Bluthochdruck – ein wichtiges Symptom zur Erkennung einer tickenden Zeitbombe

Anders als beim Menschen, entsteht bei Hunden Bluthochdruck (Hypertonie) meist als Folge einer Erkrankung. Umso wichtiger ist es, eine Hypertonie frühzeitig zu erkennen und damit die auslösende Krankheit zu diagnostizieren. Wird Bluthochdruck beim Hund übersehen, kann dies nicht nur zum schnelleren Fortschreiten der Krankheit führen, sondern zusätzlich andere Organsysteme schädigen. Besonders gefährlich wird es dann für die Augen, das Herz, die Niere und das Zentrale Nervensystem.

Was verursacht Bluthochdruck beim Hund?
Die häufigste Erkrankung, die zu einer Blutdruckerhöhung führt, ist die chronische Nierenerkrankung. Sie tritt mit zunehmendem Alter vermehrt auf, kann aber auch aus einer akuten Niereninsuffizienz entstehen. Häufigste Ursache einer akuten Nierenerkrankung ist ein zu niedriger Blutdruck in der Narkose oder eine Vergiftung. Andere Krankheiten, die beim Hund den Blutdruck erhöhen, sind Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit), Morbus Cushing (zuviel Kortison) oder bestimmte Tumore, z.B. das Phäochromozytom. Allerdings kann auch starkes Übergewicht (Adipositas) den Blutdruck erhöhen, und akuter Schmerz kann sogar eine schwere Hypertension zur Folge haben.

Was passiert, wenn der Bluthochdruck nicht erkannt oder nicht behandelt wird?

Ein zu hoher Druck schädigt die Blutgefäße. Das kann fatale Folgen haben. Die feinen Blutgefäße am Augenhintergrund (Retina) platzen. Es kommt zu teilweise erheblichen Einblutungen und damit einem eingeschränkten Sehvermögen. Wenn jetzt noch immer nicht gehandelt wird, kann eine Netzhautablösung und damit eine vollständige Erblindung die Folge sein. Die Hunde zeigen sich zunächst unsicher, haben weite Pupillen (Mydriasis)  stoßen an Gegenstände an. Jetzt ist schnelles Handeln gefragt. Nur bei sofortiger Blutdrucksenkung besteht noch Hoffnung für das Augenlicht. 

Aber nicht nur das Auge ist durch Bluthochdruck gefährdet. Bluthochdruck bedeutet auch Engstellung der Arterien. Das kann man mit modernen Blutdruckmessgeräten sogar messen (Abb. 1). Damit muss nun das Herz gegen einen oft stark erhöhten Widerstand anpumpen. Das fordert viel Kraft und lässt den Herzmuskel dicker werden. Es entsteht die sogenannte Hypertensive Hypertrophe Kardiomyopathie. Zum Glück ist diese Herzmuskelerkrankung durch Blutdrucksenkung heilbar. Jedoch kann nur eine Blutdruckmessung diese aufdecken. Damit aber nicht genug: die Nieren, oft Ursache für den Bluthochdruck, werden durch die Hypertonie noch zusätzlich geschädigt. Eiweiße werden mit dem Urin filtriert und später in der Niere wieder aufgenommen, da der Körper sie dringend braucht. Die Wiederaufnahme (Rückresorption) erfolgt jedoch in einem Teil der Niere, der nicht für diese Funktion gedacht ist: es entwickelt sich eine interstitielle Fibrose (Nierengewebe geht zugrunde), und damit schreitet die Nierenkrankheit nun noch schneller voran. Auch das Gehirn (ZNS) kann auf Dauer dem hohen Druck nicht standhalten. Zunächst werden Gefäße undicht und Flüssigkeit tritt aus (Ödem). Schließlich kann es auch zu einer Ruptur (Platzen) von Gefäßen kommen und damit zu einer Gehirnblutung. Nur eine schnelle und effektive Blutdrucksenkung kann in diesem Fall noch Leben retten.

Blutdruckmessung einmal jährlich!

Aber soweit muss es gar nicht erst kommen. Regelmäßige Blutdruckmessung – beim gesunden Hund einmal im Jahr, z.B. mit der Impfung, kann eine Entgleisung des Blutdrucks schon in einem frühen Stadium erkennen und rechtzeitiges Handeln ermöglichen.

Wie kann beim Hund Blutdruck gemessen werden?
Wichtig ist, den Blutdruck mit einem für Tiere entwickelten Gerät zu messen (Abb. 2). Dabei sollte beachtet werden, dass die Messstelle entlastet und auf Herzhöhe liegt (genau wie beim Menschen). Die Manschette wird deshalb beim Hund gerne am Schwanz angelegt, denn dies ermöglicht eine Messung sowohl im Liegen und im Stehen. Der Hund kann sich also seine Lieblingsposition aussuchen. Die Messung selbst dauert auch nicht lange: in 15-20 Sekunden sind die Einzelergebnisse ermittelt und in nur zwei Minuten ist eine aussagekräftige Messreihe von 3-5 Einzelmessungen fertig. Jetzt kann entweder gehandelt oder Entwarnung gegeben werden.

Was tun, wenn der Blutdruck zu hoch ist?
Ist der Blutdruck normal, genügt eine Kontrollmessung in einem Jahr. Zeigt der Blutdruck erhöhte Werte, so sucht der Tierarzt nach Hinweisen für die ursächliche Erkrankung aber auch für eventuell bereits bestehende Schädigung anderer Organe (Endorganschädigung). Je nach Schweregrad des Bluthochdrucks wird dann sofort behandelt oder ein bis drei  Wochen später noch einmal kontrolliert. In dieser Zeit können weitere Untersuchungen zur Ursachenfindung erfolgen. Häufig wird der Blutdruck mit der Behandlung dieser Erkrankung automatisch mitbehandelt und muss im weiteren Verlauf nur noch kontrolliert werden. Manchmal sind Dosisanpassungen notwendig. Bei Endorganschädigung reicht dies oft nicht mehr aus, und ein stärkerer Blutdrucksenker muss zusätzlich verabreicht werden. 

Aber keine Sorge, denn Bluthochdruck kann sehr effektiv behandelt werden. Im Wesentlichen werden je nach Situation ACE-Hemmer, Angiotensin-Rezeptorblocker und Amlodipin als Blutdrucksenker eingesetzt. Die Sicherstellung der blutdrucksenkenden Wirkung kann sowohl in der regelmäßigen Kontrolle der Blutdruckwerte als auch der Pulswellenanalyse (Abb. 1) in einer nur 2-minütigen Untersuchung überprüft werden.

Samy im Glück
Samy ist ein 9-jähriger Golden Retriever. Bei der jährlichen Impfung wird auch eine Routineuntersuchung mit Blutdruckmessung und Pulswellenanalyse durchgeführt. Dieses Mal waren die Pulswellen verändert und die Blutdruckwerte erhöht: 165/80 (Abb. 3, Tab.1). Sofort wurden eine Urin- und eine Blutuntersuchung veranlasst. Obwohl der Besitzer keine Veränderung bei Samy festgestellt hatte und vielmehr davon ausging, dass er kerngesund sei, ist ein Bluthochdruck ein ernstzunehmendes Symptom. Die sofort eingeleiteten Untersuchungen ergaben erste Veränderungen der Nierenbefunde: Der Urin-Protein-Kreatin-Quotient (UPC) war zu hoch, die Blutwerte aber normal. Ein hoher UPC bedeutet Verlust von Proteinen (Eiweißen) – ein früher Hinweis einer beginnenden Nierenkrankheit. Samy bekam einen ACE-Hemmer, ein Medikament, mit dem die Niere wieder stabilisiert werden kann und damit keine Proteine mehr verloren gehen. Zudem wirkt das Medikament blutdrucksenkend und entlastet durch eine Weitstellung der Gefäße auch das Herz.

Glück gehabt, Samy! 

Ohne die Routinemessung des Blutdrucks wäre die Krankheit wohl erst im weit fortgeschrittenen Stadium entdeckt worden.