer Katarakt oft nicht untersucht werden und daher sollten Veränderungen in diesem Bereich mit Hilfe der Ultraschalluntersuchung ausgeschlossen werden. Wenn Zweifel an der Netzhautfunktion bestehen, kann ein Elektroretinogramm durchgeführt werden, um diese zu testen.

Auch bei Roxy wurden all diese Tests durchgeführt, die erfreulicherweise unauffällig waren. Daher entschieden sich ihre Besitzer für die operative Entfernung der getrübten Linsen in zwei getrennten Operationen. Zuerst wurde das linke Auge operiert (Bild 4).

Kataraktoperation

Am Tage der Kataraktoperation wurde die Pupille des linken Auges mit Hilfe von Augentropfen weitgestellt. Roxy wurde unter Vollnarkose operiert. Nach Inzision der Hornhaut, wurde die vordere Linsenkapsel eröffnet und das trübe Linsenmaterial entfernt. Hierfür wird, wie in der Humanmedizin, eine Technik benutzt, die Ultraschallenergie zur Zerkleinerung des Linsenmaterials verwendet, die Phakoemulsifikation. Das zerkleinerte Linsenmaterial wird durch eine kleine Öffnung abgesaugt und eine Kunstlinse wird eingesetzt. Diese wurde durch eine kleine Öffnung in das Auge injiziert und entfaltete sich im Augeninneren. Kunstlinsen helfen nach der Operation ein normales Sehvermögen zu ermöglichen (Bild 5).

Seit der ersten Operation konnte Roxy sehen (Bild 6) und war wieder so fröhlich und aktiv wie vor der Entwicklung des grauen Stars. Wenige Wochen nach der Operation des linken Auges wurde auch das rechte erfolgreich operiert.

Bei Patienten mit progressiven Katarakten sind regelmäßige Kontrolluntersuchungen auf Entzündungen und andere Komplikationen zu empfehlen. Auch Patienten wie Roxy, bei denen der graue Star operativ entfernt wurde, sollten regelmäßig ophthalmologisch untersucht werden, um die Augengesundheit langfristig zu erhalten.