Epilepsie bei einem Schäferhund-Mischling

Epilepsie ist eine Erkrankung des Gehirns, mit der wir in der Tiermedizin zunehmend konfrontiert werden. Rassespezifisch unterschiedlich sind 1 - 5% der Hunde betroffen.

Der 1 ½ jährige Schäferhund-Mischling Skip wurde wegen Krampfanfällen vorgestellt. Vor sechs Wochen erlitt der Hund seinen ersten generalisierten epileptischen Anfall. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass die Tiere in Seitenlage unter Verlust ihres Bewusstseins Streck- und/oder Ruderkrämpfe zeigen, bei denen sie häufig Urin und Kot absetzen können. In vielen Fällen ist begleitend massives Speicheln mit einem Kieferkrampf zu sehen. Meist endet solch ein Anfall nach 1-2 Minuten von selbst. Und in der Regel treten diese Anfälle in Ruhe oder gar aus dem Schlaf heraus auf. So war es auch bei Skip. Drei und vier Wochen nach dem ersten Anfall zeigte Skip weitere Krampfanfälle. Nach den Anfällen erholte sich Skip rasch und war zwischen den Krämpfen vollkommen unauffällig, ein lebhafter, verspielter junger Hund. Die Epilepsie kann unterteilt werden in die primäre oder idiopathische Form, die angeboren ist und meist erstmalig zwischen dem ersten und fünften Lebensjahr vorkommt, und die sekundäre oder symptomatische Form, wobei die Krämpfe ein Symptom einer anderen zugrunde liegenden Erkrankung sind. Diese können v.a. Stoffwechselerkrankungen wie Leberfunktionsstörungen oder Unterzuckerung sein. Aber auch strukturelle und entzündliche Veränderungen des Gehirns selbst können Krampfanfälle auslösen. Es gibt keinen spezifischen Test für die idiopathische Epilepsie, sodass diese immer eine sogenannte Ausschlussdiagnose ist, d.h. es müssen alle möglichen Ursachen für eine symptomatische Epilepsie ausgeschlossen werden. Erst dann darf man sagen, dass der begründete Verdacht einer idiopathischen Epilepsie besteht.

Skip wurde ausführlich körperlich untersucht, besonderes Augenmerk wurde auf die neurologische Untersuchung, vor allem seine Reflexe gelegt (Bild 1 und 2). Diese Untersuchungen verliefen absolut unauffällig. Es bestand kein Verdacht auf eine Funktionsstörung irgendeines Organs, die die Anfälle hätte erklären können. Die Befunde der allgemeinen und neurologischen Untersuchungen wurde durch eine umfangreiche Blut-und Urinuntersuchung ergänzt. Besonders wichtig ist die Überprüfung der Leberfunktion durch die Messung des Blutammoniaks, da eine Leberfunktionsstörung einerseits Ursache epileptischer Anfälle sein kann, andererseits die Medikamente zur Bekämpfung von Krampfanfällen häufig über die Leber verstoffwechselt werden müssen. Bei Skip waren alle Werte absolut normal. Eine weitere Abklärung möglicher Ursachen einer Epilepsie ist jetzt nur noch in Narkose möglich und beinhaltet die Kernspintomographie (MRT) und eine Hirnwasseruntersuchung. Nun besagt eine Studie aus Hannover, dass Hunde wie Skip, die beim ersten Anfall jünger als 6 Jahre waren und bei denen alle Voruntersuchungen bisher unauffällig verliefen, in 10% der Fälle eine krankhafte Veränderung des Gehirns aufweisen. Bei älteren Hunden liegt dieser Anteil mit 25% deutlich höher. Die Besitzer von Skip wollten auch die letzten 10% der Zweifel an einer idiopathischen Epilepsie ausschließen. Daher ließen sie die noch fehlenden Untersuchungen durchführen. Das MRT konnte keine strukturellen Veränderungen im Kopf nachweisen und das Hirnwasser enthielt keine Hinweise auf eine Entzündung des Gehirns. (Bild 3)

Somit wurde die Epilepsie bei Skip nach heutigem Wissensstand bestmöglich untersucht und Skips Diagnose lautete Idiopathische Epilepsie. Die Therapie der idiopathischen Epilepsie erfolgt über Medikamente, die je nach Wirkstoff ein, zwei oder drei Mal täglich meist lebenslang verabreicht werden müssen. Eine Heilung der Erkrankung ist nicht möglich, die Behandlung zielt darauf ab, die Anfälle soweit wie möglich zu unterdrücken. Wir sprechen hier auch von einer sogenannten Management-Erkrankung. Tierhalter und Tierarzt müssen gemeinsam durch intensive Zusammenarbeit und häufige Rücksprache versuchen, den Verlauf der Krankheit so gut wie möglich in den Griff zu kriegen, zu managen. Die Epilepsie ist eine hartnäckige Erkrankung, nur 30% der Patienten werden unter Therapie lebenslang anfallsfrei. Daher ist das Zusammenspiel zwischen Tierhalter und Tierarzt so wichtig. Erfahrungsgemäß dauert es drei bis sechs Monate, bis ein Epileptiker zufriedenstellend auf seine Medikamente eingestellt ist.
Zur Therapie der Epilepsie wurde bei Skip Phenobarbital ausgewählt. Zwei bis drei Wochen nach Therapiestart sollte ein Blutspiegel dieses Präparates inkl. einiger wichtiger Organwerte durch eine Blutuntersuchung kontrolliert werden, um sicher zu stellen, dass der Patient gut eingestellt ist und die Tabletten gut verträgt. Skip zeigte in den ersten zwei Wochen eine Unsicherheit der Hinterbeine und war ein bisschen ruhiger. Dies sind Nebenwirkungen, die häufig zu Beginn der Therapie beobachtet werden, die sich jedoch nach 10-14 Tagen wieder zurück bilden. Grundsätzlich ist Phenobarbital ein sehr sicheres Medikament. Skips Blutuntersuchung zeigte, dass er die Tabletten gut verträgt und sein Phenobarbitalblutspiegel noch im unteren therapeutischen Bereich liegt. Da er momentan noch anfallsfrei ist, wurde die Dosierung der Tabletten bisher noch nicht weiter erhöht. Es steht nun in Kürze die 3-Monats-Kontrolle bevor. Solange er keinen weiteren Anfall erleidet, ist danach ausreichend, wenn Skip zwei Mal im Jahr tierärztlich vorgestellt wird, um zu prüfen, ob er gut eingestellt ist. Die Besitzer von Skip wurden darauf hingewiesen, dass nur ca. 1/3 der epileptischen Hunde unter der Therapie lebenslang anfallsfrei bleiben. Die übrigen Patienten tragen das Risiko, im Verlauf ihres Lebens weitere Anfälle zu haben. Für diese dann hier vorliegende Therapieresistenz gibt es verschiedene Gründe. Bei den betroffenen Tieren muss dann eine Modifizierung der Therapie vorgenommen werden und in den meisten Fällen lässt sich die Anfallshäufigkeit wieder etwas eindämmen.