Caninussteilstand beim Hund

"Caninus" ist die medizinische Bezeichnung für den Fangzahn. Der Wechsel vom Milchzahn zum bleibenden Zahn findet beim Fangzahn ab einem Alter von ca. fünf Monaten statt. Als "Caninussteilstand" wird eine Fehlstellung der Fangzähne des Unterkiefers bezeichnet. Hierbei gibt es  unterschiedliche Ausprägungen. Die Einteilung erfolgt in "Grad 1 - 4" und ist abhängig von der Stellung der Fangzähne des Unterkiefers zu denen des Oberkiefers.

Eine mögliche Ursache für einen Caninussteilstand stellt das Nichtausfallen der Milchzähne dar. Im Zahnwechsel brechen die bleibenden Fangzähne im Oberkiefer in Richtung Schnauze (rostral), im Unterkiefer zungenwärts (lingual) durch. Sind nun noch die Milchfangzähne vorhanden, können die bleibenden Zähne nicht in die für sie vorgesehene, korrekte Position rutschen. Aus diesem Grund sollten die Milchfangzähne fürhzeitig fachmännisch gezogen werden, sobald die Spitzen der bleibenden Fangzähne sichtbar sind. 

Eine weitere Ursache für das Vorliegen eines Caninussteilstandes kann eine Verkürzung des Unterkiefers darstellen (Brachygnathia inferior). Bleibt ein Caninussteilstand unbehandelt, kann dies zur schmerzhaften Schädigung der Zähne oder aber auch zu einer dauerhaften Entzündung des harten Gaumens führen. Wird der Knochen des Gaumens durch den Einbiss der Fangzähne beschädigt, spricht man von einer "Fistel".

Behandlungsmaßnahmen:
-    Massage durch den Besitzer (ggf. mit Ball)
-    Gingivektomie (Entfernen des Zahnfleisches)
-    Dehnschraube
-    Aufbissschiene (schiefe Ebene)
-    Kürzen der Unterkieferfangzähne

Die Massage der Unterkieferfangzähne durch den Besitzer kann in den Fällen angewandt werden, in denen die Zähne nur zu weit zungenwärts liegen, aber durch Massage in Richtung Lefzen in die richtige Lage gebracht werden können. Um ein Zubeißen des Hundes während der Massage zu verhindern, wird ein Holzkochlöffel im Bereich der Backenzähne platziert, so dass der Hund den Fang nicht schließen kann. Die Massage kann auch mit einem Gummiball durchgeführt werden, der vorsichtig von hinten nach vorne gerollt wird. Um ein versehentliches Verschlucken des Balles zu vermeiden, sollte dieser an einem Band (Schnürsenkel) befestigt werden, welches am Handgelenk des Tierhalters befestigt wird. Mehrmals täglich für die Dauer von 1-2 Minuten angewandt, ist dies ein sehr  erfolgreiches Verfahren für die Therapie leichterer Fälle.

Als weitere Variante zur Behebung des Caninussteilstandes kann eine Gingivektomie (Entfernen des Zahnfleisches) durchgeführt werden. Hierbei wird ein Teil des Zahnfleisches entfernt, um an der korrekten Position Platz für den Caninus zu schaffen. Dieses kann entweder mit dem Skalpell, elektrochirurgisch oder mit dem Laser erfolgen. Durch die Wegnahme des Zahnfleisches und Massage der Zähne (wie oben beschrieben), können diese in die ursprünglich vorgesehene Lücke zwischen den dritten Schneidezahn und den Fangzahn des Oberkiefers stoßen.

Durch Einsatz einer Dehnschraube kann bei einem alleinigen Steilstand der Canini ohne Rücklage eine Korrektur herbeigeführt werden. Hierzu wird eine Dehnschraube an den Fangzähnen des Unterkiefers befestigt und vom Besitzer mit Hilfe eines Stellschlüssels in regelmäßigen Abständen aktiviert. Dadurch werden beide Canini behutsam und gleichmäßig in die korrekte Position gedrückt.

Eine weitere Möglichkeit, die Zähne durch mechanischen Einfluss zu korrigieren, ist eine schiefe Ebene. Unter dieser versteht man eine kieferorthopädische Konstruktion, die eine Zahnkorrektur in mehr als eine Richtung ermöglicht. Sie hat im Vergleich zur Dehnschraube den Vorteil, dass der Kieferschluss gesperrt ist und die Fangzähne des Hundes mehrere Hundertmal täglich aktiv auf die Gleitfläche der Aufbissebene treffen und so die mechanische Korrektur herbeiführen.

Wenn eine Positionskorrektur der Canini durch die genannten Maßnahmen nicht möglich ist, kann die Kürzung der  Unterkieferfangzähne in Betracht gezogen werden. Das Kürzen der Unterkieferfangzähne kann durch ein vorsichtiges Abschleifen erfolgen, bei dem der Wurzelkanal nicht eröffnet wird. Da der Wurzelkanal des jungen Hundes noch sehr weit ist, sollte diese Maßnahme zeitlich möglichst lang herausgezögert werden, um eine effektive Kürzung erreichen zu können, ohne hierbei den Wurzelkanal zu eröffnen.

Eine Alternative hierzu stellt die sogenannte „Vitalamputation“ dar, bei der nach Kürzen des Zahnes der Wurzelkanal mit einer Füllung versorgt wird. Bei diesem Verfahren ist eine regelmäßige röntgenologische Nachkontrolle erforderlich, um frühzeitig eine Infektion des Zahninneren (Pulpitis) zu erkennen und ggf. zu therapieren.

Allen Verfahren gemeinsam ist, dass die Beratung und die Therapie durch einen tierärztlichen Zahnspezialisten erfolgen sollten. Ebenso ist es zu wünschen, dass die Patienten frühzeitig bei auftretenden Problemen im Zahnwechsel vorgestellt werden.