Conors Giardienbefall und die richtige Ernährung

Im Juli 2017 erreichte die Praxis der Anruf eines Welpenbesitzers, dessen Englische Bulldoge „Conor“ (männlich-unkastriert, 15 Wochen alt, 12 kg) einen Giardienbefall aufwies. Der Besitzer erzählte, dass Conor unter Durchfall litt und an Gewicht verlor. Der Haustierarzt schickte eine Sammelkotprobe an ein Labor - die Diagnose „Giardienbefall“ konnte gestellt werden. Conor wurde gegen Giardien therapiert.

Zur Info: Giardien sind Einzeller, die sich bei der Infektion im Darm ansiedeln und hartnäckigen Durchfall und Gewichtsverlust verursachen. Giardien parasitieren bei vielen Tierarten, Hunden und Katzen und können auch den Menschen befallen. Meistens sind Jungtiere betroffen, deren Immunsystem noch nicht gut ausgereift ist.

Der Besitzer war nun verunsichert und machte sich Gedanken über die Ernährung seines Welpen, da er im Internet einige widersprüchliche Aussagen darüber gelesen hatte. In Foren wurde ihm empfohlen, den Welpen jetzt zu barfen und ihm ausschließlich Fleisch zu füttern. Andere empfahlen, eine Karottensuppe zu kochen, wieder andere sagten, er solle Fleisch kochen. Die meisten Tippgeber waren sich jedenfalls einig: auf gar keinen Fall dürfe der Hund Kohlenhydrate zu sich nehmen, damit die Giardien „ausgehungert“ würden. Sogar die Gabe von für Hunde giftigen Knoblauchs wurde ihm angeraten. Zusätzlich dazu machte sich der Besitzer Sorgen wegen der aus seiner Sicht zu geringen Gewichtsentwicklung seines Welpen.

Fütterungsempfehlung

Conor soll mit einem Diät-Alleinfuttermittel für Durchfallerkrankungen gefüttert werden. Die wesentlichen ernährungsphysiologischen Merkmale eines solchen Spezialfutters sind ein erhöhter Elektrolytgehalt und leicht verdauliche Ausgangserzeugnisse, wozu gerade auch Kohlenhydrate gehören. Es ist richtig, dass Giardien aus dem Darmlumen Kohlenhydrate aufnehmen und verstoffwechseln (Lehrbuch „Veterinärmedizinische Parasitologie“).

Warum sind die Ratschläge vieler selbsternannter Experten im Internet trotzdem falsch?

•    Ein Hund mit massivem Durchfall braucht Energie, da er ja wichtige Nährstoffe über den Darm verliert. Er ist dadurch geschwächt und verliert an Gewicht. Leicht verdauliche Kohlenhydrate sind ein wichtiger Energielieferant für den Hundekörper und sollten deswegen nicht drastisch aus der Ration verbannt werden.
•    Der Darm ist bei Durchfall in Mitleidenschaft gezogen und kann Nährstoffe unter Umständen nicht mehr so gut resorbieren. Dem Darm sollten deshalb Kohlenhydrate zur Verfügung stehen, die er leicht aufnehmen kann, um einerseits den Körper zu ernähren, andererseits um seine eigenen Zellen zu versorgen.
•    Die nützliche Darmflora, also die Bakterien, die im Darm leben, benötigen Kohlenhydrate als Energielieferanten. Auch diese wichtigen Helfer im Körper würden „ausgehungert“ werden.
•    Einen Hund, der schweren Durchfall hat, sollte man nicht ad hoc von kommerziellem Futter auf z. B. kohlenhydratfreies Barf umstellen, da es eine zusätzliche Belastung für den Verdauungstrakt wäre und den Durchfall sogar verstärken oder verlängern könnte.
•    Barfen bei Durchfall ist generell mit Vorsicht zu genießen, da bei Durchfall die Darmschranke gestört sein kann und Keime, die sich auf rohem Futter befinden, in den Körper einwandern können. Meist ist auch das Immunsystem bei einer Durchfallerkrankung nicht optimal stark, so dass es zu heftigen Erkrankungen führen kann.
•    Die sogenannte „Morosche Karottensuppe“, von der im Internet die Rede ist, schadet vermutlich nicht. Jedoch sollte man einen Hund und schon gar nicht einen Welpen über einen längeren Zeitraum damit füttern, weil nicht alle Nährstoffe in ausreichendem Maße darin enthalten sind. 

Damit der Besitzer die Gewichtsentwicklung Conors im Blick hat, wurde für Conor eine Wachstumskurve erstellt.

Conor sollte eine Woche über das Abklingen des Durchfalls hinaus eine kommerzielle Durchfall-Diät eines darauf spezialisierten Herstellers gefüttert bekommen. Der Besitzer Conors entschied sich für eine Schonkost mit Huhn und Reis. Diese Diät ist leicht verdaulich und genau auf die Bedürfnisse eines Hundes mit Durchfall zugeschnitten. Laut Berechnung sollte Conor 130 g des Futter täglich fressen.

Nach vier Wochen gab es eine Nachbesprechung mit dem Besitzer Conors. Er erzählte, dass bei einer erneuten Sammelkotprobe keine Giardien mehr nachweisbar waren. Bereits nach drei Tagen Fütterung mit der Schonkost wurde der Durchfall besser. Nach einer Woche war der Kot breiig bis fest, nach zwei Wochen war der Kot wieder ganz normal und Conor erledigte wieder höchstens zweimal pro Tag sein großes Geschäft.