Mein Tierarzt: "Geschlechtsreife"

Portrait Sascha Schiffbauer
von Sascha Schiffbauer – 26.03.2020


Der geschriebene Text kann die von mir gewünschte Betonung dieser beiden Worte gar nicht wiedergeben und ich darf Sie bitten, mir in Ihrer Vorstellung in einen dunklen Kinosaal zu folgen. Vor Ihnen eine riesige Leinwand. Sie erwartungsvoll im Kinositz. Dann ertönt eine tiefe sonore Stimme:

„MEIN TIERARZT!“

Das wird Ihnen akustisch so geschickt um die Ohren gehauen - Sie kriegen tatsächlich ein wenig Gänsehaut!

So hätte ich diese beiden Worte hier gerne zu Papier gebracht. Aber mal ganz langsam und ganz von vorn: Was bringt mich eigentlich dazu den Menschen der sich um die Gesundheit meiner Tiere - das sind zwei Katzen und ein Hund - kümmert, so heroisch darstellen zu wollen? Ist der Tierarzt, die Tierärztin, nicht der und die, welche wir eigentlich nicht sehen wollen? Ich meine einerseits ist unser Tier krank, keine gute Sache, andererseits kostet es Geld! Im Zweifel auch keine gute Sache!

Aber nein, die Sache liegt natürlich völlig anders. Ganz im Ernst, mein "Beeindruckt sein" beginnt eigentlich schon ganz früh: Unsere beiden Kater, mittlerweile beide gestandene Herren im Alter von 14 Jahren, hatte ich eingepackt, um feststellen zu lassen, ob die Geschlechtsreife denn nun erreicht sein und wir mit Geruchsbelästigungen rechnen müssen. Sprich, sollen die Viecher kastriert werden? Der Veterinär meines Herzens nahm seinen Fingern - wohl gemerkt unbehandschuht - reibt diesen kurz am Hinterteil der Kater, um anschließend zu verkünden: „Nein, die haben noch Zeit!

Leidenschaft, Lust auf den Beruf und jede Menge Erfahrung

Ganz ehrlich, ich war tief beeindruckt. Und das meine ich ohne jede Ironie! Was steckt nämlich dahinter: Leidenschaft, Lust auf den Beruf und jede Menge Erfahrung. Und dieser Eindruck bestätigte sich als es um einen nicht alltäglichen Eingriff wie eine Kastration ging: Unser Kater, wiedergefunden nach eineinhalb Tagen, multiple Brüche, seltsame Atmung, war bei einem spontanen von uns nicht autorisierten Spaziergang über die Dächer Kölns abgestürzt. Unser Tierarzt betrachtete das Tier, sorgte sich mit uns und verwies uns dann an eine große Tierklinik mit den Worten: „Wenn es Aussicht auf Hilfe gibt, dann da!“

Den Pneumothorax hat er bereits diagnostiziert, und die Klinik schaffte es tatsächlich, das Tier wieder fit zu machen. In den folgenden Wochen fanden wir uns zweimal wöchentlich zum Verbandswechsel ein - und die Bindung zu diesem Arzt war gefestigt und ist wohl kaum wieder aufzulösen!

Wenn Sie sich emotional hier wiederfinden, dann darf ich Sie einladen, mit mir das Glas zu erheben (klar, die Tasse Kaffee, der Tee oder sonst etwas Ihnen gerade unterkommt ist auch in Ordnung) und aus voller Inbrunst mit nachzusprechen: „MEIN TIERARZT!