Durchfall und Erbrechen beim Hund – nur Routine oder ein immer wiederkehrender Alptraum?

Als Hundebesitzer werden Sie bestimmt nicht nur einmal erleben, dass Ihr Hund an Durchfall erkrankt. Doch so häufig dieses Symptom in meiner tierärztlichen Sprechstunde vorkommt, so vielfältig sind auch die Ursachen. Lesen Sie hier, wie Sie Fütterungsfehler vermeiden, akute Durchfälle schnell lindern können und welche Erkrankungen im Ernstfall auch dahinterstecken können.

Patient Bobby, der Golden Retriever

Bobby, ein freundlicher Golden Retriever, war leider unbelehrbar. Auch wenn ich mich immer freute, ihn in meiner Praxis zu sehen, wusste ich, dass ich ihn meistens nur dann zu Gesicht bekam, wenn er wieder unter heftigem Durchfall litt. Denn Bobby war bekanntermaßen wie alle Hunde dieser Rasse ziemlich verfressen und stöberte so ziemlich alles auf, was im Gebüsch an vergammelten Essensresten und anderen Abfällen zu finden war. „Die letzte Mahlzeit ist ihm wahrscheinlich nicht bekommen", erklärte Bobbys Frauchen, „alle zwei Stunden hat er mich geweckt, weil er raus musste. Er hat sich außerdem erbrochen. Kann ich mit ihm gleich vorbeikommen?“

Ja, Bobby ging es sichtlich schlecht, so matt er auf meinem Behandlungstisch herumlag, ohne Interesse an Leckerlis oder anderen Dingen. In seinen Därmen rumorte es, sein Magen gluckerte, und bei dem Abtasten des Abdomens zeigte er deutliche Bauchschmerzen. Die mitgebrachte Kotprobe war dünnflüssig, mit Schleim und Blut überzogen und stank fürchterlich. Um Bobby zu helfen, musste ich erst einmal herausfinden, wie ernst die Lage war. War er schon dehydriert? Hatte er möglicherweise doch einen Fremdkörper aufgenommen? Oder waren Parasiten oder Giardien verantwortlich für den Durchfall?

Folgende Ursachen spielen dabei eine maßgebliche Rolle:

- ungeeignete Lebensmittel (z.B. Unrat), Milch, stark gewürztes Essen
- plötzliche Futterumstellung
- Futtermittel schlechter Qualität und mangelnder Aufbereitung
- Futtermittel mit Hygienemängeln (bakteriell kontaminiertes rohes Fleisch)
- zu hoher Kohlenhydratgehalt in der Hundemahlzeit
- erhöhte Mengen an leicht fermentierbaren Kohlenhydraten (Laktose, Laktulose, Pektin)
- schlecht verdauliche Eiweiße (z.B. bindegewebige Fleischerzeugnisse mit hohen Knorpelanteilen)
- Knochenfütterung, an die der Hund nicht gewöhnt ist
- toxische Nahrungsmittel (Schokolade, Weintrauben, Knoblauch, Zwiebeln)
- Aufnahme eines Fremdkörpers
- Futtermittelunverträglichkeiten

Bobby bekam eine Infusion, ein krampflösendes Schmerzmedikament und eine Injektion gegen Übelkeit und Erbrechen. Als es ihm etwas besser ging, wurde er mit Durchfalltabletten und Schonkost nach Hause entlassen."

Dr. Ute Busch, Tierärztin für Kleintiere

Symptomatische Therapie

Ich leitete bei Bobby eine sogenannte symptomatische Therapie ein, bei der die Flüssigkeitssubstitution mit Elektrolyten und die Entlastung des Magen-Darm-Traktes im Vordergrund stehen. Bobby bekam also eine Infusion, ein krampflösendes Schmerzmedikament und eine Injektion gegen Übelkeit und Erbrechen. Als es ihm etwas besser ging, wurde er mit Durchfalltabletten und Schonkost nach Hause entlassen.

Um akuten, fütterungsbedingten Durchfall zu lindern, reichen in leichteren Fällen meistens folgende Maßnahmen aus:

- Ausreichendes Trinkangebot, am besten in Form von Glucose-haltigen Elektrolytlösungen, die ggf. auch eingeflößt werden können
- Nahrungskarenz für bis zu 12 Stunden
- Anfüttern einer Magen-Darm-Schonkost für 3–7 Tage
- Zugabe von weich gekochten Möhren oder geriebenem, ungeschälten Apfel
- selbstgekochte Magen-Darm-Diät für adulte, gesunde Hunde mit einem Gewicht von 30 kg (350 g mageres Hühner- oder Putenfleisch, 600 g sehr weich gekochter Reis, 250 g Hüttenkäse oder Magerquark)
- Verabreichung von Durchfalltabletten, die in der Regel folgende Wirkstoffe enthalten:
o Adsorbentien für die Bindung von Toxinen und Bakterien (Kaolin oder Aktivkohle)
o Adstringentien als Schleimhautschutz (Eichenrinde)
o Probiotika (Enterococcus faecium, die das Wachstum krankmachender Bakterien hemmen)
o Präbiotika, d.h. fermentierbare, lösliche Pflanzenfasern, die im Darm quellen und die Vermehrung von guten Darmbakterien fördern (z.B. Pectin, Inulin oder geriebener Apfel)

Nicht jede Diarrhoe muss sofort behandelt werden!

Auch Stress oder Aufregung, beispielsweise durch eine läufige Hündin in der Nachbarschaft, können bei empfindlichen Hunden Diarrhoe hervorrufen. Dann können etwas Ruhe und eine selbstgekochte Magen-Darm-Diät helfen. Hier ist ein Rezeptbeispiel für erwachsene, gesunde Hunde mit einem Gewicht von 30 Kilogramm:

o 350 g mageres Hühner- oder Putenfleisch
o 600 g sehr weich gekochter Reis
o 250 g Hüttenkäse oder Magerquark

Wenn der Durchfall nicht zu stoppen ist oder sich das Allgemeinbefinden des Patienten deutlich verschlechtert, sollte allerdings gehandelt werden. Auch bei erkrankten Welpen ist es ratsam, sofort einen Tierarzt aufzusuchen, um weitere Krankheitsursachen abzuklären. Dazu gehören:

- Parasitenbefall, z.B. mit Giardien oder Würmern
- Virale Infektionen, wie z.B. mit Parvo- oder Coronaviren
- bakterielle Infektionen (mit Clostridien oder E-coli-Bakterien)
- Bauchspeicheldrüsenentzündung
- andere Organerkrankungen (z.B. Niereninsuffizienz)
- immunologisch bedingte, chronische Durchfallerkrankungen
- hormonell bedingte Durchfälle (Morbus Addison)
- Magen-Darm-Tumoren (Lymphom)

Maulkorb als Schutz

Bobby ging es übrigens nach der Behandlung schnell wieder gut. Seine Besitzer passen jetzt noch mehr auf ihn auf, damit er nichts Falsches frisst. Manchmal muss er deswegen auf Spaziergängen sogar einen Maulkorb tragen. Bis jetzt ist alles gut gegangen.

Wir drücken die Daumen, dass Bobby gesund bleibt.